Frank Winter

Bittere Orangen im Glas


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ist längst nicht bei allen Designer-Artikeln der Fall.«

      Alberto pfiff. »Excusate. Störe ich eure Unterhaltung?«

      MacDonald schüttelte den Kopf. »Nein, völlig korrekt. Konzentrieren wir uns auf den Fall.«

      »Wie ’ne Krimi-Serie der BBC«, meinte Apolonia.

      »Es steht zu befürchten, dass der Rabauke abermals auftaucht.«

      »Warum denn?«

      »Erfahrungen leidgeprüfter Detektive.«

      »Prima!«

      Grund zur Freude gab es nicht eben! »Apolonia, wir möchten verhindern, dass dir erneut Schmerzen zugefügt werden.«

      »Angus, du bist goldig.«

      »Danke für dieses Kompliment. Ist dir der Rabauke bekannt?«

      »Was ist das?«

      »Ein Schläger.«

      »Mit so was verkehre ich nicht!«

      »Niemand wollte das insinuieren …«

      »In… wie?«

      »Darf ich?«, fragte Alberto listig.

      »Bitte, ja. Mein Latein scheint nicht auszureichen.«

      »Angus möchte wissen, ob du den Kerl schon mal gesehen hast, in der Nachbarschaft oder irgendwo in Edinburgh?«

      »Müssen wir nicht mehr drüber reden!«

      »War jemand zugegen, als es geschah?«

      »No. Hab’ zu tun. Schinken-Marmelade kocht sich nicht von alleine.«

      »Gehen wir zu uns«, schlug Alberto vor und schlenderte los.

      »Ich wüsste zu gerne, was sich zum Schinken gesellt.«

      »Zucker?«

      Der Feinschmecker seufzte. »Gelierzucker, natürlich, denn Schinken besitzt weder Säure noch Pektin. Unbedingt bedarf es aber eines Gegengewichtes im Geschmack. Als Solist wäre Schinken zu mächtig.«

      »Kann ich die Tür öffnen?«

      »Bitte, was?«

      »Wir betreten unsere Villa Buongiorno«, sagte Alberto feierlich.

      »Ist deine Bekannte stets so unzugänglich?«

      »Non so, weiß ich nicht.«

      »Könnte Mrs Hope-Weir senior uns weiterhelfen?«

      »Glaube ich kaum.«

      MacDonald strich sich den Zeigefinger über die Nase. »Miss Apolonia möchte offensichtlich nicht mehr darüber reden.«

      »Wir könnten schauen, wer ihre Konkurrenten sind.«

      »Guter Freund, ich bin einige Jahre im gastronomischen Sektor unterwegs und gut vernetzt …«

      »Perfetto! Was trinken wir? Nicht wieder Tee, oder?« Alberto machte ein spitzbübisches Gesicht und verschwand in der Küche. Mit großer Flasche und zwei Gläsern kehrte er zurück.

      »Speyside-Glenlivet-Mineralwasser!«

      Vitiello zelebrierte das Einschenken. »Dein liebstes acqua minerale.«

      »Miss Apolonia ist Spitzenreiter im Marmeladenabsatz. Somit kommt jeder andere Produzent als Verdächtiger in Frage.«

      »Prost Mahlzeit! Da haben wir eine Menge zu tun.«

      »Kennst du ihren Butler?«

      »Edinburgher Guest-House-Besitzer müssen nicht abends mit sämtlichen Butlern im Pub sitzen.«

      »Mich interessiert, ob er während des Angriffs zu Hause war.«

      »Apolonia hat es verneint, oder?«

      »Hm, ja. Andererseits sah ich vorhin im Garten einen Mann, versteckt hinter Apfelbäumen.«

      »Die gesamte Zeit, während wir da waren?«

      »Nachdem ich ihn bemerkte, verschwand er. Später hatte ich den Eindruck, dass sich Apolonia absichtlich vor das Fenster stellte. Mir fällt da etwas ein.«

      »Schieß los«, antwortete Alberto, stets zu haben für spontane Eingebungen.

      »Apolonias Haus ist nur wenige Meter entfernt. Gehen wir in euren Garten und observieren ihr Anwesen.«

      »Als Voyeure?«

      »Eher, um der jungen Dame zu helfen.«

      »Si, das ist etwas anderes.«

      »Es freut mich, dass …« Sinnlos, dachte Angus. Sein Freund öffnete bereits die Tür zum Garten und hörte ihn nicht mehr.

      MacDonald nahm das Fernglas von den Augen. »Clan-Stewart-Tartan trägt der Herr.«

      »Mehr fällt dir dazu nicht ein?«

      »Exzellent verarbeitet. Solche Qualität findet man …«

      Vitiello hob imperatorisch den Arm. »Unser Fall hat Vorrang.«

      »Eine weniger exaltierte Antwort hätte niemandem zum Schaden gereicht«, empörte Angus sich. »Hast du sein Instrument vorher schon vernommen?«

      Alberto kratzte sich umständlich am Kopf.

      »Nun?«, fragte MacDonald.

      »No! Diese doofe Tröterei wäre mir aufgefallen!«

      »Tröterei?«

      »Du weißt genau, dass ich Dudelsackspielerei nicht mag.«

      Angus sog unwissentlich eine gehörige Portion Sauerstoff ein. »Das hatte ich verdrängt. Sind wir sicher, dass der Herr sich auf Apolonias Anwesen befindet?«

      Alberto nickte, die Arme vor der Brust verschränkt, und murmelte »blablabla«.

      »Bitte sehr?«

      »Si! Absolut sicher.«

      »Sehr wahrscheinlich handelt es sich um Butler Reginald.«

      »Apolonia sagte, dass er heute frei hat.«

      »Gehen wir davon aus, dass die Dame ihren Garten unbekannten Gentlemen zur Verfügung stellt?«

      »Kann doch sein.«

      »Die durchs Grün huschende Gestalt trug ebenfalls ein rotes Kleidungsstück …«

      »So wie dieser Kilt?«

      MacDonald senkte das Kinn. »Exakt, mein Freund.«

      »Warum sollte Apolonia uns anschwindeln?«

      Angus bemerkte, dass Alberto die deutlichere Vokabel anlügen vermied. »Überlege bitte, Alberto. Die junge Dame sagte, dass Reginald frei hat, nicht wo er sich aufhält. Vielleicht wusste sie gar nicht, dass er im Garten weilte.« MacDonald sah wieder durch das Fernglas. »Ob er Franzose ist?«

      »Wie kommst du darauf?«

      Angus reichte ihm das Fernglas. »Schau, welche Flagge er aufzieht.«

      »Die Trikolore, klarer Fall!«

      »Unzuverlässige Vermutung. Erstens dürfen auch Schotten die französische Fahne aufziehen und zweitens könnte er eine französische Verlobte haben oder Frankreich-Fan sein. Nimm bitte wieder Kontakt auf zu Apolonia. Falls sie möchte, dass wir ermitteln, bin ich dabei. Ansonsten hat mein Marmeladenbuch Vorrang.«

      »Aber …«

      »Ich fürchte, das ist in der Angelegenheit mein letztes Wort.«

      Weshalb nur bereiten viele Köche ihre Bitterorange-Marmelade so kompliziert zu?, fragte MacDonald sich. Ein repräsentatives Rezept lautete folgendermaßen: Obst drei Minuten in heißem Wasser einweichen, dann schälen. Saft auspressen, Fruchtfleisch kleinschneiden. Schale gut zerkleinern, Kerne in einen Musselinbeutel geben. Alle vier – Saft,