Erich Knauf

Der unbekannte Zille


Скачать книгу

werdender Klassenunterschiede überschrien. Mit der biederen familiären Auffassung aller Dinge des öffentlichen Lebens wurde aufgeräumt. Für die Pflege einer langsam gewachsenen bürgerlichen Kultur war jetzt keine Zeit. Die oberen Zehntausend, die eine Weltmacht als Rahmen beanspruchten, konnten sich nicht mehr mit dem Stadtbild von Berlin als Hintergrund zufrieden geben. Die gute alte Zeit wurde ins Museum abgeschoben.

      Ein Maler wie Theodor Hosemann, der nach Krüger in Berlin von sich reden machte, interessierte die neue Bourgeoisie wenig. Sie überließ ihn dem Volke, dessen politisches Format mit dieser Kleinkunst übereinstimmte. Die bürgerliche Malerei, kaum in Erscheinung getreten, hörte bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts wieder auf, ein bestimmter und eindeutiger Begriff zu sein. Zwischen regierender Bourgeoisie und regiertem Bürgertum erweiterte sich schnell ein tiefer Riß, der auch die künstlerischen Äußerungen dieser Klasse spaltete. Und das war nicht nur in Deutschland so. Zu fast derselben Zeit wurden Daumier und Gavarni in Paris vor die Frage gestellt, ob sie sich für den Boulevard oder für die schmutzige Straße im Quartier der kleinen Leute entscheiden wollten. Daumier ging in das Heerlager der sozialen Revolution und bewahrte damit seine Kunst vor der Verflachung; er wurde der größte Pamphletist seiner Zeit. Gavarni hatte nicht diese Kraft der Entscheidung. Er pendelte zwischen den Klassen hin und her. So kam es, daß Daumier ein großes Kapitel im Buch der Geschichte mit ganzseitigen und von der Wucht großer Gedanken erfüllten Zeichnungen illustrierte, während die geistvolle und ironische Eleganz eines Gavarni nur zu Vignetten und Randzeichnungen eines Anhanges über Launen und Moden dieses Zeitalters langt.

      Theodor Hosemann ist sehr oft mit Gavarni verglichen worden. Er hat zweifellos sehr viel von ihm gelernt, die Auffassung und auch die zeichnerische Manier. Gemeinsam hatte er mit ihm die Vorliebe für die Welt des „kleinen Mannes“, für die Typen der Straße, für das Milieu der unteren Schichten. Die Freude am sarkastischen Witz dieser Leute, an ihrem unbesiegbaren Humor, der ihnen hilft, das schwere Dasein leichter zu nehmen, das Vergnügen an diesen Eigenschaften ist die Grundlage der Kunst eines Gavarni und eines Hosemann. Beide dachten freilich nie daran, es ihrem Zeitgenossen Daumier gleichzutun und ihre Empfindungen zur sozialen Anklage zu steigern.

      Hosemanns Bedeutung entspricht dem historischen Maß des deutschen Kleinbürgertums. Seine zierlichen Zeichnungen mit ihren possierlichen Figürchen und spaßigen Situationen blieben auch dann noch in ihren engen Grenzen, wenn sie Illustrationen zu politischen Satiren sein sollten.

      Es ist die Schicksalsverbundenheit eines Theodor Hosemann mit seiner Zeit, die seinen Zeichnungen das größere Format versagt. Das Kleinbürgertum war an die Wand gequetscht, eine Schicht ohne eigenen Willen, ein Pufferstaat zwischen den neuen Großmächten Kapital und Arbeit. Konnte auf diesem Terrain eine ausdrucksvolle Kunst wachsen?

      Das Schaffen Hosemanns ist nur deshalb bedeutsam, weil die Kunst eines anderen aus ihm die entscheidende Anregung bekam. Der alte Hosemann war Lehrer des jungen Zille.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCBAqCvADASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwDwCiii gAooooAKKKKACiiigAooooAKKKKACiiigAooooAKKKKACiiigAooooAKKKKACiiloAKKKKAE70tF FABRRRQAUUUUAFIaWkNABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFAC0UUUAFLSCloAWiiigAoooxQ AUlOooAQUtGKXFACUUtFABRiikzQAtJS0UAFFFFABRRRQAUUUfWgAooooAKKKWgBKKWigAopaTFA BRRRQAUUUUAFFFFACZopaKAExS0oFBoAbSg0YoAoASlFFGKADFJS0UAJRS0hoAKSlooASjpS0YoA Sg0tFABRRRQAUlLSUAFLSCigApaBRQAUUUUAFFFLigApaKKACgUtFABRRRQAUUU