als ihn als Bewusstseinszustand für das Verstehen des Wunders unserer Existenz zu nutzen. Wir werden von unserem Denken benutzt, weil die Ängste, die in unserer Vorstellung existieren, und die Verteidigungsmaßnahmen, die wir (durch unser Denken) zu unserem Schutz erfinden, uns nicht nur häufig in eine feindliche Beziehung zu anderen Menschen bringen, sondern uns vor allem der Natur entfremden.
Vielleicht der größte und bedauerlichste Beweis dafür, dass unser Denken uns benutzt, statt dass wir diese wunderbare Eigenschaft des Verstandes einsetzen, besteht darin, dass wir genau das Biosystem schädigen, von dem unser Leben und das vieler anderer Lebensformen abhängt. Das Artensterben schreitet in einem alarmierenden Tempo voran. Wir sind die Quelle dieser Zerstörung und wir wissen es auch. Dennoch fällt es uns schwer, mit unseren Gewohnheiten zu brechen – und tatsächlich die Art und Weise zu ändern, wie wir über uns selbst, über andere und die Welt denken.
Es ist eine traurige Tatsache, dass wir es nicht gelernt haben, wirklich bewusst, gewahr zu sein und somit die Realität zu hinterfragen, die unser Denken erschafft. Uns ist nicht klar, dass wir die Verantwortung für unsere Gedanken übernehmen und herausfinden müssen, ob sie wirklich wahr sind. Erst dann können wir diejenigen Gedanken beiseitelegen, die lediglich Meinungen oder Vorurteile darstellen, oder uns zumindest bewusst machen, dass sie das sind. Wir bemerken meist nicht, dass die meisten unserer Gedanken letztendlich Wertungen sind und dass das Entscheidende an jedem Urteil (wie wir später noch sehen werden) das Gefühl ist, das es in uns hervorruft.
Letzten Endes ist das Problem beim Denken nicht nur, dass Sie Ihren Gedanken glauben, sondern dass Sie Ihre Identität – ihre Eigenwahrnehmung – auf ihnen aufbauen. Es ist die Identifikation mit dem, was Sie sich über sich selbst „erzählen“: dass Sie ein guter Mensch seien (oder auch nicht), eine liebenswerte Person (oder nicht), ein kluger Kopf (oder nicht) und so weiter. Und daraus bildet sich dann tatsächlich das, was Sie zu sein glauben. Dieses aus der Vorstellung entstandene Selbst ist das Ego.
Das Ego ist kein Wesen und es ist nicht real wie beispielsweise Ihr Körper. Es ist eine Form der Informationsverarbeitung, die zu der falschen Annahme führt, dass Sie ein getrenntes Selbst seien. Auf der Ebene des Ego kommt Ihnen nie in den Sinn, dass Sie auch das sind, was all diese Gedanken wahrnehmen kann – gewahr all der Möglichkeiten, wie Sie (als Ego) Ihre Wahrnehmungen und Gefühle interpretieren. Anders gesagt: Als Ego glauben Sie, auf der Außenseite zu stehen, getrennt vom Leben und von allen anderen, anstatt sich als Teil eines höheren (wenn Sie so wollen: göttlichen) Ganzen zu sehen.
Wir wollen uns hier jedoch nicht so sehr auf das große Problem des Ego oder des Denkens konzentrieren. Es geht stattdessen darum, sich bewusst zu machen, wie Sie sich mit Ihren eigenen Gedanken jeden Tag unnötig selbst Schmerz zufügen. Sie leiden nämlich aufgrund der Gedanken, die Sie über sich selbst und die Situation haben, und nicht aufgrund dessen, wer Sie sind oder wie die Situation tatsächlich aussieht.
Ich möchte damit keinesfalls abtun, wie schwach, müde und miserabel man sich fühlen kann, wenn man krank ist. Ich leugne nicht den Schmerz, die Trauer und die Angst, die häufig mit der Diagnose einer schweren Krankheit oder Verletzung einhergehen. Auch den Schmerz, den eine Scheidung oder ein Verlust hervorrufen kann, möchte ich keinesfalls bagatellisieren. Solche Zeiten fordern uns aufs Höchste heraus (und damit auch all jene, die uns lieben). Was ich Ihnen klar machen möchte, ist, dass Sie wesentlich mehr Einfluss auf den Grad Ihres Leidens haben, als Ihnen bewusst ist. Vielleicht fühlen Sie sich im Moment noch nicht in der Lage, diese Kraft zu nutzen. Aber Sie werden es im Verlauf der Lektüre dieses Buches lernen und es wird Ihr Leben von Grund auf verändern.
Präsenz kann Schmerzen lindern
Schmerzen, speziell körperliche Schmerzen, verändern sich von Moment zu Moment – gemäß Ihrem Gemütszustand oder, genauer gesagt, mit dem Grad Ihrer Präsenz. Das Gleiche gilt für Ihre Lebenskraft. Wenn Sie von ängstlichen oder verzweifelten Gedanken erfüllt sind, kann sich der körperliche Schmerz verstärken und sie zusätzlich schwächen. Sind Sie andererseits präsent im Hier und Jetzt und beruhigen sich damit Ihre Gedanken, so kann der Schmerzpegel durchaus sinken und Ihre Lebenskraft steigt an.
Das kann innerhalb eines Moments geschehen – und das ist dann ein Moment der Heilung. Sammeln Sie solche Momente der Präsenz und des abnehmenden Schmerzes – dann verfügen Sie am Ende einer Stunde oder eines Tages über mehr Energie und sind optimistischer gestimmt! Mit zehn, zwanzig oder Hunderten solcher Momente an einem Tag verändert sich Ihre gesamte Erfahrung. Sie sind dann – zumindest in Ihren Gedanken – gesünder und weniger krank. Dies ist eine Frucht Ihres Bemühens um Präsenz, die Sie unmittelbar spüren können: Sie sind dann Ihr Selbst, das gewahr ist, und nicht mehr mit Ihrem Denken identifiziert – Ihrem Ego. Deshalb hat der große spirituelle Lehrer Sai Baba seine gesamte Botschaft an die Menschheit auch in folgenden Worten zusammengefasst: „Achte auf deine Gedanken.“
Für die meisten Menschen ist es ungewohnt, zwischen Gewahrsein und Denken zu unterscheiden. Wir haben bisher immer geglaubt, das zu sein, was unsere Gedanken uns über uns erzählen, ebenso wie die Welt für uns das ist, was unsere Gedanken uns darüber erzählen. Wenn man uns sagt, wir seien krank, und wir uns das auch selbst erzählen, glauben wir daran, dass wir krank seien. Aber der Teil von uns, der dessen gewahr ist, was wir uns erzählen, ist in sich nicht krank.
Wenn Ihr Gewahrsein Ihnen hilft, sich weniger stark mit Ihren Gedanken zu identifizieren – was nichts anderes bedeutet, als stärker präsent zu sein –, gelangen Sie in einen gesunden Zustand Ihres Bewusstseins zurück. Ohne die Identifikation mit Gedanken, die vergleichen, wie es Ihnen jetzt geht und wie es Ihnen früher ging – geht es Ihnen da aktuell nicht ganz gut?! Gibt es – wenn Sie sich nicht mit Gedanken an eine Zukunft identifizieren, in der Ihre körperliche Leistungskraft abnimmt oder Ihre Rücklagen nicht ausreichen, um in Rente gehen zu können – in diesem Moment irgendeine reale Bedrohung? Meine Überzeugung ist, dass Sie ohne Gedanken, die Emotionen wie Bitterkeit oder Hoffnungslosigkeit oder eine Opferhaltung erzeugen, in diesem Moment ganz mit sich im Frieden sind.
Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit von Ihren Gedanken abziehen und sie auf den gegenwärtigen Moment richten, finden Sie zurück zu einem Zustand der Offenheit, in dem Sie empfänglich sind für eine unbegrenzte Quelle des Wissens und ein unbegrenztes Feld der Liebe. Sie erlauben diesem Wissen und dieser Liebe, eine Verbindung mit Ihnen einzugehen und Sie zu verwandeln. Gesundheit bedeutet die Rückkehr zu einem Zustand der Ganzheit in sich selbst. Es ist zugleich der wirkungsvollste Weg, die Zukunft zu verändern.
Das Ego erzeugt – ähnlich wie eine schlechte Mobilfunkverbindung, bei der man außer Rauschen nur abgehackte Sprachfetzen hört – ständig belastende emotionale und mentale Störgeräusche, die das Signal dieser tieferen Intelligenz überdecken. Auf diese Weise schottet es Sie von einer wertvollen Quelle des Wissens ab. Und es schwächt die Verbindung Ihres Körpers zur Schwingung der Ganzheit, die den tieferen Ton der Existenz bildet. Auf der Ebene des Ego sind Sie immer mehr oder weniger „verstimmt“.
Ihr Ego macht Sie immer wieder zu der Person, die Sie waren, statt zu der, die Sie wirklich sind und die Sie sein können. Es kann sich die Zukunft nie auf eine Weise vorstellen, die ganz neu ist, sondern wird immer nur das projizieren, was ihm bereits bekannt ist. Wenn Sie präsent sind und Abstand vom Denken Ihres Ego gewinnen, richtet sich Ihr gesamtes Wesen wieder an jenem weiteren Bewusstsein aus. Dann erst entsteht Raum für neue Möglichkeiten – und dazu gehört auch die Wiederherstellung der körperlichen Gesundheit.
Sie haben mehr als einen Körper
Ein aufnahmefähiges, offenes System verfügt über Möglichkeiten des Wachstums und der Reorganisation, die für uns unvorhersehbar sind. Sowohl Ihr Körper als auch Ihr Bewusstsein sind solch offene Systeme. Wer Sie wirklich sind, das lässt sich nicht statisch, ein für alle Mal definieren. Ihre Seinserfahrung beginnt stets genau jetzt, weil Sie Ihren Bewusstseinszustand und sogar Ihren Gesundheitszustand in jedem Moment erneuern.1 Es ist daher nicht falsch zu sagen, dass Sie mehr als einen Körper haben, oder genauer gesagt, dass Ihr Körper sich in jedem Augenblick gemäß dem Bewusstseinszustand, auf den Sie eingestimmt sind, erneuern kann. Im einen Moment können Sie unter Schmerzen