wenigen Schritten landeinwärts hatte man festen, erdigen Boden unter den Stiefeln und ein Wald erstreckte sich vor uns, dessen Duft in unsere Nasen stieg. Ein Duft aus Fichten und Pinien, Eichen und Ahorn, Zapfen und feuchter Erde. Ein Duft, der mir so bekannt vorkam und mir die Heimat näherbrachte. Ach du mein Viermünden mit all deinen Wäldern und deinem Ederfluss, wie vermisse ich dich. Ich hatte meine Kindheit wieder vor Augen und sah Bilder vom Hof und von der Schmiede, die ich einst zurückließ. Meine Augen strahlten vor Glück.
Ich hatte sofort ein gutes Gefühl, und so entschied ich, uns hier niederzulassen. Nicht nur für die Arbeiten am Kahn, nein, auch für den Bau einer Basis. Mein Gefühl gab mir recht, denn nachdem wir ein Lager errichtet hatten, fanden wir einen Tagesmarsch entfernt eine Lichtung mit einem Frischwassersee, der von einem kleinen Wasserfall gespeist wurde, und ein Gebiet reich an Flora und Fauna.
Es lag auf einem hohen Plateau, und wir konnten die Küste gut überblicken. Nun gut. Hier würden meine Zelte aufgebaut für die Zeit, die wir benötigten, um die Magdalena auf Vordermann zu bringen.
Wir entluden den Kahn und nahmen die Segel vollständig ab. Alles, was schwer war, wurde entladen, ja sogar die Schoten mit all ihren Schekeln und Rollen. Eine Rampe wurde errichtet, um das Boot aus dem Wasser ziehen und aufbocken zu können. Nach zwei Tagen endlich stand die Magdalena trocken.
Waldemar verschwendete keine Zeit und bildete einen Trupp aus zwölf Mann. Diese wurden Tag und Nacht für die Arbeiten eingeteilt. Die anderen elf Mann verstärkten den Bau des Lagers und ich beschloss, eine Siedlung aus Holzhütten aufzustellen und die Holzwände der Hütten später mit Felsgestein und Schlamm zu ummanteln. Wir teilten uns für die Jagd ein, obwohl wir laut Statuten nicht jagen durften. Doch wir mussten uns von etwas ernähren, und so war ein Hirschbraten eine willkommene Ergänzung zum eingesalzenen Fisch, den wir nicht mehr sehen konnten und in Zukunft als Köder für die Fischerei nutzen wollten. Wir alle Arten von Bäumen, Fichten, Eichen und Ahorn. Mit dem Werkzeug, dem Willen und der Manneskraft, die wir hatten, entzweigten und entrindeten wir die Bäume. Nun hieß es, Planken und Bretter aus diesen Stämmen zu zimmern. Ich kann euch sagen, dass Waldemar Wunder in seinem Handwerk vollbrachte. Die Männer, nein, wir alle waren am Abend so erschöpft, dass wir kaum genug Kraft hatten zu essen.
Wir konnten nicht einmal mehr einen Löffel halten. Geschwächt und ausgezehrt fielen wir abends vor Erschöpfung zu Boden. Ich ließ Waldemar zu mir kommen und fragte ihn, wie lange er glaube, dass es dauern würde, bis alle Arbeiten an der Magdalena fertig seien.
„Ich denke, vier Monate, Bruder. Wir müssen das Holz wenigsten austrocknen lassen und zurechtzimmern. Das dauert. In der Zeit, in der das Holz lagert, können wir andere Arbeiten verrichten, uns dem Bau der Siedlung widmen. Und, mit Verlaub, mein Admiral, ich rate ganz dringend dazu, Palisaden um die Siedlung zu errichten. Ich weiß nicht, ob die Gegend besiedelt ist, und falls ja, ob von Freunden oder Feinden. Doch wir sollten vorbeugen und uns schützen vor all dem, was wir nicht kennen und nicht wahrnehmen können!“
„Ihr habt recht, Bruder. Veranlasst all dies, was Ihr gerade vorgeschlagen habt. Und wenn Ihr fertig damit seid, gönnt Euch Ruhe, denn es läuft uns nichts weg.“
Waldemar verbeugte sich und verließ mein Zelt.
Hier waren wir nun, und siehe da, wir hatten aus purem Zufall eine Gegend gefunden, die ausgezeichnet passte, um eine Basis auf der anderen Seite des Meeres aufzubauen. Erleichtert stellte ich fest, dass auch die Männer frohen Mutes waren und Gott dankten, wieder an Land sein zu dürfen nach Tagen und Wochen auf See.
Das Hämmern und Klopfen konnte ich jeden frühen Morgen hören, wenn am Boot gearbeitet wurde. Der Klang gefiel mir. Ein Klang voller Leben und Tatendrang, der mir das Herz mit Hoffnung und Zuversicht erfüllte. Tage vergingen und dann Wochen und ebenso Monate. Nach vier Monaten, es war der 28. August 1138, ließ mich Ralf de Saddeleye wissen, dass es so weit war und wir wieder die Segel setzen konnten.
Sehr zu seiner Überraschung ließ ich ihn wissen, dass ich mir nochmals vier Monate Zeit lassen würde und die Basis hier nun absoluten Vorrang hätte. Die Mauer um die neugebauten Hütten müssten verstärkt werden und Pinzon könnte noch etwas warten. Doch Eduardo Cortez belehrte mich eines Besseren.
Die Suche nach Pinzon dürfe nicht weiter aufgeschoben werden, je früher wir ihn fänden, desto früher hätten wir zusätzliche Männer, die uns beim Bau und bei anderen Arbeiten unterstützen könnten. Eines war klar: Mit 23 Mann konnte ich keinen Angriff lange aufhalten, sollten wieder Wilde auftauchen wie einst damals hoch im Norden. Doch wer sollte hierbleiben und auf die Basis aufpassen, wenn wir lossegelten, um die anderen zu finden? Ein Plan musste her. Und zwar schnellstens.
DIE FESTUNG
Unsere Basis nahm Formen an und die Palisaden gaben zusätzlichen Schutz, sollte dieses Gebiet von unfreundlichen Bewohnern besiedelt sein. In all den Monaten hatten wir jedoch keine andere Menschenseele hier gesehen, und so fühlten wir uns relativ sicher. Die Ladung war trocken untergebracht und die Männer hatten mal wieder ein kleines Wunder vollbracht, denn die Festung wurde in jeder Hinsicht mit ausgeklügelter Fallenmechanik ausgestattet. Frisches Wasser wurde über kleine Holzaquädukte gespendet, und sogar ein Lazarett war eingerichtet. Doch nun war der 12. Dezember des Jahres 1138 und ich musste eine Entscheidung treffen, wer an Land bleiben und wer weitersegeln sollte, um Pinzon zu finden. So ließ ich Ascanio, Ralf de Saddeleye, Richard Cornwall, Eduardo Cortez, Chaplain Rutherford sowie die Isländer zu mir kommen, um eine Besprechung abzuhalten. Die Debatte ging bis tief in die Nacht hinein, und endlich wurde ein Beschluss gefasst.
An Land würden bleiben Richard Cornwall, der Chaplain, die Isländer, die Hälfte der kämpfenden Truppe und ich.
Umso mehr war Cortez überrascht, als ich ihn auf die Liste der Segler setzte zusammen mit Ralf und Ascanio. Natürlich übertrug ich das Kommando an Ascanio, der mein Vizekapitän war, doch das schien für Cortez kein Problem darzustellen, solange er mit auf der Suche war, um seinen alten Freund und Kompagnon zu finden. Auch dachte ich, dass sich Federico Pinzon eher blickenlassen würde, wenn sich einer seiner Katharerbrüder an Bord befände. Als alles zur jedermanns Zufriedenheit beschlossen war, entschied man sich, am 19. Dezember mit so wenig Zuladung wie möglich loszusegeln. Ascanio bekam die Karte zur Hand, die ich fast zwei Jahre zuvor erstellt hatte.
Am frühen Morgen trafen wir uns alle am Strand, um Abschied von den Männern zu nehmen, die sich in wenigen Augenblicken auf diese hoffentlich erfolgreiche Mission begeben würden. Es war mir klar, wie hoch das Risiko war, dass sie nicht wieder zurückkehren würden. Doch meine Hoffnung bestärkte mich in meinem Gefühl, zuversichtlich zu sein. Ein letztes gemeinsames Gebet, ein paar kurze und gut gemeinte Ratschläge, die ich ihnen mit auf dem Weg gab, und eine letzte Umarmung besiegelte den Beginn der Suchaktion, die, so hoffte ich, nicht länger als sechs Monate dauern würde. Dann sprangen sie in die Beiboote und ruderten der Magdalena entgegen.
Wir, die zurückblieben, verharrten am Strand, bis das Segel der Kogge nicht mehr zu sehen war und am Horizont verschwand.
„Gott mit Euch, meine Brüder!“, flüsterte ich nur. Jetzt überkamen mich das Gefühl und die Frage, ob das alles richtig war. Doch nun war es zu spät, etwas zu ändern. So gingen wir traurig zurück zur Festung und beteten noch einmal für den Schutz unserer Brüder auf See.
Die Tage an Land wurden mit der Jagd verbracht, und mit dem zurückgelassenen Beiboot versuchten einige Männer sich in der Kunst der Fischerei. Ein Netz wurde aus Hanf und Sisal geflochten, die wir aus der alten Welt mitgebracht hatten. Und siehe da, sie hatten Glück. So wurde zum Wild auch Fisch als Ernährungsergänzung getrocknet, gesalzen und gelagert. Es mangelte uns an nichts, und für den, der es nicht anders wusste, war dieser Wald nicht anders als der, den wir zu Hause zurückgelassen hatten. Die Mischung aus Bäumen, Beerengebüsch und diverser Pilzart kam uns allen bekannt vor und unser Medicus frohlockte innerlich jedes Mal, wenn er Kräuter fand, die in seine Behandlungssammlung passten. Außer uns war weit und breit keine Menschenseele zu sehen, und so war die Gefahr gering, dass wir uns gegen feindliche Stämme verteidigen mussten.
Dies hier wurde unsere neue Heimat. Was noch fehlte, war