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Ein Heimsieg per Post


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in der 25. Minute dann auch in Führung. Der Treffer wird vereinsübergreifend herausgespielt, dennoch haben die Borussen im Team den größeren Anteil: Vogts fängt in der Defensive den Ball ab, spielt weiter auf Wimmer. Der wiederum sieht Fortunas Gerd Zewe, der schnell Günter Netzer in Szene setzt. Netzer schaut, spielt in den freien Raum auf Heynckes – und der vollstreckt zum 1:0. Dass Ajax nach einer Stunde durch Neeskens zum 1:1-Endstand trifft, ist ein Tor für die Statistik. Ein Moment für die Ewigkeit hingegen ist sicherlich dieses wohl einmalige Tor in der 25. Minute, über das sich im Rheinstadion sowohl die Fortuna-, als auch die Borussia-Fans in seltener Einigkeit freuten.

       Rainer, beim nächsten Mal fahren wir doch lieber mit dem Zug.“

      Günter Netzer zu Rainer Bonhof auf einem Flug von Aberdeen nach Liverpool, als Wasser statt Luft aus der Belüftung kommt.

      PERSONALIE

      GÜNTER NETZER – DER „KING VOM BÖKELBERG“ Zum Feiern ist Günter Netzer eigentlich nicht zumute: „Muss das denn mit dieser Ehrung vor dem Spiel sein?“, fragt Borussias Mittelfeldspieler am Tag vor dem Heimspiel gegen den MSV Duisburg. Netzer ist frustriert, nur wenige Tage zuvor hat er sich eine schwere Oberschenkelzerrung zugezogen und wird gegen die „Zebras“ nicht spielen können. Aber die Ehrung muss sein, Netzer wird vollkommen verdient von Deutschlands Sportjournalisten zum besten Spieler des Jahres 1972 gewählt. Mittlerweile prägt der 28-Jährige nicht mehr nur das Spiel Borussias, sondern auch das der Nationalmannschaft, die mit seiner Hilfe im Vorjahr Europameister wurde. Frisch als bester Fußballer des Jahres ausgezeichnet, dreht sich auch in der Saison 1972/73 alles um ihn: Erst das bange Warten auf seine Rückkehr nach der Verletzung, dann der Kauf eines Ferraris, zahlreiche Wechselgerüchte, überragende Spiele, der Streit mit Hennes Weisweiler, der angekündigte Wechsel zu Real Madrid – und schließlich das Pokalfinale 1973 in Düsseldorf mit Jahrhunderttor nach Selbsteinwechslung, und das im letzten Spiel für seinen Verein – der „King vom Bökelberg“ ist, das gibt Weisweiler schon zu Beginn der Saison zu, „ein richtiger Kerl geworden“.

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      1973|74

      Als Netzer wie ein Nasenbär aussah

      Es geht um Zeit. Also beeilt sich Rainer Bonhof, mögliche Lösungen in das TV-Studio zu rufen. Und wenn es darum geht, zu erraten, was jemand gerade malt, sind Begriffe aus der Zoologie immer willkommen. Also glaubt Bonhof einen Nasenbären in dem zu sehen, was sein Mannschaftskamerad Klaus Sieloff zeichnet. Es dauert noch ein bisschen, ehe die richtige Antwort kommt: Das Gezeichnete soll den gemeinsamen Mitspieler Günter Netzer darstellen. Auch wenn die Lösung in diesem Fall nicht allzu schnell kommt, erweist sich das Team Borussia an diesem Abend als deutlich besser als die gegnerische Mannschaft vom FC Bayern München.

      In einem Fernsehstudio des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main messen sich die beiden prägenden Fußballvereine der 70er Jahre auf ungewohntem Terrain. Die Sendung „Die Montagsmaler“ wird gerade ins Abendprogramm des Ersten deutschen Fernsehens aufgenommen. Das Konzept ist einfach: Zwei Teams müssen abwechselnd erraten, was einer ihrer Mitspieler gerade zeichnet. Um die Aufmerksamkeit für den Sendeplatz in den ersten Wochen zu steigern, treten in den ersten vier Sendungen jeweils Delegationen von Fußballmannschaften der Bundesliga gegeneinander an. Es geht um Striche statt um Punkte. Das Duell zwischen Borussia und Bayern am 11. März 1974 soll der Höhepunkt sein. Borussias Präsident Dr. Helmut Beyer hat der Produzentin Lia Wöhr vor Wochen die Zusage gegeben, dass der VfL sich mit einer Gruppe beteiligen werde. Trainer Hennes Weisweiler höchstpersönlich soll das kreative Ensemble zusammenstellen. „Ich weiß nicht, wieso ich dabei war“, sagt Rainer Bonhof. Das zeichnerische Talent könne es nicht gewesen sein, vielleicht eher der Humor. Neben Bonhof werden Klaus Sieloff und dessen Frau sowie Horst Köppel auserkoren. Zudem gibt es ein weiteres Team mit Jugendspielern des VfL. Die Borussen bereiten sich akribisch auf den Auftritt im Fernsehen vor und üben fleißig im Klubheim. Aus einer Schule wird ein Gerät geliehen, das die gemalten Striche aufnimmt und groß an die Wand wirft.

       Wir haben in Stuttgart ganz knapp verloren

      Berti Vogts nach dem 1:6 beim VfB vor Millionen Zuschauern in einer Fernsehsendung zugunsten von Unicef.

      Das viele Üben bleibt nicht ohne Wirkung. In der von Frank Elstner moderierten Sendung setzt sich Team Borussia deutlich 60:38 gegen Team Bayern – unter anderem mit Uli Hoeneß – durch. Als Belohnung gibt es 500 Mark für die erwachsenen Spieler, einen Betrag für den Verein zur freien Verwendung und Spielzeug für die Nachwuchskicker. Insbesondere den Jugendlichen ist der hohe Sieg nämlich zu verdanken. Wobei auch die gestandenen Profis ihren Beitrag zum Erfolg geleistet haben. „Klaus Sieloff, vor allem aber seine Frau, haben sehr gut gezeichnet, und wir haben ganz gut geraten“, erzählt Bonhof. Das Mal- und Ratetalent Sieloffs hat Trainer Hennes Weisweiler wohl schon erahnt, als er auf die Frage, welche Tipps er ihm vor der Sendung geben könnte, nur entgegnet: „Der Klaus ist so gut in Form, der braucht keine Tipps.“ Grundsätzlich aber betrachtet der Trainer den Ausflug seiner Spieler ins Abendprogramm mit Missfallen. „Was haben wir uns schon mit der Vorbereitung für diese Dreiviertelstunde im Fernsehstudio herumgeplagt“, ärgert sich der Meistertrainer. „Davon hat man doch sportlich überhaupt nichts. Jeder Punkt in der Bundesliga wäre mir wichtiger.“ Die Beteiligten selbst sehen den Auftritt als nette Abwechslung im Bundesliga-Alltag an. „Es war lustig“, so Bonhof.

      SAISONVERLAUF

      DER BESTE VIZEMEISTER Die erste Saison ohne den Lenker und Denker Günter Netzer ist beinahe eine meisterhafte. Borussia erzielt 93 Tore, so viele wie nie zuvor in einer Spielzeit. Die Weisweiler-Elf ist das beste Team der Rückrunde, gewinnt zehnmal auf fremden Plätzen und muss sich am Ende doch „nur“ mit dem zweiten Platz hinter Bayern München begnügen. Ein Punkt trennt den VfL am Ende vom Meister. Der Traum, die Münchner im letzten Saisonspiel am heimischen Bökelberg noch zu überflügeln, platzt am vorletzten Spieltag, als Borussia bei Fortuna Düsseldorf verliert und sich der Rivale aus dem Süden den Titel vorzeitig sichert. Das 5:0 zum Saisonabschluss gegen die Bayern bleibt wertlos. Stolz ist man am Niederrhein dennoch auf die Saison. Zum Auftakt bleibt die Fohlenelf sieben Spiele ohne Niederlage. Das ist zur damaligen Zeit ein Bundesligarekord. Auch Verletzungen arrivierter Profis, die Trainer Weisweiler immer wieder zum Umbau seiner Mannschaft zwingen, stören den Spielfluss nicht. In 18 der 34 Spiele trifft der VfL dreimal oder noch öfter. Kantersiege gegen Schalke (6:0), Wuppertal (7:1), Hamburg (6:1) und Offenbach (5:1) werden von der Presse als „Tore-Feten am Bökelberg“ gefeiert. Ein Garant dafür ist Stürmerstar Jupp Heynckes, der am Ende mit 30 Toren gleichauf mit Gerd Müller die Torschützenliste der Bundesliga anführt. Mitte der Hinrunde schwächelt die Weisweiler-Elf aber, negativer Höhepunkt ist das 1:6 beim VfB Stuttgart. Borussia verliert die Tabellenspitze und jagt fortan den Bayern hinterher. Sie einzuholen, das gelingt dem „am Ende besten Tabellenzweiten, den es jemals gab“ (Präsident Dr. Helmut Beyer) trotz einer grandiosen Rückkehr nicht mehr.

      Die Mannschaftskameraden, die am heimischen Fernseher zuschauen, amüsieren sich ebenfalls. „Ich glaube, als Montagsmaler haben wir Borussen eher Titelchancen als in der Bundesliga“, sagt Jupp Heynckes nicht ganz ernst gemeint. Bleibt die Frage, wie die anderen Borussen Günter Netzer gezeichnet hätten, ohne dass Vergleiche mit einem Nasenbären entstehen? Die Antworten ähneln sich: „Große Füße und einen Fußball“, sagt Heynckes. „Die großen Schuhe hätte ich gemalt“, sagt Henning Jensen. Und auch Bernd Rupp würde sich auf ein markantes Detail konzentrieren: „Einen Fußballer mit riesiger Schuhgröße.“

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      Dietmar Danner feiert in der Saison 1973/1974 sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft.

      PERSONALIE

      DANNERS LAUF ZU SAISONBEGINN Dietmar Danner gehört zu den Borussen, die den Weggang von Günter Netzer im Mittelfeld in dieser Saison kompensieren sollen. Und der laufstarke Linksfuß, zwei