Aly Martinez

Truth about Lies


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Er wusste das besser als jeder andere. Er war alles, was ich noch hatte.

      Aber die Entscheidung wurde ohne mich getroffen, als Dante die Pistole einfach in den Bund seiner Hose steckte, Drew ein letztes Mal anstarrte, sich umdrehte und davonschlenderte. Marcos an seiner Seite, der sich den Kragen richtete und mit ihm zusammen gemächlich zu dem schwarzen Mercedes ging.

       What. The. Fuck.

      Als ihr Auto um die Ecke verschwand, trat Drew neben mich, Blut lief ihm aus der Nase und durchtränkte die Vorderseite seines Hemdes. "Ich finde, das lief ganz gut."

      Ich biss die Zähne zusammen. "Bist du wahnsinnig?"

      In einem nutzlosen Versuch, die Blutung zu stoppen, kippte er den Kopf zurück und winkte ab. "Bitte. Der Typ ist ein Schmusekater. Du solltest ihren alten Herrn kennen lernen. Manuel ist ein Biest. Sie widersetzen sich dem, was er sagt und – ob Sohn oder nicht - er reißt ihnen die Wirbelsäule aus dem Leib."

      Ungläubig starrte ich ihn an. Aber er fing an zu lachen, wie die Dumpfbacke, die er wirklich war.

      "Das war beeindruckend", rief eine Frau und schloss sich dem Gespräch an. "Jetzt verstehe ich es." Die Blondine von vorhin joggte herüber, ein Handtuch über der Schulter. Sie blieb vor uns stehen und schaute zu mir auf.

      Mein Gott, sie war wunder... - was auch immer. Es war nicht wichtig.

      Ich verschränkte meine Arme über der Brust und richtete meinen Blick auf die Leere hinter ihrer Schulter. "Was verstehen Sie jetzt?"

      "Ich hatte euch völlig falsch eingeschätzt." Sie hob die Hand, um ihre Augen vor der Sonne zu schützen. "Du bist der Bruder." Sie bot Drew das Handtuch an. "Und du bist Insasse Vier-Null-Eins... Manuels neuer Sohn."

      Erfreut nahm Drew den Fetzen. Er hielt sich den Lappen an die Nase und murmelte: "Schuldig."

      "Ich bin Cora." Sie senkte ihre Stimme, bevor sie mit "Guerrero" schloss.

       Oh, verdammte Scheiße.

      Natürlich war sie das.

      Fuck. Natürlich. Das war sie.

      Es war heiß für Anfang Mai inChicago, trotzdem bekam ich eine Gänsehaut am ganzen Körper.

      Ich schaute auf den leeren Parkplatz, und bevor ich es verhindern konnte, kehrte mein Blick zu ihr zurück.

      Ich bedauerte es sofort.

      Sie starrte mich durch dichte, schwarz angemalte Wimpern an, die seltsamste Mischung aus Neugier und Verwirrung tanzte in ihren durchdringenden, blauen Augen. "Warum haben Sie ihre Anwesenheit verschwiegen?"

      Ihre intensive Musterung machte mich nervös, weshalb ich mich bückte, um die Werkzeugkiste hochzuheben. "Es geht mich nichts an, dass Sie ein Kind in Ihrer Dusche verstecken." Ich ging zum Truck, warf den Werkzeugkasten hinein und rief Drew zu: "Wir müssen noch zum Eisenwarenladen.“ Sollte heißen: Ich muss hier weg.

      Ich öffnete gerade die Tür, als sie ihre Hand - mit den perfekt lackierten roten Nägeln - auf das Glas presste und die Tür wieder schloss. "Ich halte sie nicht in der Dusche versteckt."

      Ich tat alles, was ich konnte, um durch ihr Spiegelbild im Fenster hindurch zu sehen – fast schon verzweifelt versuchte ich, sie nicht zu sehen. Aber meine Augen wollten sich nicht auf etwas anderes konzentrieren.

       Diese verdammten Augen.

      Ich trat die Flucht nach vorne an und zog an der Tür. "Wie ich schon sagte, es geht mich nichts an."

      Plötzlich fühlte ich die Wärme ihres Körpers in meinem Rücken. Cora war klein, vielleicht eins sechzig, während ich eins neunzig groß war. Ihre weichen Kurven berührten mich also an allen richtigen - und völlig falschen - Stellen.

      "Weg von mir", knurrte ich.

      Sie bewegte keinen einzigen Muskel - bis auf ihren Mund. "Dante fand sie, nachdem er online eine Anzeige für Models geschaltet hatte", sagte sie, wobei sie darauf achtete, leise zu reden. "So bekommt er neue Mädchen. Er lockt sie an, gibt ihnen Drogen, gibt ihnen Geld, fickt sie, sagt ihnen, dass er sie liebt, sagt ihnen, dass er sie hasst, schlägt sie oder was immer nötig ist, um sie hörig und von ihm abhängig zu machen. Danach setzt er sie auf die Straße, damit sie für ihn arbeiten.“ Sie kam näher und mein Atem wurde zu Eis in meiner Lunge. "Das Mädchen dort oben ist eine sechzehnjährige Ausreißerin, die nirgendwo hingehen kann und die auf die harte Tour gelernt hat - und, Penn, es war Dante, also spreche ich von der wirklich harten Tour - einem Mann nicht zu vertrauen. Eine Einstellung, die sie und ich leider teilen."

      Mein Körper verwandelte sich in Stein und mein Griff an der Klinke wurde mörderisch. Oh, aber sie war noch nicht fertig mit ihrer Geschichte aus der Hölle.

      "Ich fand sie vor etwa einem Monat halb tot auf dem Boden in Dantes Haus, die Nadel noch immer in ihrem Arm. Ich war dort, um ein neues Mädchen abzuholen, aber während er noch immer im Drogenrausch im Bett lag, nahm ich auch Savannah mit. Wenn er jemals herausfindet, dass sie hier ist, weiß ich nicht, was er ihr antut." Entschlossenheit erfüllte ihre Stimme. "Und das werde ich nicht zulassen. Also hören Sie zu. Ich weiß nicht, was für Männer Sie und Ihr Bruder sind. Ich will ehrlich sein: Es ist mir scheißegal, solange Sie die Finger von meinen Mädchen lassen. Aber ich weiß zu schätzen, was Sie da vorhin getan haben. Mehr als ich es je ausdrücken kann. Also..." Sie hielt inne, ihr Blick fand meinen im Spiegelbild der Scheibe. Diese verdammten Augen bohrten sich in mich, als könne sie meine Gedanken lesen. Und dann schloss sie mit: "Danke."

      Ich war nur Sekunden davon entfernt, aus der Haut zu fahren, nur um von ihr wegzukommen, aber dann trat sie einen Schritt zurück.

      Sie blickte zu Drew, der immer noch an der Heckklappe stand. "Und... danke auch Ihnen."

      Er nahm das Handtuch vom Gesicht, sein Mund stand immer noch offen. "Oh, es tut mir leid. Existiere ich wieder? Denn ich schwöre, für eine Minute war ich verschwunden."

      Neugierig neigte sie ihren Kopf zur Seite. "Sie waren ernsthaft ein Zellengenosse von Manuel?"

      "Ja."

      "Und er mochte Sie?"

      Drew grinste und zeigte mit dem Daumen in die Richtung, in die Dante und Marcos gegangen waren. "Verdammt mehr, als er diese beiden Esel mag."

      Und plötzlich verschwanden die Wolken am Himmel, das Licht des Herrn schien herab, und er sagte mir endlich, was ich schon seit Jahren wusste: Penn, ich hasse dich, verdammt noch mal.

      Sie lächelte.

      Und es war nicht dieses unechte Lächeln, das sie zeigte, als sie die Tür öffnete. Nicht einmal wie das Lippenzucken, als Marcos ihr sagte, dass Manuel Drew als seinen Sohn ansah.

      Nein. Dieses Lächeln war anders.

      Es war die Art von Lächeln, die die dunkelste Seele vernichten konnte.

      Ich wusste das, denn es war genau der Moment, in dem ich spürte, wie sie ein Stück meiner Seele vernichtete.

      6

      Penn

      „Das ist es also“, sagte Cora in einem Tonfall, der entschuldigend klang. Als ich mich in diesem Scheiß- Loch von einem Apartment umsah, wusste ich, warum.

      Hugos Müll war überall. Schmutzige Kleidung, Geschirr und leere Pizzakartons lagen auf dem halb aus Linoleum, halb aus Beton bestehenden Boden verstreut.

      Aber wenigstens gab es keinen abgefuckten Teppich.

      Drew drehte sich einmal im Kreis. "Trautes Heim, Glück allein."

      "Es gibt nur ein Schlafzimmer", sagte sie - eine weitere Entschuldigung.

      Ich spürte, wie ihr Blick auf mir landete: weich wie eine Feder, hart wie bei einem Verhör. Ich wagte nicht, in ihre Richtung zu schauen. Wir hatten heute bereits genügend Blickkontakt gehabt, mehr brauchte ich nicht.