erneut. Keiner wollte den anderen vorbeilassen.
„Max wird den Dad der beiden verhinderten Indianapolis-Sieger verständigen“, sagte Milo, nachdem er mit dem Field Office telefoniert hatte.
Ein drittes Mal berührten sich beide Fahrzeuge. Um ein Haar wäre der Porsche aus der Bahn geraten. Er schrammte über den Grünstreifen in der Mitte der Interstate – nur Zentimeter an der Leitplanke entfernt.
Ein Truck fuhr auf der rechten Fahrbahn seine gemächlichen 50 Meilen in der Stunde. Aus Sicht der beiden Sportwagen, die fast die dreifache Geschwindigkeit draufhatten, näherte sich der Zwanzigtonner wie rasend.
Der Ferrari versuchte daraufhin, an seinem Porsche-Konkurrenten vorbei zu kommen, ehe die Entfernung zum Truck zu gering wurde und der Zwanzigtonner ihn ausbremste.
Aber der Porsche ließ sich nicht überholen. Das Beschleunigungsvermögen beider Fahrzeuge war in etwa gleich.
Beide erreichten in weniger als dreieinhalb Sekunden ihre Höchstumdrehung.
Im letzten Moment riss der Ferrari-Fahrer das Lenkrad herum und überholte den Truck links.
Eine ganze Wagenlänge verlor er dadurch auf den Porsche, der auf der linken Spur ungehindert voranrasen konnte. Als der Ferrari den Truck hinter sich gelassen hatte und wieder auf die linke Spur eingeschwenkt war, beschleunigte er auf die Höchstgeschwindigkeit.
Er kam an den Porsche wieder heran, doch bevor der Ferrari links zu überholen vermochte, schnitt ihm der Porsche den Weg ab.
Die beiden Richtersöhne wollten offenbar wirklich um jeden Preis verhindern, dass der Ferrari sich ihnen vor die Nase setzte. Die Fahrzeuge touchierten sich mehrmals hintereinander. Der Porsche geriet aus der Bahn, schleuderte herum. Das Heck brach aus, schrammte gegen die Mittelleitplanke. Der Ferrari geriet ebenfalls ins Schleudern. Ein Reifen platzte. Flammen schlugen empor. Mit dem Heck nach vorne blieb der Ferrari auf der Bahn liegen.
Wir hatten inzwischen mit dem Sportwagen den Zwanzigtonner längst hinter uns gelassen. Jetzt musste ich den beiden Fahrzeugen ausweichen und eine Art Slalom zwischen ihnen hindurchfahren.
„Überlassen wir sie den Kollegen der Highway Patrol“, schlug ich vor.
Milo atmete tief durch und verfolgte im Rückspiegel an seiner Seite, was weiter geschah.
Die beiden Insassen des Ferrari stiegen aus und rannten zum Straßenrand. Der Zwanzigtonner näherte sich hupend und bremste quietschend. Aber zwanzig Tonnen ließen sich nicht einfach so stoppen. Er rutschte in den Ferrari hinein, schob ihn ein Stück vor sich her und kam dann erst zum stehen.
„Falls die Interstate 80 jetzt wegen Bergungsarbeiten in westliche Richtung gesperrt werden muss, dürfte das unsere Position im Rennen nur zu Gute kommen.“
„Milo!“, sagte ich tadelnd. „Bedenke, dass wir an diesem Rennen nur mit einem ganz klar umrissenen Auftrag teilnehmen – und nicht, um den anderen Teilnehmern zu zeigen, was eine Harke ist!“
„Und wer rast dann durch Pennsylvania, als wäre der Teufel hinter ihm her?“
Ich hob die Augenbrauen. „Es ist andersherum, Milo.“
„Wie soll ich das jetzt verstehen?“
„Nicht der Teufel ist hinter uns her, sondern wir vielleicht hinter dem Teufel.“
Milo begriff. „Du sprichst von diesem 911 Turbo-Fahrer mit grauen Schläfen, den die Kollegen der Highway Patrol bei Cleveland kontrolliert haben!“
„Genau“, nickte ich. „Stell dir vor, er ist es doch.“
„Dann bedeutet das, dass er verdammt gut im Rennen liegt...“
„...und uns durch die Lappen geht, wenn wir nicht etwas schneller sind“, ergänzte ich.
Milo schüttelte energisch den Kopf. Er fuhr sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht. „Das Statement der Kollegen war doch eindeutig. Er war es einfach nicht, Jesse! Das ist eine fixe Idee von dir!“
„Vielleicht. Aber wenn nicht und dieser Robert Dawn geht uns am Ende durch die Lappen, dann könnte ich mir das nie verzeihen. Ein Killer wie der gehört einfach hinter Schloss und Riegel.“
Und damit ließ ich den Wagen noch etwas anziehen. Notfalls konnten wir den Kollegen ja unsere Dienstausweise zeigen, wenn man uns deswegen ins Visier nahm.
15
Unsere Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina befanden sich in Alexander Jason Clements Penthouse. Die Durchsuchung der Wohnung des Opfers gehörte in jedem Mordfall zu den Standard-Prozeduren. Unterstützt wurden Clive und Orry dabei von unseren Erkennungsdienstlern Sam Folder und Mell Horster.
Außerdem war noch Jay Naismith dabei, ein Computerspezialist der Scientific Research Division, dem regulären Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeieinheiten. Naismith hatte die Aufgabe, sich den Rechner vorzunehmen, der sich in Clements Penthouse befand.
„Was die moderne Telekommunikation angeht, hatte Mister Clement wirklich das Beste vom Besten“, lobte Naismith. „Allerdings hat er denselben Fehler gemacht wie die meisten!“
„Welchen?“, fragte Clive.
„Ein Passwort genommen, dass so einfach herauszufinden ist, dass der Begriff ‚knacken’ schon gar nicht mehr richtig passt. Zweiter Vorname und Geburtsdatum – das ist nun wirklich nicht sehr originell!“
„Hauptsache, Sie sind im System drin, Jay“, erwiderte Clive etwas gereizt.
Da die Telefonanlage über den Computer lief, ließ sich die Anrufliste normalerweise über ein paar Klicks mit Hilfe des Browsers anwählen.
Aber nachdem Naismith die ausgeführt hatte, seufzte er.
„Leider Fehlanzeige!“, murmelte er. „Clement war sehr vorsichtig. Entweder, er hat seine Festnetzanlage nie benutzt oder er hat die Anrufliste jedes Mal sorgfältig gelöscht, was durchaus möglich ist. Aber das finde ich heraus.“
„Wenn er wirklich so vorsichtig war, dann dürfte er Prepaid-Handys für die wirklich wichtigen Gespräche benutzt haben“, war Orry überzeugt.
Bei der Leiche war ein Handy gefunden worden. Aber das untersuchten gerade die Spezialisten der Scientific Research Division, wobei das Ergebnis wahrscheinlich etwas länger auf sich warten ließ.
Eine Kugel hatte das Gerät nämlich zertrümmert und es war fraglich, ob man die Daten noch lesen konnte.
Clives Handy klingelte.
Der zweite Mann im FBI Field Office