Sylvie C. Ange

Love Petit Fours


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Mann mit sonnenverbrannter Haut und weißem Vollbart hantierte auf seinem kleinen Fischerboot, das wie einige andere Boote im Wasser lag. Virginie hatte keine Lust mehr zu warten und beschloss, wie immer, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

      »Excusez moi.« Virginie tippte dem Mann vorsichtig auf die Schulter. Der Alte unterbrach seine Arbeit.

      »Kann ich Ihnen helfen?«

      »Ist es möglich, dass Sie mich auf die Insel bringen?«

      Der Alte blickte zum Himmel. »Dann müssen wir uns beeilen. Wenn der Sturm anfängt, wagt sich niemand mehr mit seinem Boot raus.«

      Virginie schüttelte unmerklich den Kopf. Sah der Mann etwas, das sie nicht sehen konnte? Der Himmel war postkartenblau und keine Wolke war zu sehen. Der Alte hievte ihr Gepäck in das Boot und half ihr hineinzuklettern.

      Das kleine Boot schaukelte wild und mit jeder Welle wurde Virginies Business-Kostüm, einschließlich ihr selbst immer nässer. Sie wischte über ihr Gesicht, mit dem Erfolg, dass ihre Hand nun schwarz von der herabfließenden Wimperntusche war. Sie nahm das Seidentuch, das sie um den Hals getragen hatte und wrang es aus.

      Der Alte sah sie an und lachte. »Der Wellengang ist heute sehr hoch. Das ist immer so, wenn ein Sturm bevorsteht.«

      Weshalb die Pfeife des Mannes von keinem Wasserstrahl getroffen wurde, war Virginie rätselhaft. Scheinbar hatte das Meer es nur auf sie abgesehen.

      Al sie die Insel ereichten, half ihr der Alte eilig das Gepäck auszuladen, steckte die vereinbarte Summe in seine Hemdtasche und zeigte zum Himmel.

      »Da ist die Wetterfont.«

      Virginie konnte in der Ferne tatsächlich bedrohlich aussehende Wolken erkennen, aber sie würden sicher nicht so schnell hier sein.

      »Wie komme ich zu dem Haus?« Der Alte befand sich bereits auf dem Rückweg und blieb ihr die Antwort schuldig. Zweifelnd stand sie da, sah sich um, ging ein paar Schritte und dann begann es zu regnen, denn die Wolken, die noch so weit weg gewesen waren, standen nun genau über der Insel.

      Das durfte doch alles nicht wahr sein.

      Virginie zog ihren exklusiven Lederkoffer auf dem unebenen Weg hinter sich her und bald sah er so schmutzig und nass, wie sie selbst aus.

      Zweifellos war die Insel faszinierend, trotz des schlechten Wetters. Es duftete nach wilden Kräutern und der Strand, den sie hinter sich gelassen hatte, war an einem Sonnentag sicherlich einladend. Im Moment hasste Virginie den weißen Sand, der nun in ihren Designerschuhen aus Paris knirschte. Virginie sah an sich hinab. Das Kostüm war mit Wasser vollgesogen und glich einem triefenden Etwas, aber sie musste weiter.

      Endlich fand sie einen Pfad, der sichtlich oft benutzt wurde. Weshalb es hier keinen normalen befestigten Weg gab, war ihr unverständlich.

      »Bleiben Sie stehen.« Eine befehlende, energische Stimme hielt sie an. »Das ist Privatbesitz. Was tun Sie hier?«

      Der Mann vor ihr war beachtlich groß und mit gefährlich blitzenden Augen wartete er auf Antwort.

      »Ich bin Virginie Mercier, die Landschaftsarchitektin. Antonin Gillaut erwartet mich. Zu meinem Ärger hat man vergessen mich abzuholen und ich musste einen Fischer bitten, mich auf die Insel zu bringen.«

      Der Fremde musterte sie und grinste. Sein tiefgründiger Blick streifte die nasse Seidenbluse, die nun mehr zeigte als verbarg.

      »Ja, ich bin ziemlich sicher, dass Antonin Sie erwartet, Madame, aber hier ist nicht die Insel von Gillaut. Der Fischer hat Sie auf die falsche Insel gebracht.«

      Virginie blickte dem lachenden Mann nach. Dieser ungehobelte Mensch bot ihr keine Hilfe an, er ließ sie tatsächlich im Regen stehen.

      »Bitte, warten Sie«, rief sie. »Ich brauche Ihre Hilfe, ich sitze nun auf dieser Insel fest. Könnten Sie mich vielleicht mit ihrem Boot zur richtigen Insel bringen? Sie besitzen doch ein Boot, oder?«

      Er drehte sich um und kam wieder ein Stück näher.

      »Meinen Sie im ernst, dass ich bei diesem Wetter mit dem Boot fahre? Ich bin doch nicht lebensmüde.«

      »Wo ist dieser Sturm? Es regnet doch nur.«

      »Davon haben Sie natürlich wenig Ahnung. Von Zeichen der Natur verstehen Sie sicher gar nichts. Gehen Sie mir einfach nach.«

      Virginie blieb die Luft weg. Was bildete sich dieser unrasierte Unhold nur ein? Doch sie hatte keine Wahl, sie musste ihm folgen.

      o

      Virginie war drauf und dran nicht mehr weiterzugehen, aber dann tauchte auf einer Lichtung ein großes Holzhaus auf, das zwischen hohen Bäumen stand und mit der Natur eins zu sein schien. Die Landschaftsarchitektin in Virginie war angenehm überrascht.

      Auch das Innere des Hauses strahlte Wärme aus und dann war noch etwas, das Virginie nicht definieren konnte. Waren es der Frieden und die Harmonie, die hier herrschten? Was hatte sie erwartet? Eine Höhle?

      »Wie jedes Jahr, wird der Sturm bestenfalls ein paar Tage dauern, also machen Sie es sich gemütlich. Das Bad ist ein Stockwerk höher und suchen sie sich eines der Zimmer aus.«

      Virginie fuhr herum.

      »Wie meinen Sie das? Der Sturm kann doch nicht so lange andauern? Ich kann nicht hierbleiben und außerdem habe nicht das Gefühl, dass wir uns verstehen … also nicht das wir dies müssten, aber ich werde erwartet. Wie ist übrigens ihr Name?«

      »Ich besaß einmal einen sprechenden Vogel, doch er schwatzte nur halb so viel wie Sie. Allerdings sehen Sie hübscher aus.« Er kam näher. »Wir haben bestimmt amüsante Tage.«

      Virginie verstummte abrupt. Hatte sie eben richtig gehört?

      »Sie sind unglaublich direkt und Ihr Benehmen lässt zu wünschen übrig. Ich werde weder lange hierbleiben, noch werden Sie mit mir angenehme und schon gar nicht amüsante Tage haben. Würden Sie mir nun endlich Antwort auf meine Frage geben.«

      Er lachte und seine dunklen Augen blitzen schelmisch.

      »Wie Sie schon sagten, Sie sitzen auf der Insel fest …«, er streckte ihr die Hand entgegen, »ich bin Luc Landier, Innenarchitekt. Hoffe, ich habe Ihre Fragen korrekt beantwortet.«

      Virginie starrte ihn an. Das konnte doch nicht wahr sein.

      »Sind Sie, der Luc Landier?«

      Landier war einer der bekanntesten Innenarchitekten und er galt als exzentrischer Sonderling.

      »Wie es scheint, kennen Sie mich bereits.«

      »Einschlägige Journale verraten viele Geheimnisse. Sp sehen Sie also in Wirklichkeit aus, ganz anders als in den Zeitungen. Nun, da wir die üblichen Begrüßungsformalitäten absolviert haben, würde ich jetzt gerne meine nasse Kleidung ausziehen.«

      Er zeigte zur Treppe.

      »Bitte Madame, wenn Sie mich brauchen, ein Hilferuf genügt.«

      Sein Grinsen war unverschämt, aber gleichzeitig magnetisch und während Virginie sich in dem Zimmer ihrer Kleidung entledigte, hatte sie den sinnlichen Mund und die blitzenden Augen dieses unhöflichen Wilden in ihre Gedanken.

      o

      Der angekündete Sturm heulte nun tatsächlich um das Haus und der Himmel schien alle Schleusen geöffnet zu haben, denn es regnete nicht mehr, es schüttete. Virginie warf ihr Handy auf den Tisch. Es machte keinen Sinn mehr unermüdlich die Tasten zu drücken, es kam einfach keine Verbindung zustande, sie war hier auf der Insel gefangen. Langsam kleidete sie sich an und ging wieder hinunter, um nach etwas Essbarem zu fragen.

      »Sind Sie immer so?« Luc musterte sie wieder, während er Gläser aus einem Schrank nahm.

      »Was meinen Sie?«

      »Sie sehen aus, als ob sie für eine Fotosession zurechtgemacht sind. Auch in ihrem durchnässtem Outfit wirkten Sie verkrampft und angespannt. Nur Ihre Bluse ließ reizende Einblicke zu.«

      »Jetzt