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Der Koran


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ihren Mann nach Kräften; sie war die erste Frau, die zu der neuen Religion konvertierte und wurde seine engste Vertraute. Im Laufe ihrer Ehe schenkte sie Mohammed vier Töchter und drei Söhne. Während die Töchter, Zainab, Umm Kultum, Ruquaiya und Fatima verheiratet wurden, starben alle Söhne im Kindesalter.

      Etwa um 610 n. Chr., im islamischen Monat Ramadan, empfing Mohammed in einer Höhle nahe Mekka die erste Offenbarung. Die islamische Überlieferung spricht davon, dass der Erzengel Gabriel Mohammed als Mensch erschienen sei und ihn den Koran gelehrt habe. Später wurden Mohammed weitere Verse des Korans im Traum offenbart oder in sein Herz eingegeben. Diese Offenbarung verunsicherte Mohammed zutiefst, seiner Frau vertraute er sich als erstes an.

      Mohammed konnte zunächst einige seiner engsten Familienmitglieder von der neuen Religion überzeugen. Dazu gehörten neben seiner Frau auch sein Neffe Ali, der spätere vierte Kalif und sein Ziehsohn Zaid. Die große Mehrheit der Mekkaner blieben jedoch Polytheisten, viele waren sogar unerbittliche Gegner des entstehenden Islam. Zwar wurde Mohammed lange von seinem Onkel beschützt, doch nach dessen Tod wurde das Klima für Mohammed und seine Anhänger in Mekka zu gefährlich. Im Jahr 622 christlicher Zeitrechnung verließen sie daher Mekka und ließen sich in Medina nieder. Dieses Ereignis markierte den Beginn der islamischen Zeitrechnung.

      In Medina empfing Mohammed weitere Offenbarungen und machte seine stetig wachsende Religionsgemeinschaft zu einem einflussreichen Teil der Gesellschaft Medinas. Zahlreiche Bewohner der Stadt traten zum Islam über. Die jüdische Bevölkerung weigerte sich jedoch, anders als Mohammed gehofft hatte, den Islam anzunehmen. In den folgenden Jahren kam es, wohl mehr aus machtpolitischen als aus religiösen Gründen, zu Kämpfen gegen die jüdischen Stämme. Nach dem Sieg über den jüdischen Stamm der Banu Quraiza töteten die Muslime die männlichen Stammesangehörigen und versklavten die Frauen und Kinder.

      Zunehmend suchte Mohammed auch die Konfrontation mit Mekka. Er ließ die Karawanen der Mekkaner überfallen und trug in einigen Scharmützeln den Sieg davon. Doch 625 n. Chr. stand ein großes Heer der Mekkaner vor Medina und besiegte das Heer der Moslems. Doch die Muslime hatten Glück, das mekkanische Heer zog ab, ohne Medina einzunehmen. Im April 627 n. Chr. gelang es Mohammed, durch geschickte Verhandlungen mit den Beduinenstämmen, die Mekkaner und ihre Verbündeten im sogenannten „Grabenkrieg“ zu entzweien. Daraufhin waren die Mekkaner zu Verhandlungen bereit, ein zehnjähriger Waffenstillstand ermöglichte es Mohammed, das Heiligtum der Kaaba im Jahr 629 n. Chr. in Mekka zu besuchen. Dieser Besuch entfaltete eine geradezu 'propagandistische Wirkung' (Rudi Paret). Ende 629 n. Chr. brach Mohammed dann den Waffenstillstand und zog mit einer großen Streitmacht gen Mekka. Überrascht konnte der Prophet feststellen, dass sich inzwischen eine große Zahl von Mekkanern zum Islam bekannte; einige der einflussreichsten Führer der Stadt kamen ihm bei seinem Einzug sogar entgegen. 632 n. Chr. nahm der Prophet noch einmal an den alljährlichen Zeremonien der Kaaba teil, welche der Islam von den altarabischen Religionen übernommen hatte. Diese Wallfahrt gilt als die Abschiedswallfahrt Mohammeds, da der Prophet noch im selben Jahr starb.

      Kurze Hinweise zur Lektüre des Korans in der vorliegenden Edition

      Laut der islamischen Theologie ist eine echte Übersetzung des Korans nicht möglich, da jede Übersetzung auch bereits eine Interpretation ist. Doch erste Koranübersetzungen ins Lateinische gab es bereits im Mittelalter, auch wenn diese meist eher Paraphrasen des Korans waren. Die Übersetzung des Engländers Robert von Ketton von 1143 wurde 1543 mit einem Vorwort Philipp Melanchthons und Martin Luthers sogar gedruckt. Auf dieser Ausgabe basierte die erste deutsche Koranübersetzung von Salomon Schweigger aus dem Jahr 1616. Die vorliegende Koranübersetzung von Max Henning erschien erstmals 1901. Zwar ist diese Übersetzung teilweise stilistisch veraltet, gilt aber dennoch als präzise und wird auch heute noch wissenschaftlich benutzt.

      In dieser Koranausgabe steht stets unter dem Titel der Sure, ob diese in Medina oder in Mekka offenbart wurde (Geoffenbart zu Medina oder Geoffenbart zu Mekka). Diese Angabe ist jedoch in vielen Fällen nicht hinreichend historisch gesichert. Sowohl in der westlichen Forschung als auch bei islamischen Korankommentatoren ist diese Aufteilung in vielen Fällen strittig.

      (Interdisziplinäres Zentrum für islamische Religionslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)

      Wie zeitgemäß ist der Koran?

      Der Koran ist ein 1400 Jahre alter Text - wie modern ist ein solcher Text bzw. darf man ihn überhaupt an moderne Lebensumstände anpassen?

      Der Begriff „Koran“ geht auf die arabische Vokabel qur'ān (

) bzw. al-qur'ān (
) zurück, wie sie etwa in den ersten drei Versen der Sure 12 vorkommt. Zum grundlegenden Verständnis dieser Vokabeln gehört, dass hier weniger das gebundene Buch gemeint ist, sondern soviel wie die (arabische) „Rede“ eines (arabischsprachigen) Redners, also das gesprochene und nicht das gelesene Wort. Dies bedarf der besonderen Erwähnung, da der Koran heute in der Regel als ein Stoß Papier zwischen zwei Buchdeckeln in Erscheinung tritt. Auf das Geschriebene verweist an genannter Textstelle eher ein Wort wie kitāb (
) oder das im Hocharabischen verwendete mushaf (
). Inzwischen aber wird der Koran weltweit wieder mehr gehört als gelesen, was mit der Verbreitung des auf Tonträgern eingelesenen Korans (murattal;
) etwa ab Mitte der 1950er Jahre bis in die heutige Zeit des Internets zu tun hat.

      Der Koran ist ferner tansīl (

), also Herabsendung in die vorfindliche Schöpfung hinein, die insgesamt auf Offenbarung Gottes beruht. Dieser Aspekt von Offenbarung Gottes in der Gestalt des von ihm Erschaffenen bezeichnet der Islam als taqdīr (
), ausgehend von Textstellen wie 25:2. Die Offenbarung Gottes ist also weder beendet noch auf den frommen Text beschränkt, sondern findet permanent statt – die Welt ist im Vergleich zum textualen Koran der größere „Koran“. Deshalb ruft der Koran auf, sowohl in den Text zu schauen als auch die Welt zu „lesen“ und nicht blind zu sein gegenüber der Ansprache Gottes an den Menschen durch das Buch und durch die „Zeichen Gottes“ jenseits des Buchs (vgl. 25:73).

      In mancher Hinsicht handelt es sich beim Koran in der Tat um einen Text, auf den die erwähnte Altersangabe zutrifft, mit allen damit verbundenen Erfordernissen eines kritischen Zugangs. In anderer Hinsicht aber ist er zugleich älter und jünger: älter insofern, als der Urheber dieses Textes die Diktion und die thematische Führung in den Kontext damals vorfindlicher „Texte“ (Erzählung; qasas;

) stellt, aus denen heraus sich mündlich oder schriftlich tradierte Religion generierte (vgl. im Koran 2:4); andererseits jünger insofern, als der Koran erst durch das Lesen zum Text wird und sich somit auch heute in den Geist des Lesenden stellt (vgl. im Koran 3:7), also gleichsam ewig jung. In der Wechselwirkung dieser beiden Aspekte liegt begründet, was für Goethe, Rückert oder Kant die Attraktivität des Korans ausmachte.

      Für die theologische und religionspädagogische Interpretation stehen heute hermeneutische Fragen im Vordergrund, die nicht von der Entstehungsgeschichte und den soziokulturellen Kontexten des Textes zu trennen sind. Von daher ist die Bezugsetzung zu gegenwärtigen Lebensumständen überhaupt erst die Voraussetzung, den Koran zu verstehen und ihm als Text gerecht zu werden. Die Frage ist, wie dabei vorgegangen wird. Es ist kaum zu bestreiten, dass der Text reflektiert, was zu den Lebensumständen und zum Weltbild jener gehörte, in deren Mitte er entstand: Die Rede ist demnach vom 7. Jahrhundert nach christlicher Zeitrechnung und vom kulturgeografischen Raum des