Funny van Dannen

An der Grenze zur Realität


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schweifen ab, rief die Lehrerin. Schnell! Wir haben noch zwei Minuten. Schaut euch das Bild von Dunja an.

      Sie hielt es hoch.

      Gut, murmelten alle.

      Und die Stirnbandmessage?

      Peace, sagte Eugen, kann ja nicht verkehrt sein.

      Kitschig, sagte Frau Christiansen. Das ist ein Hippie, nicht Jesus!

      Dunja schossen Tränen in die Augen.

      Warum malen Sie nicht mal ein Bild von Jesus? fragte Peter.

      Das mach ich, rief die Lehrerin, das mach ich!

      Dann nahm sie ihre Handtasche vom Pult und ging mit ausgestreckten Armen hinaus. Das macht sie oft und das soll heißen: Ihr kreuzigt mich durch eure Existenz. Hat sie uns mal verraten, als sie beim Schulfest vom Prosecco angeschickert war. Jetzt sind wir schon gespannt.

       In der Krise

      Zwei Bratwürste standen an einem herrlichen Frühlings­tag auf und wollten sich über die große Wirtschaftskrise unterhalten. Es ging nicht.

      Es geht nicht, sagte die eine. Sie hieß Lisa P. Wir sind beide viel zu dumm, um auch nur ansatzweise zu verstehen, was da passiert.

      Aber alle reden über die Krise, entgegnete die andere Bratwurst. Sie hieß Marco C. Glaubst du, die sind alle viel intelligenter als wir?

      Hat schon mal eine Bratwurst den Nobelpreis bekommen?, fragte Lisa zurück. War eine Bratwurst schon mal Fußballbundestrainer oder Ingenieur?

      Nein, sagte Marco. So gesehen hast du Recht. Aber die Menschen sind auch Spinner, findest du nicht? Sie glauben an so was wie Gott und Derivate. Und ewiges Leben, das ist doch völlig gaga.

      Ja, sagte Lisa. Sie sind nicht so realistisch wie wir Bratwürste. Das macht sie anfälliger für Krisen. Wir wissen, dass wir auf der Welt sind, um gegessen zu werden. Punktum. Das ist für uns in Ordnung, aber die Menschen haben viel mehr Energie als wir, die treibt die tollsten Blüten. Sie haben Sex und spielen Golf und Musik.

      Sex, fragte Marco, was ist das denn?

      Sex ist immer vor Sieben, sagte Lisa. Und manchmal stöhnen sie dabei. Klingt gar nicht gut.

      Und Golf?

      Auch seltsam, sagte Lisa. Dafür brauchen sie Schläger.

      Oha!, rief Marco. Sind Schläger nicht ganz üble Typen?

      Ja, sagte Lisa. Sie schlagen kleine, weiße, niedliche Bälle. Die fliegen schreiend durch die Luft und verste­cken sich in Löchern. Aber die Menschen finden sie und schlagen sie immer wieder.

      Und Musik?, fragte Marco. Ist das noch schlimmer als Sex und Golf?

      Geht so, sagte Lisa. Manchmal schon. Aber dafür braucht man Ohren.

      Kenn ich, sagte Marco. Sieht scheiße aus. Stell dir vor, wir hätten Ohren!

      Nein, sagte Lisa, das stell ich mir nicht vor. Ich möchte Schönheit, Schönheit und Perfektion. Und du möchtest das auch, wir sind so. Perfekt und schön. Die Menschen sind anders. Sie haben keinen Wert an sich. Hast du schon mal einen nackt gesehen?

      Nein, sagte Marco, womit denn?

      Augen, sagte Lisa. Menschen und Tiere und Würfel haben Augen. Ein Regenwurm hat mir mal erzählt, wie Menschen aussehen. Sie haben Ausstülpungen und Extremitäten, unten, oben, vorne, hinten.

      Voll eklig, sagte Marco. Kein Wunder, dass sie keinen Wert an sich haben.

      Ja, sagte Lisa. Und weil sie keinen Wert haben, müssen sie Werte schaffen, um sich gut zu fühlen.

      Gut fühlen, fragte Marco, was ist das denn?

      Verstehst du nicht, beschied ihm Lisa. Wir Bratwürste haben keine Gefühle. Gefühle machen Menschen laut oder leise, je nachdem.

      Schon kompliziert, diese Menschen, meinte Marco. Und sie können wirklich Werte schaffen?

      Na, schau dich an!, rief Lisa. Oder mich! Sie haben uns gemacht.

      Machen?, sagte Marco langsam. Menschen können machen?

      Ja, sagte Lisa, deshalb heißen manche auch Machos.

      Marco staunte: Was du alles weißt!

      Lisa legte sich hin.

      Ich bin müde.

      Und die Krise?, fragte Marco. Hat die auch mit diesem Machen zu tun?

      Natürlich, sagte Lisa. Menschen machen uns, Menschen machen Geld, Menschen machen Menschen, Menschen machen Krisen und Werte und Worte. Leg dich bitte hinter mich, ich schlaf nicht gern allein.

      Marco schmiegte sich an sie.

      Weißt du, wie die Menschen das nennen?, fragte Lisa.

      Liebe, sagte Marco stolz.

      Nein, sagte Lisa, Löffelchen-Stellung.

       Das Attentat

      Der Sommer war wieder da und Prinzessin Trudi spielte mit ihrem Lieblingsfrosch im Sonnenschein.

      Trudi, sagt der Frosch. Meine Zunge ist ganz trocken, mach uns noch ein Bierchen auf.

      Nein!, rief die Prinzessin. Du bist schon betrunken!

      Und wenn schon! rief der Frosch. Betrunkener ist noch schöner! Was hast du denn?

      Ach, seufzte die Prinzessin. Mein Leben ist so langweilig!

      Weil du nichts kannst, sagte der Frosch. Wenn du etwas könntest, würdest du nicht so langweilig sein.

      Du findest mich langweilig?, rief die Prinzessin. Du findest mich langweilig, obwohl ich Klavier und Geige spiele und Gedichte schreibe?

      Du bist musisch völlig unbegabt, sagte der Frosch. Mit deinen klobigen Pfoten solltest du Steinmetzin werden.

      Da trat die Prinzessin mit schmerzverzerrtem Gesicht auf ihren Lieblingsfrosch. Er sagte Quak und starb.

      Da kam ihr zweiter Lieblingsfrosch angehüpft und kritisierte Trudi: Immer müssen wir Frösche unter deinen impulsiven Reaktionen leiden!

      Er hat nicht gelitten, entgegnete Trudi und warf den Frosch an die Wand. Er durchschlug die Mauer und noch eine und noch eine und noch eine und traf die Königin mitten ins Herz. Sie war auf der Stelle tot. Kugelfrosch tötet Königin, stand tags darauf in allen Zeitungen und alle fragten sich, wie es den Gegnern der Monarchie gelungen war, so gefährliche Frösche zu züchten.

       Nora und der Teufelsaustreiber

      Ein Teufelsaustreiber hatte bei Nora geklingelt und sich als der Teufelsaustreiber Peter Lustig vorgestellt.

      Das wüsst ich aber!, rief Nora empört, wenn Peter Lus­tig jetzt Teufelsaustreiber wäre!

      Ich bin nicht Peter Lustig, sagte der Teufelsaustreiber. Ich heiße genauso, aber ich bin ein ganz anderer.

      Das seh’ ich, sagte Nora und blickte dem kleinen, sehr dicken Mann direkt in die Augen. Sie waren strahlend blau und hatten sowas Frisches, dass es Nora fast den Atem nahm.

      Haben Sie Probleme mit dem Teufel?, fragte der Mann.

      Mit dem Teufel?, fragte Nora. Nee. Aber wenn Sie wollen, können Sie für 5 Euro meinen Rasen mähen.

      Ok, sagte der Mann. Wo steht der Mäher?

      Ich hab keinen, sagt Nora.

      Und womit soll ich den Rasen mähen?, fragte der Di­cke.

      Mit einem Nagelscherchen, sagte Nora.

      Was denn?, rief der Mann. Soll ich etwa jeden Halm einzeln abschneiden? Es war von Mähen die Rede.

      Na, wenn Sie kein Geld brauchen, sagte Nora