durch Lehnsverträge mit der »Krone Böhmen« verband, brachte Kazimierz III. das Herzogtum Masowien, litauische Fürstentümer und Teile des Fürstentums Halicz-Wolhynien (Wladimir, Chełm und Bełz, Podolien) unter seine »Krone Polen«. Administrative Maßnahmen mit klar zentralistischer Absicht verstärkten diese Politik: So setzte Kazimierz in den Provinzen des Reichs Starosten ein, denen die Organisation der Verwaltung unterstand. Mit dem Krakauer Groschen wurde eine Einheitswährung geschaffen (nach böhmischem Vorbild), die ebenfalls daraufhin angelegt war, Einheitlichkeit herzustellen. Demselben Zweck diente die Herausbildung einer Beamtenschaft und die Modernisierung der königlichen Kanzlei als der administrativen Schaltzentrale des Reichs. Wenn Kazimierz aber das Gros der Beamten aus seinem »Stammland« Kleinpolen rekrutierte, zeigte sich daran auch, dass die Vereinheitlichung des Reichs auf zentralistischen Vorstellungen mit einer regionalen Machtbasis beruhte. Dennoch ist das Bemühen des Monarchen zu erkennen, solche Instrumente seiner Herrschaft zu etablieren, die partikulare Interessen überstiegen. An erster Stelle ist dabei die Kodifikation der Gesetze zu nennen. Es war ein ständiges und überall anzutreffendes Problem der mittelalterlichen Rechtspraxis, dass die landrechtlichen Bestimmungen nur verstreut und ungeordnet zur Verfügung standen. Der Qualität der Rechtsprechung, auch was die Länge der Verfahren anging, war dies extrem abträglich. Maßnahmen zur Kodifikation, die neben der Zusammenstellung auch eine Abgleichung der Rechtsnormen mit sich brachte, sollten dem abhelfen. Mit den Statuta Casimiri von 1347 wollte Kazimierz ein Gesetzeswerk zur Verfügung stellen, das mit dem Entwurf der Majestas Carolina Karls IV. von 1355 verglichen werden kann. Während Karl sein Kodifikationswerk nicht durchsetzen konnte, brachte Kazimierz seine Sammlung auf den Weg – allerdings mit dem Abstrich, doch regionale Besonderheiten der alten polnischen Kernlandschaften Groß- und Kleinpolens berücksichtigen zu müssen.
Ein Bündel von Motiven stand hinter der Gründung der ersten Universität Polens 1364, gestiftet von Kazimierz dem Großen und bestätigt von Papst Urban V. Man kann die Einrichtung dieses Studium Generale ebenfalls als einen Ausfluss zentralistischer Politik sehen, als dessen (eines) Ergebnis die Heranbildung eines juristisch geschulten Hof- und Verwaltungspersonals klar vorgegeben war. Aber darin erschöpft sich dieser Akt nicht. Der polnische König orientierte sich beim Aufbau der Universität an dem Modell, das Bologna vorgegeben hatte. Damit war verbunden, dass die Studenten den Rektor wählten, und dass die Jurisprudenz eine überragende Stellung erhalten würde. In der Tat sah der Einrichtungsplan drei Lehrstühle für Kirchenrecht und noch einmal drei für Zivilrecht vor; mit dem im folgenden Jahr geplanten Ausbau um weitere zwei zivilrechtliche Lehrstühle wären es dann fünf Professoren gewesen, die sich mit dem Römischen Recht befasst hätten. Diese europaweit außergewöhnliche Konzentration von juristischer Ausbildung hätte der Universität Krakau nicht nur eine Sonderstellung in diesem Feld verschafft, sondern auch genügend Distanz zur unmittelbaren Vorgängergründung in Prag verschafft. Die dort von Karl IV. 1348 ins Leben gerufene Universität besaß einen klaren Schwerpunkt in der Theologie und orientierte sich am Modell der Universität Paris. Mit der Bestimmung, dass der Kanzler der königlichen Kanzlei die akademischen Prüfungen zu bestätigen hatte, nicht der (für gewöhnlich zuständige) Ortsbischof, setzte Kazimierz einen weiteren Akzent auf den Typus einer staatstragenden Einrichtung.
Die Voraussetzungen waren gut: Nicht nur, dass hinter der Gründung der Hochschule ein starker Herrscher stand; die Stadt Krakau selbst war als Zentrum auf einem international bedeutenden Handelsweg zwischen den deutschen Ländern und der Levante bzw. weiter in Richtung Moskau sehr wohl geeignet, den nötigen urbanen Rahmen für eine solche Einrichtung abzugeben. Krakau war die Hauptstadt des wiedervereinigten polnischen Königreichs und damit das Machtzentrum schlechthin. Hinzu kommt, dass es Kazimierz der Große geschafft hatte, mit einem Gesuch an den Papst die Problematik der zur Fahrt ins Ausland gezwungenen Scholaren aus Polen deutlich zu machen; damit war die (neben dem Kaiser) wichtigste mittelalterliche Zentralgewalt als Stütze für das neue Studium generale gewonnen. Allerdings, und das bedeutete einen gravierenden Mangel, hatte die Bestätigung durch Papst Urban V. die Errichtung einer theologischen Fakultät ausdrücklich ausgeschlossen. Mag sein, dass es dieser Prestigeverlust im Bereich der drei Höheren Fakultäten (Theologie, Recht, Medizin) war, mag sein, dass die Universitätsgründung relativ am Herrschafts- und Lebensende des Königs nicht mehr fest genug etabliert werden konnte: jedenfalls ist die erste Phase der Krakauer Universität keine Erfolgsgeschichte. Wir kennen kaum Tätigkeiten von Professoren, und an Abschlüssen sehen wir lediglich vier Bakkalare im Grundstudium der Artes Liberales. Magisterpromotionen wurde keine einzige durchgeführt, von Doktorpromotionen ganz zu schweigen. Der Unterricht erfolgte im königlichen Schloss und in der Krakauer Nebenstadt Kazimierz – was auch bedeutete, dass man über kein eigenes Gebäude verfügte. Die Universität Krakau als Bildungseinrichtung, die für ganz Ostmitteleuropa von Gewicht war, ist ein Phänomen erst aus jagiellonischer Zeit – mit dem Aufbau einer eigenen theologischen Fakultät 1397 und einer regelrechten Neugründung im Jahr 1400. Dennoch verdient festgehalten zu werden, dass die Gründung durch König Kazimierz III. seinem Staat die erste und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts einzige polnische Volluniversität beschert hat, und dass mit dem Stiftungszweck der Juristenausbildung ein grundlegendes Erfordernis für eine »moderne« Monarchie erkannt wurde.
Dem Faktor der Modernisierung diente auch die unter Kazimierz III. vorangetriebene Binnenkolonisation. Es geht um die Wirkung der deutschrechtlichen Siedlungen, die als Motoren für die Entwicklung von Wirtschaft und Handel längst evident geworden waren. Die Wiedervereinigung Polens und die Rolle Kleinpolens in diesem Prozess legten den Grundstein für die Weiterführung der Stadtgründungswelle des 13. Jahrhunderts. Damals war vor allem Schlesien der Profiteur gewesen, das inzwischen die polenweit größte Bevölkerungsdichte aufwies und zur wirtschaftlich bestentwickelten Region Polens avanciert war. Einen analogen Aufschwung erfuhr in der Regierungszeit Kazimierz’ nun Kleinpolen. In den Jahrzehnten von 1315 bis 1370 wurden 74 Städte mit deutschem Recht ausgestattet (»Lokation«), darunter allein 63 in der Zeit Kazimierz’ des Großen. Praktisch alle städtischen Siedlungen in Kleinpolen waren deutschrechtlich organisiert, d. h. sie verfügten über Privilegien gegenüber dem Umland, hatten eine städtische Verfassung mit Rat und Bürgermeister, besaßen Verteidigungsanlagen wie Stadtmauern und genossen eine mehr oder weniger große administrative Autonomie. Kleinpolen profitierte davon, dass hier der unmittelbar präsente König, nicht etwa der Adel, die Rechtsprechung und die Verwaltung dominierte. Auch die Zahl der Städte für sich genommen stieg an: Man beobachtet im 14. Jahrhundert die Herausbildung eines Städtenetzes, bei dem die Entfernung von Stadt zu Stadt etwa 30 km betrug. Kleinpolen verwandelte sich damit zu einer typischen »Kulturlandschaft« des europäischen Mittelalters – was den Gesamtbestand der Krone angeht, eher ein Ausnahmefall. Zwar begegnen auch in den anderen Teilen der Monarchie, einschließlich der Gebiete im frisch erworbenen Rotreußen, Maßnahmen der Siedlungsintensivierung und der Einsatz des deutschen Rechts (Ius Theutonicum). Doch sind die Unterschiede unübersehbar, und sie werden für die Folgezeit relevant bleiben.
Zukunftsweisend wurde die Monarchie Kazimierz’ des Großen und seines Vorgängers auch noch in einer anderen Hinsicht. Die Restauration des Königtums in Polen schuf eine der Grundlagen, auf der sich die »jagiellonische Transformation Polens« (KLAUS ZERNACK) abspielen konnte. Der machtpolitische Aufstieg des Staates zu einer europäischen Großmacht mit imperialen Zügen ist undenkbar ohne die strukturellen Wandlungen in der späten Piastenzeit. Der andere Eckstein, auf dem das spätere jagiellonische Staatswesen beruhen sollte, war die Koalition mit Litauen. Dort hatte sich im 14. Jahrhundert eine machtpolitische Revolution ereignet, als Litauen in die westlichen Gebiete der von den Mongolen eroberten Kiewer Rus’ vorstieß. Der Ostexpansion Polens korrespondierte also eine nicht weniger erfolgreiche Ostexpansion Litauens – und eine Wende in der Großregion Ostmitteleuropa bahnte sich an, als beide expandierenden Staatswesen entdeckten, dass sie durch das Vorgehen gegen gemeinsame Feinde ihre Macht steigern konnten. Das erste Exempel stellte die Pommerellen-Frage. Władysław łokietek wollte sie im Anschluss an seine Krönung 1320 lösen und verband sich zu diesem Zweck im Jahr 1324 mit Litauen. Machtpolitisch war dieser Schachzug leicht nachvollziehbar, denn Litauen war ein Gegner des Deutschordensstaats, der sich Pommerellen – das Gebiet um die Weichselmündung – einverleibt hatte. Symbolisch und ideologisch barg diese Koalition zwischen Polen und Litauen jedoch ein Risikopotenzial: war Litauen doch (noch) nicht christianisiert, galt also als »heidnisches