ehe sie in die Eingangshalle drängten.
Schnell waren die Formalitäten erledigt und alle nahmen ihre Zimmer in Beschlag. Die beiden großen Räume mit je drei Doppelstockbetten und einem Einzelbett waren wie gemacht für die Gruppe. Während sich Emily, ihre beiden Schwestern und noch drei Mädchen ein Zimmer mit Berit teilten, nahmen Kevin und die anderen Jungs das gegenüberliegende Zimmer gemeinsam mit Thomas in Beschlag. Der Blick aus dem Fenster offenbarte eine sehr weitläufige Umgebung inmitten des Waldes mit Fußballplatz, Volleyballfeld, Tischtennisplatten und anderen Spielgeräten. Es war zu verstehen, dass die Kinder nach draußen drängten.
»Recht habt ihr!«, nickte Berit verstehend.
»Schließlich haben wir jetzt genug im Auto gesessen. Also raus mit euch an die frische Luft!« Natürlich wusste Berit, dass die Fahrt nur eine halbe Stunde gedauert hatte, und da hatten sie sich noch Zeit gelassen, aber für einen Teil der Kinder war es wirklich schon eine richtige Reise gewesen.
Eine halbe Stunde später waren auch die beiden Betreuer nach draußen gegangen. Fast alle Kinder tobten auf den großen Spielplatz durch die Gegend. Nur Emily saß mit einem Buch am Waldrand auf einer Bank. Von Zeit zu Zeit sah sie auf und beobachtete ihre Schwestern. Berit setzte sich neben Emily.
»Sehen Sie nur, Frau Schwerzer, wie glücklich die beiden sind.« Emily deutete auf ihre Schwestern und lächelte.
»Und du, bist du auch glücklich?«, wollte Berit von ihr wissen.
»Ja, heute geht es mir gut, weil es Vicky und Lucy auch gut geht. Und meine Mutti kann sich auch mal erholen nach der Arbeit, wenn nur Tobi da ist.« Berit legte den Arm um Emilys schmale Schultern.
»Aber du bist doch deiner Mutti schon so eine große Hilfe. Ich glaube, sie ist sehr stolz auf dich. Also genieße diese Tage ruhig und tobe dich mit den anderen aus, du kannst es auch brauchen.«
Berit erhob sich und ging zu Thomas. Doch als sie das nächste Mal zur Bank sah, lag das Buch dort einsam und verlassen und Emily sauste mit ihren Schwestern gemeinsam dem Volleyball hinterher.
Die Zeit schien wie im Flug zu vergehen.
»So, lasst uns mal die Gegend erkunden«, schlug Thomas nach dem Mittagessen vor.
»Ja, und vielleicht finden wir den Teich, wo Kevin mit seinem Opa angeln war«, fügte Berit hinzu.
»Na, in welche Richtung müssten wir jetzt laufen?«
»Dort, den Berg runter und dann am Bach lang links!« Kevin schien wirklich einen guten Orientierungssinn zu haben. Und so machten sich die Kinder mit Thomas und Berit auf den Weg. Es war ein malerischer Wanderweg am Bach entlang. Die Kinder freuten sich an den bunten Blumen, den Vögeln in den Bäumen, den Schmetterlingen in der Luft und sogar eine kleine Eidechse kreuzte ihren Weg. Schon bald waren sie am Teich angekommen. Und wieder erwies sich Kevin als wahrer Wanderführer.
»Wenn wir dort vorne weiter gehen, kommen wir in das Dorf, wo wir vorhin durchgefahren sind.«
»Na gut, dann also dort vorne weiter«, akzeptierte Berit die Route. Erwartungsvoll stürmten die Kinder auf die Häuser zu.
»Mist, hier gibt es nicht mal mehr einen Laden!« Enttäuscht hatte einer der Jungs das Schild entdeckt, das noch immer davon kündete, dass es vor
Jahren hier einen KONSUM geben hatte. Doch der Eingang war mit Brettern vernagelt. Er machte ein Gesicht, als wolle er gleich verhungern.
»Also Leute, ich glaube, wir halten es alle gerade noch bis zur Jugendherberge aus«, nahm Thomas dem aufkommenden Murren den Wind aus den Segeln. »Dort gibt es dann bald Abendbrot, na, sind das Aussichten?«
Den Weg zurück nahmen sie über die wenig befahrene schmale Landstraße und kamen pünktlich zum Abendessen in der Herberge an.
»Dürfen wir dann noch mal nach draußen?« Thomas staunte über die Energie, welche die Kinder entwickelten. Er nickte. »Ich denke schon, wenn ihr noch nicht schachmatt seid.«
Berit trat hinzu. »Ihr könnt noch mal raus. Ihr könnt euch auch im Aufenthaltsraum vor den Fernseher setzten. Aber um 10 ist Nachtruhe. Dann liegen alle sauber und mit geputzten Zähnen in den Betten! Die Duschen sind auf dem Gang, rechts die Jungs, links die Mädchen.«
Sie sah zu Thomas. »Wenn der Rest so erfolgreich verläuft wie der erste Tag heute, dann können wir zufrieden sein.«
Im Zimmer nahm sie ihr Handy aus der Tasche. Doch das signalisierte ihr nur eins: Kein Netz verfügbar. Dann sollte es wohl so sein, dass auch sie abschaltete.
Leises Kichern drang an Berits Ohr, als sie am Morgen die Augen aufschlug.
»Jetzt ist sie wach!« Die kleine Lucy hatte Berit wohl schon eine Weile beobachtet.
»Oh, wie spät ist es denn?« Berit streckte sich wohlig unter ihrer Decke. Sie hatte geschlafen wie ein Stein und fühlte sich erholt wie schon lange nicht mehr.
»Es ist gleich halb 8! Können wir aufstehen? Die Jungs sind auch schon draußen.«
Berit amüsierte sich über die Ungeduld der Kinder. »Na, dann los! Waschen, anziehen, frühstücken!«
Es war ein schönes Bild, als alle wenig später gemeinsam am Frühstückstisch saßen. Auch Berit aß mit dem gleichen Appetit, wie ihn die Kinder an den Tag legten. Leider war so ein Frühstück für viele nicht selbstverständlich und auch sie musste sich selbstkritisch eingestehen, dass sie viel zu oft morgens ohne richtiges Frühstück aus dem Haus ging. Dafür zeigte sich das Wetter heute nicht von der sonnigen Seite. »Och, das regnet ja«, ließ sich die enttäuschte Stimme von Kevin vernehmen.
»Nun seid mal nicht so empfindlich!«, redete Thomas den Kindern gut zu. »Ihr holt alle eure Jacken und zieht feste Schuhe an für den Fall, dass es noch mehr regnet, wenn wir aussteigen wollen.
Aber ich kann euch versprechen, in den Autos regnet es nicht!«
Ein Jubel ertönte und die vielstimmige Frage: »Wo fahren wir denn hin?«
»Lasst euch überraschen!« Berit kannte von ihren beiden Kindern die mürrischen Gesichter, wenn es im Urlaub an einem Regentag hieß: Wir gehen ins Museum. Also wollte sie nicht mit der Tür ins Haus fallen und hoffte auf die Spannung.
Wenig später setzten sich die beiden Kleinbusse in Bewegung. Auf der schmalen Landstraße ging es zurück bis zur Bundesstraße. Von dort bogen sie nach rechts ab. Wieder war es Kevin, der schon bald wusste, in welche Richtung sie fuhren. Es schien vor allem sein Opa zu sein, dem er sein Wissen verdankte. Er begann mit den anderen Kindern ein kleines Ratespiel.
»Da war früher ein großer Schacht. Da werden Fahrräder gebaut.«
Aber er erhielt keine Antwort. Erst als Kevin verkündete: »Das ist doch unsere Kreisstadt!«, da wussten alle bescheid. »Sangerhausen, wir fahren nach Sangerhausen!«
Bei der kurzweiligen Fahrt waren sie schnell angekommen. Berit und Thomas fanden einen Parkplatz in der Nähe vom Bahnhof und ließen die Kinder aussteigen. Der Regen hatte nachgelassen, er störte aber sowieso längst keinen mehr.
»Dort drüben ist das Spengler-Museum.« Berit deutete über den Platz zu einem großen Gebäude. Sie beobachtete die Kinder, doch bei keinem sah sie Unwillen. Im Gegenteil, es fielen Sätze wie: »Gehen wir da jetzt hin?« oder »Das möchte ich mir mal ansehen.« bis hin zu »Cool!« Alle waren voller Vorfreude und konnte kaum erwarten, dass Berit endlich die Eintrittskarten gekauft hatte.
Mit staunenden Augen sahen sich die Kinder die Ausstellung an, einerseits war es ein Heimatmuseum, andererseits ein Naturkundemuseum. Wunderbar gestaltete naturnahe Modelle erklärten den Kindern die Flora und Fauna ihrer Heimat. Auch die Entwicklung der Besiedelung der Gegend im Mittelalter und die Stadtgeschichte war hier dargestellt, und das alles kein bisschen langweilig. Ständig gab es etwas Neues zu entdecken.
Doch das Größte in wahrsten Sinne des Wortes war das echte, lebensgroße Skelett eines Mammuts, welches vor der Eiszeit einmal hier ganz in der Nähe gelebt hatte und vor fast 80 Jahren von dem Naturforscher