meinem Leben entdeckt und wie sie meine Geschichte auf wundersame Art und Weise gestaltet. Je mehr ich mein eigenes Leben verfolge und aufschreibe, desto deutlicher wird das. Gott selbst ist der große Geschichtenschreiber – der mich ins Schreiben meiner Lebensgeschichte mit hineinnimmt. In der Bibel macht er nichts anderes. Mit einzelnen Menschen schreibt er Geschichte, welche Auswirkungen für den engen Bekanntenkreis, für ein ganzes Volk und letztendlich für die ganze Welt hat. Gott schreibt Weltgeschichte, und du und ich sind Teil davon. Ja, wir dürfen diese sogar mitgestalten. Was für ein Privileg!
Je tiefer ich das erkenne, desto mehr liebe ich es, den großen Geschichtenschreiber in den kleinen und unscheinbaren Dingen zu entdecken und mir so meinen Alltag wertvoll zu machen.
Beim Schreiben vor ein paar Tagen tauchte beispielsweise die Frage in mir auf, für was ich Sportwissenschaften studiert hatte. Auslöser war die E-Mail einer ehemaligen Mitstudentin. Sie arbeitete mittlerweile in der Sportbranche, wie viele andere Mitstudenten auch. Ich selbst konnte mir damals nicht so richtig vorstellen, im Sportsektor zu arbeiten und machte mich auf die Suche, wie es weitergehen könnte. Über „Umwege“ bin ich an die Evangelische Missionsschule Unterweissach gekommen und mache nun eine Ausbildung zum Jugendreferenten.
Es wird also noch ein paar Jahre länger dauern, bis ich arbeite, mehr als mir lieb ist. Wieso hatte sich der Verlauf meiner Geschichte so drastisch geändert, und wo wird sie nun hinführen? So kam es, dass ich in meinem Tagebuch meinen Gefühlen nachging.
Immer wieder erinnert Gott mich daran, dass es einfach unsinnig ist, meine Geschichte mit anderen zu vergleichen. In den meisten Fällen scheinen die anderen besser abzuschneiden, und ich bin mal wieder entmutigt und stelle Gottes Wege in Frage. In solchen Momenten hilft es mir immer wieder, mich daran zu erinnern, dass wir schon einige Kapitel Lebensgeschichte geschrieben haben. Mal ging ich aus Angst, einen falschen Weg einzuschlagen, keinen Schritt weiter. An einem anderen Punkt ging ich ein Risiko ein und stellte im Nachhinein fest, dass Gott meine Wege irgendwie doch vorbereitet hatte. So ist das mit den Geschichten – man kann meistens nur erahnen, wo es hingehen könnte.
Das begeistert mich an Lebensgeschichten, und deshalb würde ich auch gerne deine Geschichte hören. Egal wo du stehst, was du erlebt oder (noch nicht) erreicht hast … deine Geschichte lohnt sich, gehört zu werden. Und solange der große Geschichtenschreiber noch am Schreiben ist, wird deine Geschichte weitergehen.
Wenn du dir schon mal überlegt hast, Tagebuch zu schreiben, dann möchte ich dich dazu ermutigen, damit anzufangen. Es ist egal, ob du das jeden Tag machst, einmal die Woche oder einmal im Monat. Falls du nicht so gerne schreibst, verfasse ein Audio, mache eine Bilderkollage etc. Wie du Gottes Wege mit dir reflektierst, ist dir überlassen, es wird sich auf jeden Fall lohnen.
Ich will dich dazu ermutigen, die kleinen und oft unbedeutenden Geschichten deines Alltags wahrzunehmen, denn in diesen wirst du den Autor deiner persönlichen Geschichte entdecken. Ja, du wirst Gottes Handschrift in deinem Leben mehr und mehr erkennen.
Emmanuel Kyeremeh | Jg. 1995 | ledig | Weissach im Tal | Schüler (Evang.
Missionsschule Unterweissach)
Freiheit für andere
Ende Juni 2014 erreichte mich eine ganz und gar unerwartete Nachricht, bei der ich nicht anders konnte, als ein paar stille Tränen zu verdrücken: „Die vietnamesische Gewerkschafterin Do Thi Minh-Hanh ist freigelassen worden!“ Für solche viel zu seltenen Momente arbeiten wir bei Parlamentarier schützen Parlamentarier und im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag. Und ich war mitbeteiligt, dass es dazu kommen konnte. Was für ein überwältigendes Gefühl! Doch der Reihe nach.
Der Einsatz für Gefangene gehört bereits jahrzehntelang zu meinem Leben. Bis ich Bundestagsabgeordneter wurde, habe ich mich dabei weder als Politiker noch als Aktivist gefühlt. Es hatte sich einfach so ergeben. Meine Eltern hatten mich schon in ziemlich jungen Jahren auf ihre Reisen hinter den „Eisernen Vorhang“ nach Rumänien oder in die DDR mitgenommen. Natürlich lernte ich dort Leute in meinem Alter kennen. Als unser Freund Manni von der Securitate verhaftet und ins Gefängnis geworfen wurde, ging ich mit auf eine Demonstration vor der rumänischen Botschaft in Köln, auf der wir seine Freilassung forderten. Dass wir uns für ihn einsetzten, ermutigte wiederum eine ganze Reihe Mitglieder in Mannis Gemeinde, die Prozesse gegen Christen zu besuchen. Leise betend saßen sie fortan hinten im Gerichtssaal. Das war gelebte Solidarität. Viele der Angeklagten wurden durch diese Unterstützung ermutigt. Mich hat das beeindruckt. Oft sind es die kleinen, scheinbar unbedeutenden Gesten, die anderen Menschen in bedrängten Situationen Kraft geben. Dafür reicht es zu signalisieren: Du bist nicht allein, ich bin für dich da. Denn für einen Gefangenen beginnt Freiheit, wenn er weiß: Ich bin zwar weggesperrt, aber nicht vergessen.
Anfang der 1980er-Jahre hatte ich einen Brieffreund in der DDR. Lange und schon gar allzu offene Briefe verboten sich von selbst, weil wir wussten, dass alle Briefwechsel zwischen West und Ost kontrolliert wurden. Die Stasi las sozusagen mit. Aber alleine der Kontakt an sich war wertvoll. Er schlug für uns beide eine Brücke in das jeweils so ganz andere Deutschland.
Manchmal erfordert der Einsatz für Menschen in schwierigen Situationen Mut, aber im Großen und Ganzen hat es mich nicht viel gekostet. Mir scheint es so, dass wir uns viel zu oft abschrecken lassen, weil wir unsere Möglichkeiten für zu klein halten. Oder wir warten vergeblich auf die Gelegenheit zu der einen ganz großen Aktion. Dabei ist das Wichtigste nach meinem Dafürhalten, dass wir einfach nur die kleinen Chancen ergreifen, die sich uns auf unserem Weg bieten. Nicht Strohfeuer, sondern Glut, kein kurzfristiger Aktionismus, sondern Kontinuität – wenn ihr versteht, was ich meine.
Beruflich hatte ich lange Zeit mit Mathematik oder Technik geliebäugelt, aber ich entschied mich schließlich für ein Studium der Sozialarbeit. Über das Café der Heilsarmee in Freiburg führte mich mein Weg zwölf Jahre in die „Heilse“ nach Chemnitz. Von Anfang an habe ich mich für die Vorgänge im Stadtteil interessiert und mich eingemischt, wenn ich die Chance sah, dass etwas besser werden könnte. Mir war gar nicht bewusst, dass das schon als „politisch“ angesehen werden kann. Irgendwann trat ich in die CDU ein, weil ich spürte, dass mein Engagement dadurch möglicherweise wirkungsvoller werden könnte. Kurz darauf entschied ich mich, für den Bundestag zu kandidieren. Eigentlich ein aussichtsloses Unterfangen. Dass ein völliger Newcomer überhaupt von der Basis nominiert wird, ist die absolute Ausnahme. Und ich habe es tatsächlich geschafft, das Direktmandat für meine Partei in Chemnitz zurückzugewinnen. All das kommt einem Wunder gleich.
Als Bundestagsabgeordneter habe ich nun eine ganze Reihe von Möglichkeiten, für die Freiheit von Gefangenen zu kämpfen. Das sehe ich als Privileg und als Verpflichtung zugleich. Der öffentliche Einsatz von uns Parlamentariern hat für die vietnamesische Gewerkschafterin MinhHanh einen Unterschied gemacht.
Als Mitglieder des Menschenrechtsausschusses bekommen wir regelmäßig Informationen zu politischen Gefangenen. Immer wieder kommt es auch zu Besuchen von deren Freunden oder Angehörigen im Deutschen Bundestag, wo die Besucher uns Abgeordneten die jeweilige Lage der Betroffenen schildern.
Anfang 2014 wendete sich die Menschenrechtsorganisation VETO! an uns. Sie bat um einen Gesprächstermin mit Abgeordneten für die Mutter von Frau Minh-Hanh und gab uns in einem Brief folgende Hintergrundinformationen: Frau Do Thi Minh-Hanh, geb. 1985, ist Buchhalterin in der vietnamesischen Provinz Lam Dong. Schon im jungen Alter von 16 Jahren engagiert sie sich für die „Opfer der sozialen Ungerechtigkeit“, die sich gegen die unrechtmäßige Beschlagnahmung ihrer Grundstücke und Häuser wehrten. Später tritt sie in das Komitee zum
Schutz der Arbeiter in Vietnam ein. Nach einem von ihr mitorganisierten Streik in einer Schuhfabrik in der südvietnamesischen Provinz Tra Vinh wird sie Anfang 2010 verhaftet und im Oktober wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Rechtsbeistand zu sieben Jahren Haft verurteilt. Sie wird im Gefängnis mehrmals gefoltert und brutal misshandelt, nur weil sie kein Geständnis ablegen will. Der Haftort