und das heute-journal noch immer als objektive Medien wahrgenommen werden. Doch wie Prof. Max Otte zu Recht feststellt – die Welt von 2020 ist nicht mehr die Welt von vor 30 Jahren. Inzwischen besteht das Führungspersonal supranationaler Organisationen aus linken Ideologen, die wiederum von supereichen globalen Konsortien finanziert werden. Den offenkundigen Widersinn derartiger Allianzen zu durchschauen und darin dennoch eine gewisse Logik zu erkennen, das erfordert ein tiefer gehendes Verständnis. Zunächst sollte man wissen, dass der mächtigste Verbund global agierender Firmen, das Weltwirtschaftsforum (WEF), mit der UNO einen strategischen Vertrag zur Finanzierung der UN-Agenda 2030 geschlossen hat. Das Kuriose: Die UN wird vom linken Ideologen António Guterres geleitet, und der WEF ist längst keine private Stiftung mehr mit dem lapidaren Missionsziel, »den Zustand der Welt zu verbessern«.
»Das typische Mitgliedsunternehmen ist ein globales Unternehmen mit einem Umsatz von über 5 Mrd. US-Dollar, wobei dies je nach Branche und Region variieren kann. Außerdem zählen die meisten dieser Unternehmen zu den wichtigsten Unternehmen ihrer Branche und/oder ihres Landes und spielen bei der Zukunftsgestaltung ihrer Branche und/oder Region eine wichtige Rolle. Seit 2005 bezahlt jedes Mitgliedsunternehmen eine Basis-Jahresmitgliedsgebühr von 42 500 Schweizer Franken (CHF) und eine Gebühr von 18 000 CHF für die Teilnahme seines Präsidenten am Jahrestreffen in Davos. Industrie- und strategische Partner bezahlen jeweils 250 000 CHF und 500 000 CHF, um maßgeblich an den Initiativen des Forums mitzuwirken.« 34
Etwas Kleingeld ist also schon vonnöten, sofern man die schöne, neue Welt mitgestalten will. Ein Teil der Kritiker dieses Prozesses behauptet, die neue Ordnung wird eine radikal sozialistische sein. Andere warnen hingegen vor einem globalen Raubtierkapitalismus – möglicherweise haben beide Seiten recht. Verfolgt man die jährlichen Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos und schaut sich das willfährige Verhalten der eingeladenen Politiker an, könnte man auf die Idee kommen, wer die globale Politik tatsächlich bestimmt. Politiker sind es eher nicht. Der Gründer des WEF, Klaus Schwab, macht überhaupt keinen Hehl daraus, wie er sich eine schöne, neue Welt vorstellt. Den großen globalen Systemwechsel sehnt das WEF schon länger herbei, wie das Motto des Jahrestreffens von 2019 verrät: »Globalisierung 4.0 – Gestaltung einer globalen Architektur im Zeitalter der vierten industriellen Revolution«. Zweifellos sind es die großen E-Commerce-Unternehmen sowie die Pharmaindustrie, die mit riesigen Gewinnen aus der Coronakrise hervorgehen werden. Wie ich am Ende dieses Buches noch ausführen werde, gibt es trotz aller Widersinnigkeit der Allianzen zwischen Kapitalisten, Kulturmarxisten und technikgläubigen Transhumanisten dennoch einen gemeinsamen Nenner. Im Weltbild der Globalisten gilt Nietzsches Leitsatz: Gott-ist-tot. Nur die säkulare Hybris eines seelisch entwurzelten Menschen macht neuzeitliche Allmachtfantasien möglich. Man negiert fundamentale Bedürfnisse der menschlichen Psyche, will den Tod besiegen, den Menschen auf eine neue evolutionäre Stufe heben, Viren kontrollieren und das Weltklima verändern.
Kalifornische Ideologie
Um die kuriose Melange aus kapitalistischer Gewinnabsicht gepaart mit sozialistischer Gutmenschenattitüde zu verstehen, muss man in die 1960er- und 1970er-Jahre der USA zurückgehen. Tiefenpsychologisch ist eine Ideologie der Eier legenden Wollmilchsau keineswegs widersinnig, und vermutlich gibt es keinen besseren Ort, an dem diese Ideologie zur Blüte gelangen konnte, als in Kalifornien. Warum sollte man den amerikanischen Traum nicht leben, persönlich reich werden und sich gleichzeitig gut dabei fühlen, weil man nebenbei auch noch die Welt verbessert? Die »Kalifornische Ideologie« ist demnach fast identisch mit dem US-amerikanischen Mainstream. Seit jeher zählt hier die Bejahung der freien Märkte, und schon immer gab es ein tiefes Misstrauen gegen den Staat. Zudem ist Kalifornien das Eldorado freiheitsliebender Individualisten, die sich gegen die Konventionen der alten Welt gestellt haben. Die klassische Aufspaltung in »böse Kapitalisten« und »gute Sozialisten« hat es im Westen der USA nie gegeben. Sowohl linke wie rechte Kräfte schauten skeptisch auf einen zu starken Staat, und beide Seiten eint ein liberaler Grundgedanke.
»Dieser neue Glaube entwickelte sich aus einer seltsamen Verschmelzung der kulturellen Boheme aus San Francisco mit den High-Tech-Industrien von Silicon Valley. Von Zeitschriften, Büchern, Fernsehprogrammen, Websites, News-Groups und Netzkonferenzen unterstützt, verbindet die kalifornische Ideologie klammheimlich den frei schwebenden Geist der Hippies mit dem unternehmerischen Antrieb der Yuppies. Diese Verschmelzung der Gegensätze wurde durch einen tief reichenden Glauben an das emanzipatorische Potenzial der neuen Informationstechnologien bewirkt. In der digitalen Utopie wird jeder gut drauf und reich sein. Diese optimistische Vision wurde, keineswegs überraschend, begeistert von Computer-Enthusiasten, faulen Studenten, innovativen Kapitalisten, sozialen Aktivisten, modischen Akademien, futuristischen Bürokraten und opportunistischen Bürokraten überall in den Vereinigten Staaten angenommen. Wie immer beeilten sich die Europäer, den letzten Schrei von Amerika nachzuahmen. […] Wer hätte gedacht, dass eine solch widersprüchliche Mischung aus technologischem Determinismus und liberalem Individualismus zur hybriden Orthodoxie des Informationszeitalters würde? Und wer hätte vermutet, dass es mit der zunehmenden Verehrung der Technologie immer weniger möglich würde, irgendetwas Sinnvolles über die Gesellschaft zu sagen, in der sie eingesetzt wird? […] Die kalifornische Ideologie spiegelt daher gleichzeitig die Disziplin der Marktökonomie und die Freiheiten des künstlerischen Hippietums wider. Diese bizarre Mischung wurde nur durch einen fast universellen Glauben an den technologischen Determinismus möglich. Seit den 60er-Jahren haben die Liberalen – im gesellschaftlichen Sinne des Begriffs – darauf gehofft, dass die neuen Informationstechnologien ihre Ideale verwirklichen würden.« 35
Um die kalifornische Ideologie zu verstehen, muss man bedenken, dass sowohl linke als auch rechte Liberale in der Revolution der medialen Vernetzung per se ein Instrument der Freiheit gesehen haben. Man glaubte fest daran, dass neue Software, Apps und Gadgets die Welt automatisch freier, gerechter und besser machen würden. Wie radikal sich dabei gleichzeitig die Möglichkeiten von Kontrolle und Unterdrückung einstellen würden, sah man hingegen kaum. Dabei ist der »reiche Hippie« im Grunde Sinnbild für einen Typus des linken Abspalters, den ich bereits weiter oben beschrieben habe. Sozialistische Ideale der Gleichheit verkommen zur Attitüde.
»Apple-Gründer Steve Jobs trat stets bescheiden im schwarzen Rolli auf, hörte Bob Dylan, hatte einen Sommer im Ashram verbracht, baute gleichzeitig eine Weltfirma auf, ließ in Shenzhen bei Foxconn unter miserablen Arbeitsbedingungen produzieren, beutete staatlich finanzierte Forschungsergebnisse aus und vermied mit allerlei Tricks, Steuern zu zahlen. Somit kann er als Personifizierung des Amalgams zwischen Kalifornischen Hippies und Rand’schen Techno-Unternehmerpersönlichkeit gelten. Hippies, die in Privatjets kommen: Hier kommen sie alle einmal im Jahr zusammen, die Alt-Hippies aus der ›Bay Area‹ und die CEOs aus dem Silicon Valley: Das in der Wüste von Nevada stattfindende ›Burning Man Festival‹ ist eine aus der Zeit gefallene Reminiszenz an das Kalifornien der Blumenkinder-Zeit. Ideale von Nachhaltigkeit, Selbstverwirklichung, freier Liebe, Gesetzlosigkeit und alternativer Ökonomie werden durch eine logistische Maschinerie als Illusion aufrechterhalten. Tatsächlich erinnert das Festival im Wüstensand an eine Mad-Max-Dystopie: Die CO2-Bilanz ist katastrophal, die Besucher kommen in Privatjets, die Zugriffsmöglichkeiten der Polizei sind umfassend, und das Publikum ist alles andere als divers. Und doch wird etwa Googles Motto ›Don’t Be Evil!‹, der Versuch, Menschheitsaufgaben zu lösen und die Welt mit ›guten Produkten‹ zu beglücken, nur vor dem Hintergrund von ›Whole Earth Catalog‹ und ›Burning Man‹ verständlich: Tue Gutes mit gutem Karma und guten Tools und verdiene dabei einen Haufen Geld: That’s the spirit!« 36
Kennzeichnend für die Kalifornische Ideologie sind die Hybris und die Arroganz, zu einer Elite zu gehören, die nicht nur einfach reich werden will, sondern der die Mission zukommt, die ganze Welt zu verbessern. Machbarkeitswahn, Technikgläubigkeit und Paternalismus gehen fatale Verbindungen ein. Der Größenwahn einer Pseudoelite wird ohne sittliche und ethische Reife jedoch brandgefährlich, wenn es zu einer monströsen Massierung von Kapital kommt. Völlig im mechanistischem Denken und technischem Machbarkeitswahn gefangen, kommen Silicon-Valley-Milliardäre dann schon mal auf die Idee, das Genom von sieben Milliarden Menschen