diese. Kerne wurden natürlich entfernt. Die Fruchtstücke gab er in seinen Einmachtopf und goss dem Gewicht entsprechend Flüssigkeit hinzu, für jedes Kilo Obst ein Liter Wasser. Seine jüngste Kreation bekam noch drei Esslöffel Drambuie spendiert. Deckel auflegen und über Nacht relaxen lassen. Nicht vergessen, alles feinsäuberlich in seinem Waverley Notebook zu notieren, wie auch den Hinweis für die Leser: »Wir verwenden natürlich biologisches Obst. Wer sich darüber mokiert, dem sagen wir, dass biologisch genannt wird, was früher normal war: Obst und Gemüse nicht mit Gift einzunebeln! Biologische Erzeugnisse sind gesünder, umweltfreundlicher und schmecken besser. Mit einem Trend haben sie nichts zu tun.«
RING. RIIIIING! RIHING!!
Schon wieder?! Er legte die Kochschürze ab.
RIIIIIHIHING!
»Freund Alberto, wie schön, dich endlich einmal zu treffen.«
»Apolonia steckt in Schwierigkeiten!«
»Bemerkenswert. Was gibt es sonst Neues?«
»Sie wurde niedergeschlagen!«
»Mit Verlaub, das weiß ich bereits.«
»Als sie am Morgen ihre Filiale auf der Princess Street aufschloss, verpassten sie ihr noch ein blaues Auge.«
»Waren es mehrere Personen?«
»Heute einer und der neulich. Macht zusammen zwei Ganoven.«
»Tritt bitte ein, mein Guter.« MacDonald blickte über Vitiellos Schulter. »Gefolgt scheint dir niemand zu sein.«
»Daran habe ich gar nicht gedacht!«
»Man kann nie vorsichtig genug sein.« MacDonald führte ihn ins Wohnzimmer, das auf die Straße mündete.
»Apolonia bleibt bei ihrer Meinung. Aber ihre Mutter hat mich auf Knien angefleht zu helfen.«
»Du sprachst mit beiden?«
»Naturalmente. Wofür gibt es Telefone?«
MacDonald lachte.
»Brauchst gar nicht zu kichern. Stimmt doch!«
»Was schwebt dir vor?«
»Minestrone, anschließend eine schöne Portion Pasta.«
»Ich bezog mich auf den Fall, nicht euren Lunch.«
»Zur Princess Street fahren und mit dem Mädchen reden.«
»Soll ich dich begleiten?«
»Hab’ nichts dagegen. Aber was ist mit deinen Blutorange-Marmeladen?«
»Sagen wir, ich bilde mich in Miss Apolonias Geschäft weiter.«
Ihren dritten Edinburgher Shop hatte Miss Hope-Weir auf der Princess Street eröffnet. Angesichts der Mieten war das gewagt. Doch der Erfolg gab ihr Recht. Alle Filialen in Großbritannien waren im gleichen Stil gehalten, scharlachrot und grün die dominierenden Farben. Was man für kühl geplantes Corporate Design hätte halten können, entstand aus der Not. In ihrem ersten Geschäft waren die Wände feucht und nur mit dunkelroter Farbe konnten viele Flecken übertüncht werden. Wo das nicht gelang, nagelte Apolonia grüne Holzlatten an die Wand. Voilà, der Shop-Stil war geboren. MacDonald sagten allzu aufdringliche Farben nicht zu und er kam sich wie im Indoor-Erdbeerfeld vor. Allerdings entsprach es der positiven Verrücktheit der Marmeladen. »Chili Amboss« wurde etwa mit Hokkaido-Kürbis, Schokolade und scharfen, roten Schoten eingekocht. Warum hatte sich noch niemand als Konkurrent betätigt? Sollten die Störaktionen der Auftakt sein?
»Redest du mit mir?«, fragte Alberto, der im Doppeldeckerbus neben ihm saß.
»Gewiss.« Sein Freund hatte glücklicherweise nicht bemerkt, dass er mit sich selbst sprach. Fatale Angewohnheit, die Junggesellen mitunter entwickelten, und man sollte nicht glauben, wie schwer das Übel wieder abzuschütteln war!
»Buono. Aber der Auftakt wozu?«
»Wir müssen erwägen, dass Bösewichter Miss Apolonia und ihr Geschäft systematisch zerstören wollen.«
»Denkst du, dass es sich um misslungene Mordanschläge handelt?«
»Hoffentlich nur Einschüchterungsversuche. Gibt es in der Firma jemanden, der sie ersetzen könnte?«
»Ich weiß von keinem, der so kreativ ist. Halte dich bereit, Angus.«
»Darf ich fragen wofür?«
»Zum Aussteigen. Der Busfahrer biegt auf die Princess Street ein.«
MacDonald strich über das Revers seines Harris-Tweed-Jacketts. »Das werde ich meistern.« In Wahrheit war er für den Hinweis dankbar. Sie saßen nahe des Ausgangs, doch fuhren manche Fahrer derart hektisch, dass man sich nur bedächtig vorwärts zu bewegen vermochte. Alberto tippelte vor ihm her, sich an den beidseitigen Haltegriffen festhaltend.
Der Crazy-Jam-Shop befand sich unweit der Hanover Street. Als die beiden Detektive eintraten, bemerkten sie zwei junge Verkäuferinnen verstohlene Blicke auf ihre Chefin werfen. Sie saß auf einem alten, scharlachrot lackierten Holzstuhl, ihren Eisbeutel justierend. »Was, ihr wieder?!«
MacDonald schickte sich an, auf dem Absatz kehrtzumachen. Doch Alberto zog ihm am Ärmel.
»Erlaube mal, mein gutes Jackett!«
»Willst du schon gehen?«
»In der Tat habe ich das vor!«
Apolonia beobachtete die beiden belustigt. »Ihr solltet im Fernsehen auftreten. Wie heißen die Komiker noch mal? Einer ist so ’n Dünner und der andere …«
»Apolonia«, rief Alberto lautstark, »wie geht es dir?«
Sie zog den Eisbeutel vom Auge und grinste schief. »Nächstes Mal sollen sie mir gleich auf beiden Seiten eins verpassen.«
»Schön, dass du es humorvoll nimmst.«
»Außerdem melde ich mich zum Selbstverteidigungskurs an. Judo, Karate, Boxen oder alles drei!«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Dein Ernst! Wir duzen uns. Schon wieder vergessen, Mister Angus?«
»Es war nicht böse gemeint.«
»Siehst du! Meine Begrüßung hab’ ich auch spaßig gemeint.«
Schlagfertige junge Dame! »Konntest du erkennen, wer es war?«
»No! Wie denn? Der Mistkerl trug wieder Skimaske.«
MacDonald war entgeistert. »Davon wissen wir noch gar nichts.«
»Seid ja gerade erst ins Geschäft spaziert.«
»Angus meint, dass du uns vom ersten maskierten Bandito nichts erzählt hast.«
»Ihr habt auch nicht gefragt.«
»Das taten wir sehr wohl.«
»Ob ich den Rabasten kenn, wollste wissen, Angus.«
»Raba… bitte, was?«
»Apolonia meint Rabauke«, informierte Alberto seinen Freund.
»Ja, das war dieses ulkige Wort, Rabauke. Nö, noch nie gesehen.«
»Mit einer Skimaske auf dem Haupt ist es kaum möglich«, echauffierte MacDonald sich.
»Eben.«
»Wer war während des Vorfalls anwesend?«
»Niemand.«
»Die Uhrzeit?«
»Als ich’s Geschäft aufschloss.«
»Um neun Uhr?«
»No, bin immer ein bisschen früher da. So zwanzig vor wird’s gewesen sein.«
»Ja …«, sagte Alberto aufmunternd.
»Der Kerl tippt mir beim Türöffnen auf die Schulter, ich dreh mich um und krieg