Wiebke Wanning

„MENSCH BLEIBEN“ bis ans Lebensende


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und super liebe, zufriedene und verständnisvolle Angehörige. Auch bin ich einer Heimleiterin begegnet, die mit so viel Kraft, Herzblut und Liebe ihr Haus führt, dass sich jeder Bewohner und jeder Angestellte täglich umarmt gefühlt hat, trotz der Alltagsprobleme, die eine große Firma mit sich bringt.

      Ohne all diese Menschen würde es noch schlechter in der Pflege aussehen.

      Diesen Menschen gilt mein größter Respekt!

      Danke für Eure tolle Arbeit und dass ihr mir einen Einblick in die wundervolle Arbeitswelt von euch gegeben habt.

      Jedoch würde ich so sehr gerne die „anderen“, die noch nicht verstanden haben, um was es im Leben geht zum Nachdenken über ihr eigenes Verhalten anregen. Denn in der Pflege gibt es zu viel „anders denkende“ Menschen, und diesen sind die Pflegeempfänger und ihre Kollegen machtlos ausgeliefert.

      Und darum geht es in diesem Buch!

      Besondere Menschen sind meist nicht die,

      die sich dafür halten, sondern eher die,

      die gar nicht wissen, wie einzigartig sie sind!

      Autor unbekannt

      „Nach einem Bericht des Ärzteblattes 2017, sei es besorgniserregend, wie viele Beschäftigte in Pflegeberufen aufgrund ihrer Arbeitsbedingungen in einem schlechten Gesundheitszustand seien.

      Sie hätten nachweislich durchschnittlich 8 Krankheitstage mehr als Arbeitnehmer aus anderen Bereichen und doppelt so viele seelische Erkrankungen.“

      Der ständige zeitliche Stress, die körperliche Beanspruchung, der Schichtdienst (12 Tage durcharbeiten ist keine Seltenheit) und auch manches unsoziale Verhalten von Kollegen/innen, interpersonelle Probleme bis hin zum Mobbing macht auf Dauer etwas mit allen Betroffenen. Es macht schwach, angreifbar und in der Folge krank.

      Ebenso der permanente Umgang mit dem Thema Lebenszeit bzw. Lebensende kann auf Dauer ein Gefühl der Machtlosigkeit hervorrufen und dies trägt auch nicht zu einer gesunden Verfassung bei.

      Natürlich ist mir bewusst, dass jedes Erlebnis viele Betrachtungsmöglichkeiten hat.

      Die Sicht der Heimleitung ist eine andere, als ich es habe und auch die Wahrnehmung einer Kollegin, muss sich nicht mit meiner decken.

      Aber es wäre wünschenswert, dass die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, sich öfter und intensiver weiterbilden. Ein wichtiges Thema sollte zudem die Persönlichkeitsentwicklung sein.

      Sich auf die alten Menschen/ Bewohner/ Patienten einstellen, dass der Pflegeempfänger in seiner Individualität wahrgenommen wird und dass die in diesem Bereich arbeitenden Angestellten sich nicht jedem Druck unterwerfen, auch nicht dem Druck durch Kollegen. Nur als Maschinen durchs Arbeitsleben „rennen“ und ihren Frust an den Kollegen und eigenen Familien auslassen und ... in der Folge vielleicht sogar erkranken.

      Die jungen Menschen, die in der Altenpflege arbeiten möchten, sollten schon mit Beginn der Ausbildung viel mehr mental gestärkt und gecoacht werden.

      Ihre Persönlichkeitsentwicklung muss unterstützt werden, erst dann verstehen sie auch die „Leitbilder“ der Einrichtungen und können diese mittragen.

      Ich habe in den Schulen umwerfende, tolle junge Leute erleben dürfen, große Potentiale mit „richtig Bock und Freude“ auf diese Arbeit, sehr wissbegierig, neugierig und fleißig.

      Aber schon von ihrem 1. Arbeitseinsatz berichteten sie, wie enttäuscht sie sind, weil sie regelrecht ausgebeutet wurden.

      Der Satz: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ ist uralt und sollte für die Pflege, bei der es um Verantwortung für hilfsbedürftige Menschen geht, nicht mehr angewendet werden.

      Gerade in dieser Branche mit enorm hohen emotionalen und psychisch belastenden Bereichen, muss für die Ausbildung ein neues Konzept erarbeitet werden und ein Umdenken erfolgen.

      Natürlich müssen manche unangenehmen Arbeiten erledigt werden, aber welchen Grund gibt es, dies ausschließlich junge Leute im 1. und 2. Lehrjahr erledigen zu lassen.

      Ein Auszubildender im 1. Lehrjahr sollte generell nicht alleine am Pflegeempfänger arbeiten. Das gäbe ihm Sicherheit und die Folge wäre, ein respektvoller Umgang mit dem alten Menschen und eine mit Glück richtig gute Ausbildung.

      In der Ausbildungsverordnung ist dies auch so vorgesehen, aber ich habe kein Haus und keine Einrichtung erlebt, die sich zu 100 % an die Ausbildungsverordnung gehalten hat bzw. es aus personellen Gründen gar nicht konnte.

      Die dafür zuständigen Praxisanleiter, die sich selbst für diese Zusatzausbildung entschieden haben, müssen dieses Engagement in ihren Berufsalltag mit einfließen lassen können. Dies war in keinem Haus in dem ich gearbeitet habe zu 100 % gegeben. Es standen Praxisanleiter-Tage im Dienstplan und dieser hätte somit von seinem normalen Dienst befreit werden müssen, um die Auszubildenden zu neuen Themenfeldern anzuleiten.

      Diese Tage sind aber in den meisten Häusern absolut nichts wert, da die Anleiter unter großem Stress stehen und sich während der Arbeit nicht um ihre Azubis kümmern können.

      Und hinzu kommt außerdem: Wie soll ein Mensch, egal welchen Alters, Verantwortung für (oftmals schwierige) Menschen übernehmen, wenn er selbst noch nicht in seiner Mitte steht.

      Ich habe Auszubildende kennen gelernt, die große Defizite im Umgang mit sich selbst, ihren Mitmenschen oder sogar rassistische Züge hatten.

      All diese Problematiken müssen während der Ausbildung aus dem Weg geräumt werden. Natürlich kann man jetzt behaupten, die Azubis sind junge Erwachsene, die müssten reif genug sein! Nein, die meisten waren es nicht und speziell die sozialen Defizite müssen geschult werden!

      Dies darf nicht sein und funktioniert auch nicht, wie an meinen Erlebnissen zu lesen ist.

      Ich versuche für alle diese Geschehnisse eine Möglichkeit der Veränderung dieser Zustände anzuregen und die Möglichkeit deren Umsetzung.

      Es gab sehr viele Erlebnisse, die mich schwer erschrocken haben und da die Anzahl dieser von der Pflege abhängigen Menschen in den kommenden Jahren stark anwachsen wird, muss sich jetzt etwas ändern.

      „Artikel 1 des Grundgesetzes besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.

      Auch im Pflegebereich herrscht Einigkeit darüber, dass die Würde älterer Menschen ganz besonders zu achten und zu schützen ist.

      Auf Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung fand in den Jahren 2003 – 2005 der „Runde Tisch Pflege“ statt. Von über 200 Experten wurde die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen zu stärken und ihre Lebenssituation zu verbessern erarbeitet.

      Die acht Artikel der Pflege-Charta

      Art. 1 Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe

      Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können.

      Art. 2 Körperliche und seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit.

      ...das Recht vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden.

      Art. 3 Privatheit

      ...das Recht auf Wahrung und Schutz seiner Privat- und Intimsphäre.

      Art. 4 Pflege, Betreuung, Behandlung

      ...das