Sie bat mich, niemals damit aufzuhören, da sie ihr Hilfe und Rückhalt gebe.“
Einige Jahre später beschrieb Pink „Family Portrait“ so: „Das Stück reißt mir auch heute noch die Seele aus dem Leib. Es ist die ehrlichste Nummer, die ich jemals komponiert habe. Es ist genau der Song, der die Verbindung zwischen mir und so vielen jungen Leuten herstellte, die diesen schmerzhaften Prozess durchmachen oder durchgemacht haben. Genau aus diesem Grund ist die Nummer so wertvoll.“
Pink schrieb zusammen mit Perry folgende Songs: „Family Portrait“, „Just Like A Pill“, „My Vietnam“, „Don’t Let Me Get Me“, „Get The Party Started“, „Dear Diary“ (Textauszug: „I’ve been a bad girl for so long“), „Eventually“ (Textauszug: „This life is lonely when everbody wants something“), „Lonely Girl“ (Textauszug: „I can remember the very first time I cried“) und „Gone To California“ (in dem Song macht sie sich zur Westküste auf, da die „city of brotherly love“ – Philadelphia, in dessen Umgebung sie aufwuchs – für sie „Schmerzen und Verletzungen“ bedeutet). Alle Songs verdeutlichen große Empathie für psychisch kranke und leidende Menschen und ein profundes Verständnis der dunklen Seite des Menschseins. Darüber hinaus hatte das Album für Pink eine weitere wichtige Funktion, denn sie stellte sich ihren Dämonen, ohne einen Schritt zurückzuweichen, und enthüllte mit erschreckender Offenheit Einzelheiten ihrer schwierigen Vergangenheit.
Aus diesem Grund wurde M!ssundaztood als das In Utero des Teen-Pop bezeichnet, eine Referenz an das Nirvana-Album, das Kurt Cobain vor seinem Suizid einspielte. Als Beispiel einer musikalischen Therapie und Selbstanalyse, als Arbeit einer Künstlerin, die ihre Vergangenheit überwindet und erwachsen wird, kann es mit Jagged Little Pill verglichen werden, einer Platte, die Alanis Morissette machte, als sie sich von ihrem Status einer am Reißbrett kreierten Popmusikerin emanzipierte. Tatsächlich kommentierte die Entertainment Weekly, dass „Pink die Verwirrung junger Mädchen mit größerer Genauigkeit und Sorgfalt einfängt als Alanis Morissette.“
Robert Christgau, das selbsternannte „‚Akademische Oberhaupt‘ der US-Rockkritik“, beschrieb die Songs auf M!ssundaztood als „offenherzig und ehrlich, düster, niedergeschlagen – und, okay, manchmal auch ein wenig unbeholfen, was sie zweifellos realistischer erscheinen lässt. Trotz Pinks dreister Äußerung, dass sie nicht so schön ist wie die ‚verdammte Britney Spears‘, tritt ihre Angst vor dem Prominent-Sein in den Hintergrund und lässt den glaubwürdigen persönlichen Schmerz erkennen, der in der tatsächlich stattgefundenen familiären Zerstörung wurzelt. Dieser Schmerz wird durch den künstlerischen Ausdruck im Zaum gehalten und gebändigt.“
Trotz dieses Kommentars kann die Musik aber nicht als Depri-Rock bezeichnet werden. Die Stärke von M!ssundaztood liegt in der Fähigkeit Pinks, ihre persönlichen Erfahrungen – die Leiden, die sie als Kind in einer kaputten Familie ertragen musste, und die damit verbundenen qualvollen Erinnerungen – einem Publikum leicht zugänglich zu machen, das trotz der harten Botschaft mit der Musik seinen Spaß hat. Das Album ist von Beginn bis zum Ende ein melodischer Genuss. „Get The Party Started“ hätte als Opener nicht besser gewählt sein können und ist eine genauso gute Tanznummer wie Cyndi Laupers „Girls Just Want To Have Fun“. „18 Wheeler“ kracht aus den Boxen wie härtester Redneck-Rock – auf diesem Track kann man deutlich den Grund dafür hören, warum Pink als Hauptdarstellerin für das Biopic über Janis Joplin in die nähere Auswahl kam. (Die Originalversion des Tracks enthielt viele Schimpfwörter, die aber gelöscht wurden, um den Parental-Advisory-Sticker zu vermeiden, der sicherlich den Umsatz beeinträchtigt hätte. Von dem Song existiert keine unzensierte Fassung, doch während ihrer Tourneen singt Pink den ursprünglichen Text.) Der Titeltrack im mittleren Tempo kann ideal als Eröffnungssong einer heißen Party gespielt werden, während „Numb“ mehr als nur eine leichte Ähnlichkeit zu Nirvanas epochalem Grunge-Rock erkennen lässt. „Misery“ hingegen ist ein guter, alter Blues-Rock-Party-Song, bei dem es Pink gelingt, Note für Note dem legendären Steven Tyler von Aerosmith das Wasser zu reichen.
Mit M!ssundaztood hatte Pink ein Album produziert, das seine Wirkung durch eine verblüffende Mischung verschiedenster Sounds und Stile entfaltet, die eigentlich nicht miteinander harmonieren, aber trotz aller Gegensätzlichkeit ein großes Ganzes bilden. Es sprüht vor Fantasie, denn Popsongs mit melodiösen Hooks stehen neben glitzernden Dancefloor-Hymnen und Stadion-Balladen (mit der obligatorischen „Feuerzeuge in die Luft“-Ansage) und werden durch leichte Metal-Anklänge ergänzt. Durch die Produktion gelang es, den Biss der Rockmusik mit dem Glamour des Soul und dem einpeitschenden Rhythmus des Rap zu vereinen, und so eine erstaunliche Bandbreite von Songs in einem in sich geschlossenen Werk zu vereinen. Das Album wurde auch für Linda Perry zu einem Triumph, da es ihr gelungen war, Pinks unterschiedliche Facetten in rauer und gefühlvoller Form zu präsentieren und zusätzlich die sprühende Lebensenergie einzufangen. Diese Art einer Performance wirkte ansprechend und fesselnd. Pink hatte ihr vorläufiges Ziel erreicht – sie war eine Sängerin, die leicht den Pfaden des R’n’B hätte folgen können, aber innerlich spürte, dass das nicht der Weg zu ihrem wahren Selbst ist.
Ein Journalist bemerkte: „Seit langer, langer Zeit gab es im Mainstream kein Album mehr, das eine solche Lebendigkeit oder Ausstrahlung hat.“ Sogar Rob Sheffield von Spin, der nicht so überzeugt schien und eher die „lebendigen R’n’B-Beats von Can’t Take Me Home“ mochte, zeigte sich beeindruckt. Obwohl ihm „traditionelle Rock-Klischees wie ‚Misery‘, das einem Song der Black Crowes ähnelt und nicht zum Konzept zu gehören scheint“, eher langweilten, musste er Pinks Werk anerkennen: „Pink verdient Respekt, da sie sich selbst offenbart, statt wieder das Regelwerk des Teen-Pop zu bedienen – dennoch reicht die Umsetzung nicht an ihre Ambitionen heran.“
Die Single-Auskopplungen von M!ssundaztood halfen dabei, die dramatische Transformation Pinks dem Publikum nahezubringen. „Get The Party Started“ wurde zuerst im Oktober 2001 in den USA veröffentlicht und im Januar 2002 in Großbritannien. In den Staaten erreichte der Song mit dem vierten Platz die Höchstnotierung (und war damit Pinks zweitgrößter Solohit, zusammen mit „Most Girls“ (2002) und „So What“ aus dem Jahr 2008). In Großbritannien kam er sogar auf Platz 2. Es hätte vermutlich sogar zum ersten Platz gereicht, den aber die posthume Singleveröffentlichung „My Sweet Lord“ des im November verstorbenen George Harrison blockierte. Während der Aufnahmen lernte Pink den Umgang mit Drumcomputern und spielte sogar Bass. Die experimentelle Atmosphäre, in der alles möglich zu sein schien, spornte Perry und Pink zu Höchstleistungen an. Dadurch gelang es den beiden, diesen Nightclub-Klassiker zu schaffen. „Du kreierst etwas in deinem Schlafzimmer oder deinem Haus und es ist einfach so eine Spaßsache“, kommentierte die Sängerin. „Dann hörst du plötzlich den Song, der aus deinem Schlafzimmer stammt, im Radio – und die Menschen mögen diese Musik. Das ist einfach abgefahren.“
„Get The Party Started“, einer der Songs, mit denen Pink immer in Verbindung gebracht wird, zog zahlreiche Coverversionen nach sich. Es gab Punkversionen, Synthie-Pop-Fassungen, akustische Folkversionen, knallharte Techno-Interpretationen, Pop-Fassungen aus China und sogar eine gewisse Shirley Bassey (!) entschloss sich zu einem Cover. Sie nahm das Stück im Stil der alten Titelmelodien für Thriller und Krimis auf. Diese Fassung wurde von Marks & Spencer bei einer Weihnachtswerbekampagne im Fernsehen eingesetzt und sogar der Guardian ließ sich zu einem Kommentar verleiten: „[Das Stück] ist ein großartiges, massives Monument gleichwertig einem Bond-Thema.“
„Get The Party Started“ wurde 2003 für einen Grammy Award in der Kategorie „Beste Pop-Vocal-Performance einer Sängerin“ nominiert, verlor aber gegen Norah Jones’ „Don’t Know Why“. Durch die positive Grundstimmung und außergewöhnliche Eingängigkeit konnte die Nummer den Titel „Beliebtester Song“ bei den Kids’ Choice Awards abstauben. Bei den MTV Europe Music Awards 2002 gewann er die Auszeichnung „Bester Song“.
Das Video wurde 2002 bei den MTV Video Music Awards als „Bestes Pop Video“ nominiert und bekam Auszeichnungen in den Kategorien „Bestes Video einer Frau“ und „Bestes Dance Video“. Dave Meyers nahm den Clip Ende September 2001 in Los Angeles auf. Die Handlung ist so witzig wie einfach: Pink und eine Freundin stehlen die Skateboards von zwei Jungs, gehen in einen Nightclub, ohne Eintritt zu bezahlen (sie klettern durch ein Fenster), und tanzen – dort erst