verbringe ich bei meiner Freundin Jutta auf einer Gästeliege.
7. Kapitel
Er bringt mich immer wieder dazu, Dinge zu sagen und zu tun, die ich weder sagen noch tun will. Ich kann den dicken Mann auf dem Sofa nicht länger ertragen! Er hockt vor der Glotze, trinkt Bier, knabbert Kartoffelchips und schimpft wie ein Rohrspatz. Die Fußballer rennen ihm zu langsam.
»Die sind eine Schande für Deutschland. Mein Gott, mein Gott, wie kann man auch nur so langsam rennen.«
Er schlägt mit der Faust auf die Sofakissen ein. »Die sollen mal ein bisschen Ehrgeiz zeigen, die Trantüten. Für das viele Geld, das die bekommen, will ich Leistung sehen. Leistung!!«
Er befeuchtet seinen Zeigefinger an der Zunge und pickt damit die letzten Krümel aus der Kartoffelchipstüte. Dem Tütenrascheln folgt ein befriedigtes Schmatzen, das mich zur Weißglut bringt. Genau so hat seine Mutter immer die Chips gegessen.
»Dafür können die ihren Arsch doch schneller bewegen. Mein Gott, mein Gott, was sind das doch für Trantüten …«
Er hat die Schleife an seiner Zugbandtrainingshose doppelt gebunden. Direkt in der Höhe seines Bauchnabels, der sich wie bei einer Hochschwangeren nach außen wölbt. Gleich macht es plopp und das Ding springt raus, befürchte ich.
»Hol mal eine neue«, sagt mein Mann und streckt mir die leere Knistertüte zu.
»Und noch ein Bier«, befiehlt Harald, der immer noch bei uns weilt, weil seine Frau ihn nicht mehr zurückhaben will.
»Es ist keines mehr in der Kühle, Harald«, sage ich.
»Hast vergessen, nachzufüllen, Margitchen«, sagt Harald gönnerhaft. »Kann ja mal vorkommen.«
»Dann geh in den Keller, Frau!«, befiehlt mein Mann.
»Bewege deinen Hintern gefälligst selbst, Winfried. Und nenn mich um des Himmels Willen nicht immer Frau, du kleines fettes Arschloch.«
Mein Mann reißt seinen Kopf in die Höhe und röhrt wie ein angeschossener Hirsch. »Du meine Güte Frau, was ist denn bloß in dich gefahren?«
Harald hält seine Hand an sein rechtes Ohr, spreizt die Finger.
»Was hat sie gesagt, Winnie?«
»Sie hat kleines fettes Arschloch zu mir gesagt«, keucht mein Mann.
»Wie meine Alte«, rülpst Harald. »Die Weiber sind doch alle gleich.«
»Niveau gibt es nicht in blauen Schachteln, Harald.« Mein Mann zieht die Augenbrauen nach oben.
»Sind wir heute mal wieder aufsässig, Frau?«
Ich verlasse hoch erhobenen Hauptes das Schlachtfeld, verstaue nur die allernotwendigsten Dinge in unserer Reisetasche und verlasse fluchtartig das Haus. Ich sehe die plattgedrückten Nasen von Harald und Winfried an unserem Küchenfenster, als ich in unser Auto steige. »Nichts wie weg von hier!«
Diese Nacht verbringe ich wieder bei Jutta auf dem Klappbett.
»Manche halten fünf Jahre durch, andere 30«, meint Jutta beim Frühstück. »Wer kann, steigt aus!«
»Hm.«
»Wie willst du das überleben, Margit, ohne deine Gesundheit zu opfern?«
»Ich werde mit unserem Pfarrer darüber reden, Jutta.«
»Mit dem, der den Stuss von ‚Ertraget einander in Liebe und Geduld’, geschwafelt hat? Der Pseudosaubermann, der Spielregeln für ein Spiel aufstellt, bei dem er gar nicht mitspielen darf?«
»Versündige dich nicht, Jutta!«
Jutta macht eine wegwerfende Handbewegung. »Du weißt, was ich von diesen Schwätzern halte, Margit. Die predigen Wasser und trinken Wein.«
»Jutta!«
»Was glaubst du, wie oft dein Herr Pfarrer in der Zeit deiner Ehejahre seine Haushälterin gewechselt hat?«
»Hm.«
»Ich kann’s dir sagen, Margit, nämlich exakt neun Mal. Bei dem will keine bleiben, Margit!«
»Woher …?«
»Der Hausmeister der St. Peter und Paul Kirche ist ein ehemaliger Schulkamerad meines Bruders. Er war lange in der Klinik. In der Psychiatrie, Margit. Weil der Pfaffe ihm tagtäglich die Hölle heiß gemacht hat. Er ist ein Grabscher. Kein Arsch kann sich vor ihm retten.«
»Aber Jutta!«
»Ist doch wahr, verflixt und zugenäht, hast du denn keine Zeitungen gelesen in letzter Zeit, Margit?«
»Jutta, bitte.«
»Diese verfluchten heuchlerischen Kinderschänder!«
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