dass Milo hinter ihm her war. Der Mann mit der Baseball-Kappe riss den Arm hoch... Etwas Dunkles hielt er in der Rechten. Eine Maschinenpistole vom Typ Uzi.
Der Flüchtende ließ die Waffe einfach losknattern. Ein Kugelhagel von zwanzig bis dreißig Geschossen pfiff über die Autodächer. Viele der Fahrer bemerkten überhaupt nicht, was los war.
Milo duckte sich.
Hinter ihm gingen einige Fensterscheiben zu Bruch.
Der Mann mit der Baseballmütze versuchte, seinen Weg fortzusetzen und auch die zweite Hälfte der Straße hinter sich bringen. Jemand hupte. Bremsen quietschten. Der Flüchtende wich wieder zurück auf den Grünstreifen. Milo rannte indessen los. Ein Geländewagen verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Ein Lastwagen fuhr Zentimeter vor seinen Füßen her und ließ ihn wieder einen Schritt zurückweichen. Als der Lastwagen davongefahren war, sah Milo, dass sein Gegner mitten auf der Fahrbahn stand. Er richtete die MPi direkt auf die Windschutzscheibe eines Mercedes. Der Mercedes bremste. Der Fahrer - ein Mann in hellblauem Pilotenhemd und dunkelroter Krawatte - war bleich vor Schrecken. Es gab ein dumpfes Geräusch. Hinter dem Mercedes gab es einen kleineren Auffahrunfall. Jemand hupte.
Der Flüchtende umrundete die Motorhaube des Mercedes, versuchte die Beifahrertür aufzureißen. Die Zentralverrieglung verhinderte das. Mit dem Magazin der Uzi schlug er die Seitenscheibe ein. Der erschrockene Mercedesfahrer löste die Verriegelung. Die Tür wurde aufgerissen...
In diesem Moment hatte Milo den Grünstreifen erreicht.
"Waffe fallenlassen! FBI!", brüllte Milo und versuchte, den Straßenlärm zu übertönen.
Es war riskant, was Milo versuchte. Aber es nicht zu versuchen, konnte genauso verhängnisvoll sein. Schließlich musste er versuchen, eine Geiselnahme zu verhindern.
Der Kerl mit der Uzi riss seine Waffe hoch.
Die MPi knatterte erneut los, aber die Kugeln gingen in den den stahlgrauen Himmel über Queens.
Milos Schuss war in der Geräuschkulisse beinahe untergegangen. Seine Kugel traf den Mann mit der Baseballmütze an der Schulter. Die Wucht des Geschosses riss ihn nach hinten. Der Lauf seiner Uzi wurde emporgerissen. Der Mann taumelte zurück, prallte gegen das Heck eines vorbeifahrenden Pkw, ehe er hart zu Boden kam. Milo machte ein paar Sätze nach vorn. Er sprang auf die Kühlerhaube des Mercedes.
Mit beide Händen packte er die P226.
Er richtete die Waffe nach unten.
Dem Mann mit der Baseballmütze war die Waffe aus der Hand geschleudert worden. Er hielt sich die Schulter und blickte auf.
"Das Spiel ist aus", sagte Milo.
54
Von irgendwoher schrillten die Polizeisirenen. Ich sah Milo auf der Kühlerhaube des Mercedes stehen, als ich es gerade bis zum Grünstreifen geschafft hatte.
"Alles in Ordnung?", rief ich.
"Es hätte schlimmer kommen können!", war Milos Erwiderung.
Milo sprang von dem Mercedes herunter. Ich eilte hinzu.
Inzwischen war ein heilloser Stau entstanden. Mindestens für die nächste halbe Stunde würde hier nichts vor oder zurück gehen.
Ich hob die Uzi vom Boden auf.
Der Verletzte ächzte.
Milo hielt das Handy in der Linken, um den Notarzt herbeizurufen.
Ich durchsuchte den Mann indessen. Eine Kleinkaliberpistole nahm ich ihm ab.
Endlich hatten wir zwei Männer gefasst, die vermutlich in direkter Verbindung zu jenen Wahnsinnigen standen, die noch immer einen Behälter mit Pest-Erregern in ihrer Gewalt hatten.
Aber ob uns das etwas nützen würde, musste sich erst noch zeigen.
Fanatiker hatten die unangenehme Eigenschaft, für eventuelle Angebote von Seiten der Staatsanwaltschaft wenig empfänglich zu sein. Und ich fürchtete, dass auch unsere erfahrensten Vernehmungsspezialisten bei diesen Männern auf Granit beißen würden...
55
Es herrschte Halbdunkel. Der schwere Geruch von Räucherstäbchen erfüllte den Raum. Auf dem Boden waren Kerzen. Ihre Lichter flackerten in der leichten Zugluft der Belüftungsanlage.
Die Kerzen waren in einer ganz bestimmten Weise angeordnet.
Sie bildeten drei Kreuze.
Drei Kreuze aus Licht.
Alle Anwesenden trugen weiße Gewänder. Ein dumpfer Singsang erfüllte den schmucklosen Raum. Der innere Kreis der Anwesenden saß um die Kerzen herum mit überkreuzten Beinen auf dem Boden. Die Männer und Frauen, die den äußeren Kreis bildeten standen in Dreiergruppen beieinander.
Josiah Morgan saß auf einem erhöhten Podest.
Er hatte die Hände gefaltet und die Augen geschlossen.
Der selbsternannte Prophet schien in äußerster Konzentration begriffen zu sein. Sein Gesicht wirkte angespannt.
Dann öffneten sich plötzlich seine Augen.
Er hob die Hände.
Der Singsang verstummte augenblicklich. Die leicht entrückt