zu bekommen. Sie konnte es nicht fassen, als ein großes Hallo um sie war und viele neidische Blicke sie durchbohrten.
»Wir sollten lieber schnell verschwinden«, meinte Mick, »und aufpassen müßt ihr jetzt auch. Aber erst sollte das Geld in Sicherheit gebracht werden. Am besten gleich am Nachtschalter.«
»Es ist so wahnsinnig viel«, flüsterte Jenna.
»Nun kann dir dein Chef im Mondschein begegnen«, lachte Michelle. »Er wird dir wohl einen Heiratsantrag machen, wenn er das erfährt.«
»Er kann mir gestohlen bleiben. Aber ich kann nicht glauben, daß ich so viel Glück habe, auch wenn man sagt, daß man es mit geborgtem Geld leichter hat.«
Mick warf Michelle einen fragenden Blick zu. Sie nickte unauffällig. Dann deponierten sie das Geld am Nachtschalter. Einige tausend Francs sollte Jenna aber gleich behalten. Sie hatte Tränen in den Augen.
»Und nun darfst du uns zu Champagner einladen«, sagte Michelle.
»Ich weiß ja gar nicht, wohin Sie gehen möchten.«
»Ich übernehme das«, sagte Mick. »Gewinn hin, Gewinn her, ich werde es genießen, zwei schöne Frauen auszuführen.«
Er ging voraus, und Michelle raunte Jenna zu, daß sie auch du sagen solle. »Nur keine Hemmungen, du bist jetzt eine gute Partie«, scherzte sie.
»Ich träume«, sagte Jenna, aber dann schrie sie leise auf, weil Michelle sie gezwickt hatte. »Siehst du, du träumst nicht«, sagte Michelle.
Aber für Jenna war doch alles wie ein Traum, bis ein dramatischer Zwischenfall ihr die Wirklichkeit bewußt machte.
Michelle hatte wenig getrunken, aber sie war immer blasser und stiller geworden.
»Ich bin müde«, flüsterte sie, aber sie krümmte sich vor Schmerzen.
Mick sprang erschrocken auf. Er trug sie fast hinaus, während Jenna sich bemühte, Ruhe zu bewahren.
»Wir sollten eine Ambulanz rufen«, sagte sie mit erzwungener Ruhe. »Ich werde das gleich
tun.«
Michelle widersprach nicht mehr. Sie schien ohne Besinnung zu sein, und Mick hob sie voller Angst empor. Jenna war schon am Telefon, und es dauerte nur wenige Minuten, bis die Ambulanz kam. Michelle wurde auf die Trage gelegt und in den Wagen geschoben. Ein junger Arzt kümmerte sich um sie, aber Jenna und Mick durften nicht mitfahren.
»Wir holen meinen Wagen und fahren zum Hospital«, sagte Mick, sich zur Ruhe zwingend.
Das war schnell geschehen. Jenna kauerte bebend neben ihm. »Ich habe geahnt, daß ihr etwas fehlt. Sie ist ganz anders als früher«, flüsterte sie.
»Wie lange kennen Sie Michelle?« fragte Mick.
»Seit drei Jahren. Sie war jedes Jahr hier. Sie kann noch nicht lange verheiratet sein, denn vor einem Jahr war sie es noch nicht.«
»Was wissen Sie von dieser Ehe?«
»Nichts. Michelle hat mich erst heute zu ihrer Freundin ernannt. Ich war sehr überrascht, aber ich mag sie sehr.«
Er bewunderte ihre Aufrichtigkeit. Das fand man selten. Meistens wollten diese jungen Damen mehr scheinen als sie waren. Er fand Jenna sehr sympathisch, und es gefiel ihm besonders, wie besorgt sie um Michelle war.
Im Hospital mußten sie ziemlich lange warten. Die Zeit schleppte sich dahin, und sie waren innerlich so aufgeregt, daß es zu keiner richtigen Unterhaltung kam. Jenna saß mit gefalteten Händen, ganz in sich versunken, und Mick beobachtete sie ab und zu und so unauffällig, daß sie von seinen Blicken nicht irritiert wurde. Sie sah ihn allerdings auch nur einmal an, als er eine Schwester fragte, wann sie denn endlich den Arzt sprechen könnten.
Es war Nacht, und in der Klinik war nur wenig Personal, aber anscheinend war es eine unruhige Nacht, denn die Schwestern flitzten hin und her, während kein Arzt zu sehen war. Endlich, nach zwei Stunden, erschien der Notarzt, der Michelle auch schon geholt hatte.
Er konnte nach Micks Schätzung kaum älter als Anfang Dreißig sein, hatte ein jungenhaftes Gesicht und wunderschöne dunkle Augen. Er nannte seinen Namen. Dr. Jean Claude Duforet. Er erklärte mit gedämpfter Stimme und ernster Miene, daß die Patientin eine Fehlgeburt gehabt hätte.
Mick sah ihn betroffen an, Jenna entsetzt. »Ich wußte es nicht«, stammelte sie.
»Es ging alles ohne Komplikationen«, erklärte Dr. Duforet weiter, »aber der Allgemeinzustand der Patientin ist sehr bedenklich. Sie müßte jetzt auch eine Bluttransfusion bekommen, aber wir haben kein Plasma zur Verfügung, da sie Blutgruppe AB hat.«
»Die habe ich auch«, sagte Jenna sofort. »Nehmen Sie mein Blut.«
»Wenn Sie es anbieten, werden wir gleich einen Test machen«, sagte der Arzt.
»Ich werde warten«, sagte Mick. Er drückte Jenna die Hand. »Vielen Dank, Jenna, Sie sind eine echte Freundin.«
»Das ist selbstverständlich«, erwiderte sie.
Sie folgte Dr. Duforet. »Würden Sie die Angehörigen verständigen!« sagte er leise.
»Ich weiß nicht, wo sie wohnen. Herr Valerian weiß es sicher. Aber es steht doch nicht so schlimm um Michelle«, sagte sie zitternd.
»Sie ist sehr krank. Ich würde gern ihren Arzt sprechen, sie war sicher in Behandlung, schon wegen der Schwangerschaft.«
»Vielleicht weiß es Herr Valerian. Ich würde gern alles in die Wege leiten, wenn ich Bescheid wüßte, aber ich habe nie jemand sonst kennengelernt. Früher hieß Michelle Laurentis. Sie ist mit dem Schauspieler Carlos Dorant seit kurzer Zeit verheiratet. Aber sie sagte nur, daß er in Spanien filmt, wo, weiß ich auch nicht.«
Ihr wurde Blut abgenommen und getestet. Es wurde für gut befunden, und die Transfusion konnte stattfinden auf direktem Wege. Jenna lag auf einer Trage neben Michelle und ihr Blut floß in Michelles Adern, begleitet von ihren heißen Wünschen.
Schwester Immaculata war bei ihnen. Inzwischen sprach Dr. Duforet mit Mick, der ihm allerdings weiterhelfen konnte, von sich aus in der Aufregung aber noch nicht daran gedacht hatte, Philipp zu verständigen. Inzwischen war es fast fünf Uhr morgens. Mick wollte noch auf Jenna warten und sie heimbringen, aber sie hatte sich bereits entschlossen, in der Klinik zu bleiben.
»Ich rufe Philipp an und komme vormittags wieder her«, erklärte er.
Er war müde und machte sich große Sorgen um Michelle. Sie hatte eine Fehlgeburt. Wollte sie das Kind, und wie würde sie reagieren, daß sie es verloren hatte? Ihm ging vieles durch den Sinn, aber Carlos Dorant wollte er in diese Überlegungen gar nicht einbeziehen, hatte Michelle ihm doch schon eingestanden, daß diese Heirat ein Irrtum gewesen war.
*
Philipp erschrak, als er das anhaltende Läuten des Telefons endlich vernahm. Irgendwie hatte es in seine Träume gepaßt, aber es war Wirklichkeit und noch nicht ganz sechs Uhr morgens.
Seine Stimme war rauh, als er sich meldete, und er glaubte, wieder zu träumen, als Mick sich zu erkennen gab.
»Du hast mich hoffentlich noch nicht ganz vergessen, Phil«, sagte er.
»Wie könnte ich, da dein Name mir dauernd unter die Augen kommt. Was ist los, daß du mich zu nachtschlafender Zeit aufschreckst?«
»Erschrick bitte nicht zu sehr. Ich habe Michelle getroffen.«
»Wo? So rede schon.«
»In Monte Carlo. Sie mußte ins Hospital gebracht werden. Zum Glück waren ich und Jenna bei ihr. Dr. Duforet möchte mit ihrem Arzt sprechen. Kannst du das vermitteln, Phil?«
»Aber ja, selbstverständlich. Michelle ist schwerkrank, Mick. Sie hat einen Virus, der nicht festzustellen ist. Bisher wenigstens nicht. Sie ist einfach weggefahren, ohne die Diagnose abzuwarten, und sie ist außerdem schwanger.«
»Sie hatte eine Fehlgeburt.