Walter G. Pfaus

Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis


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ungefähr seine Position. Milo hatte es bestimmt auch gesehen.

      Ich lief in geduckter Haltung, die SIG in der Rechten.

      In einer der engen Gassen zwischen Regalwänden stellte ich ihn. Er kauerte am Boden, atmete schwer. Zunächst bemerkte er mich gar nicht. Sein Blick war in die entgegengesetzte Richtung gewandt. Milo tauchte auf, richtete die SIG auf ihn.

      Er wollte das Sturmgewehr empor reißen. Aber mit einer Hand war das ziemlich schwierig. Die andere Hand presste der Verletzte auf seine Wunde. Das Blut rann ihm dabei zwischen den Fingern hindurch.

      Ich stürzte von hinten auf ihn zu.

      Als er mich bemerkte, war es zu spät für ihn.

      Ich bog mit der Linken seinen Waffenarm zur Seite.

      Ein Schuss löste sich, riss ein faustgroßes Loch in eine der Spanplatten hinein, aus denen die Regalwände bestanden.

      Meine SIG setzte ich ihm an die Schläfe.

      Er erstarrte.

      "Das Spiel ist endgültig aus", stellte ich klar. "Ich bin Special Agent Jesse Trevellian vom FBI Field Office New York. Du bist hiermit verhaftet. Und sobald ich die Hände frei habe, zeige ich dir sogar meine ID-Card."

      Er ließ das Sturmgewehr los.

      Ich ließ es in Milos Richtung über den Boden rutschen. Mein Kollege nahm es an sich, während ich den Killer mit meinen Handschellen fesselte. Trotz der Verletzung, die der Kerl davongetragen hatte, war das offenbar nötig. Milo hatte das Handy am Ohr und sorgte dafür, dass sich auch eine Rettungseinheit des Emergency Service auf den Weg hier her machte. Die Wunde sah ich mir kurz an. Ein glatter Durchschuss durch den Schulterbereich. Keine unmittelbare Lebensgefahr.

      Ich durchsuchte ihn so gut es ging.

      In der Knietasche seiner überweiten Cargo-Hosen befand sich ein Führerschein, der längst abgelaufen war. Aber das Foto passte zu dem Mann. Er hieß Allan Tucoma, war gerade einundzwanzig Jahre alt. Außerdem trug er noch ein Prepaid-Handy bei sich. Ich hoffte nur, dass er noch nicht dazu gekommen war, seine Leute zu rufen.

      "Du bist ziemlich jung für einen Killer", stellte ich fest.

      "Du kannst mich mal!"

      "Bevor du noch irgendetwas sagst, solltest du wissen, dass alles, was du von nun an äußerst, vor Gericht gegen dich verwendet werden kann. Außerdem hast du das Recht auf einen Anwalt. Sofern..."

      "Scheiß drauf! Das Theater kannst du dir sparen!"

      "Um so besser."

      Er sah erst Milo und dann mich einige Augenblicke lang an. "Ihr seid wirklich G-men?"

      Milo hielt ihm die ID-Card unter die Nase.

      "Sieht die vielleicht gefälscht aus?"

      Allan Tucoma runzelte die Stirn. "Ich dachte..."

      "Was dachtest du?", hakte ich sofort nach.

      "Ich dachte, diese Scheiß-Itaker hätten euch geschickt!"

      "Wegen der Sache mit Scarlatti?"

      Er biss sich auf die Lippe. "Ich sage keinen Ton mehr, bis ich nicht einen Anwalt gesprochen habe!"

      "Könnte sein, dass deine Aussage dann viel weniger wert ist!", stellte Milo klar. "Du hast versucht, zwei FBI-Agenten zu ermorden. Das ist ein schweres Verbrechen. Bei dem Prozess, der dir bevorsteht, wirst du das Wohlwollen des Staatsanwaltes dringend brauchen!"

      Allan Tucoma lachte heiser. "Ach, ja?" Er verzog schmerzverzerrt das Gesicht.

      "Was weißt du über den Mord an Scarlatti?", fragte Milo.

      "Einen Dreck weiß ich! Ihr Arschlöcher wollt mir doch nur was anhängen! Das kenne ich schon!"

      Milo ließ nicht locker.

      "Willst du die Schuld allein auf dich nehmen? Du hast doch nicht aus eigenem Antrieb auf uns geschossen. Wer hat dir gesagt, dass du uns umlegen sollst?"

      Ich erhob mich, steckte die SIG ein.

      Draußen fuhr ein Wagen vor.

      Ich fragte mich, ob das die Kollegen waren. Allerdings hatte ich keine Sirenen gehört. Das machte mich stutzig.

      Milo sah mich an.

      Er hatte denselben Gedanken.

      "Unterhalte dich ruhig noch ein bisschen mit ihm", meinte ich an meinen Kollegen gewandt. "Ich sehe mal nach, was da los ist!"

      "Ihr seid schon so gut wie tot, ihr Wichser!", ächzte der Gefangene.

      Ich rannte zum Hintereingang.

      Ein offener Geländewagen war vorgefahren. Vier mit Sturmgewehren und MPis Bewaffnete saßen darin. Sie trugen Sturmhauben, die nur die Augen freiließen. Ansonsten ähnelten sie in ihrer Kleidung dem jungen Mann, den wir festgenommen hatten.

      Einer von ihnen riss sofort seine MPi hoch, feuerte in meine Richtung. Ich zuckte zurück in sichere Deckung. Rings um die Tür wurde die Außenwand derweil mit Einschusslöchern übersät.

      Der Geschosshagel verebbte. Ich konnte hören, wie die Maskierten vom Wagen sprangen. Offenbar gingen sie in Stellung.

      Ich hoffte, dass in Kürze unsere Kollegen auftauchten, um diesen Alptraum zu beenden.

      Einige Augenblicke lang herrschte Stille.

      "Hier spricht das FBI!", rief ich. "Wir haben euren Kumpel Allan Tucoma hier bei uns! Er ist verhaftet! Wenn ihr uns angreift, könnte er auch etwas abbekommen. Außerdem befinden sich unsere Leute auf dem Weg hier her! Sie müssten jeden Augenblick eintreffen..."

      Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

      Sie kam in Form einer Gasgranate.

      Der eiförmige Gegenstand flog durch die offenstehende Tür, prallte gegen eines der Regale und rollte dann über den Boden. Ein gelbes Gas quoll heraus.

      Ich stürzte aus meiner Deckung hervor, um die Gasgranate zurück ins Freie zu kicken.

      Aber ein wahrer Geschosshagel ließ mich sofort zurückzucken.

      Die Projektile zerfetzten das Regal regelrecht.

      Der gelbe Rauch biss in den Augen.

      Ich rannte zu Milo und dem Gefangenen.

      "Die wollen uns wohl ausräuchern!", meinte mein Freund und Kollege grimmig. Er überprüfte die Ladung des Sturmgewehrs, das wir Allan Tucoma abgenommen hatten. Eigentlich war das gegen jede Vorschrift, denn dieses Gewehr stellte ein wichtiges Beweisstück dar. Aber jetzt ging es für uns erst einmal darum, unsere Haut zu retten.

      "Wir müssen hier weg!", stellte ich fest.

      Das gelbe Reizgas breitete sich immer weiter aus.

      Wir halfen dem Gefangenen auf die Beine. "Deine Freunde scheinen nicht viel Rücksicht auf dich zu nehmen, Allan", sagte Milo.

      "Die werden euch Bastarde zur Stecke bringen!", fauchte er.

      Wir nahmen Allan in die Mitte, stützten ihn und machten uns auf den Weg.

      "Hey wo wollt ihr denn hin?", ächzte Allan. "Vielleicht gibst du uns ja einen kleinen Tipp", erwiderte ich. "Schließlich kennst du dich ja hier besser aus!"

      "Leckt mich doch!"

      Die Schwaden aus gelbem Reizgas wurden immer dichter, erfüllten bereits einen Großteil des Raums. Und obwohl das Gas uns noch gar nicht richtig erreicht hatte, tränten uns bereits die Augen.

      Wir erreichten eine Tür. Sie war verschlossen. Ich nahm die SIG und feuerte. Mein gezielter Schuss ließ das Schloss aufspringen. Milo riss die Tür auf. Ein breiter Korridor lag vor uns. Rechts und links befanden sich Räume, die vermutlich mal als Büros gedient hatten. Die Türen waren ausgehängt. Eine graue Ratte huschte