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Werden wir auf dem Mars leben?


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sind jedoch Einstellungen eben dieser Bevölkerung und deren politische Verdrossenheit. Rund zwei Drittel der Wähler in Österreich sind nach Wahlforschungsdaten der Meinung, dass Parteien – egal welche – nicht ihre Anliegen vertreten, sondern bloß Eigeninteressen. Die Unzufriedenheit mit Regierung und Opposition ist oft gleichermaßen groß. Das Vertrauen in öffentliche Institutionen und demokratische Prozesse sinkt. Bis zu knapp 40 Prozent befürworten sogar unter bestimmten Umständen die Rückkehr eines „starken Mannes“.

      Hinzu kommt der Faktor, dass Medien – Stichwörter: „Fake News“ und „Lügenpresse“ – an Glaubwürdigkeit verlieren, weil einerseits radikale Populisten das bewusst forcieren; andererseits fehlt oft die Mediennutzungskompetenz, um die Seriosität von Quellen eigenständig und kritisch beurteilen zu können. Diese Umstände in Verbindung mit Defiziten in der politischen Bildungsarbeit verhindern, dass antidemokratische Absichten speziell in „sozialen Medien“ und generell im Internet sich inhaltlich selbst disqualifizieren. Die Ausgangsthese des virtuellen Netzes als freien Diskussionsraum, wo die Mehrheitsmeinung extremistische Minderheitsmeinungen ins Abseits stellt – ohne dass es dafür besonderer Regularien bedarf –, hat sich nicht bewahrheitet.

      Harmloser klingend und dennoch gefährlich sind politische Enttäuschungen im Alltag, beispielsweise als Unverständnis gegenüber langwierigen Verhandlungsund Entscheidungsprozessen der Politik und einer komplexen Verwaltung. Dies führt ebenfalls zu Rufen nach autoritären und totalitären Strukturen. Begünstigt wird ein solches Stimmungsklima durch die Beschleunigung des Lebens in der modernen Kommunikationsgesellschaft. All das gefährdet Demokratien nicht unbedingt in ihrem Bestand – sie verlieren jedoch eindeutig an Qualität.

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      Überlebt die EU?

       // ULRIKE GUÉROT

      Die kurze Antwort ist: Nein, zumindest nicht in ihrer bisherigen Form. Die etwas differenzierte Antwort wäre zu sagen: Die EU stirbt oder ist vielleicht schon tot, aber so viel Europa wie heute war noch nie. Vielleicht befinden wir uns in einem Prozess der „schöpferischen Zerstörung“, wie der österreichische Ökonom Franz-Josef Schumpeter das nannte: den Wechsel von einer Epoche zur nächsten.

      Von der Banken- zur Eurokrise, von der Spar- zur Flüchtlingspolitik, vom Brexit zum nächsten Showdown der griechischen Schuldenkrise: Seit Jahren kommt die EU aus dem Krisenmodus nicht heraus. Die fünf Szenarien zur Zukunft der EU, die Jean-Claude Juncker Anfang März 2017 der europäischen Öffentlichkeit vorgestellt hat, wirken schal und abgestanden, noch bevor sie ernsthaft breit und intensiv diskutiert worden wären. Kein Wunder, denn z. B. ein „Weiter so mit der EU“ (Szenario Nummer 1) ist wirklich nicht prickelnd. Das alles ist schlimm genug, ist doch die EU, ist der Euro immer noch unserer größter Garant für Sicherheit und Freiheit, Demokratie und Prosperität auf dem Kontinent, europäische Krise hin oder her. Dass mit nationalistischen und populistischen Parolen irgendwas besser würde, vermag niemand ernsthaft zu behaupten. Was also tun angesichts des fortgeschrittenen Darbens der EU? Europa neu denken – und genau das passiert!

      Es ist tatsächlich interessant, wie schnell sich Stimmungen und Situationen drehen. Noch zu Jahresende 2016 hätten viele wohl keinen Pfifferling mehr auf Europa gegeben. Norbert Hofer war in der Hofburg knapp verhindert worden, in Ungarn und Polen wurden sehendes Auges Demokratie-Abbau betrieben, ohne dass die EU irgendwie aktiv einschreiten konnte. Sorge ging um bezüglich rechtspopulistischer Voten in den Niederlanden und vor allem in Frankreich. Die griechisch-italienische Bankenkrise schwelte. Dazu die auswärtigen Bedrohungen: ISIS, Syrien, Putin, Russland, Türkei, eine mutlose EU umzingelt gleichsam von einem „ring of fire“, einem Ring autoritärer Versuchung. Und dann kamen Schlag auf Schlag der „#;pulseofeurope“, eine Schlappe für Geert Wilders in den Niederlanden und der Wahlsieg Emmanuel Macrons in Frankreich.

      Und plötzlich ist ein eindeutiger Stimmungswandel mit Blick auf Europa spürbar. Wo die Briten den 100 Milliarden entgegenzittern, die der Brexit kosten könnte, scheint der europäische Kontinent auf seine Füße zu fallen. Macron, kaum gewählt, wartete mit energischen Vorschlägen zu einer parlamentarischen Neubegründung der Eurozone auf – und, siehe da, er erfuhr unverhofft mehr Zustimmung als man noch vor kurzem hätte vermuten dürfen. Gleichzeitig ist bereits in der Latenz eine neue deutsch-französische Dynamik für Europa – vor allem in zwei Politikfeldern, nämlich in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik und in der Europolitik – erkennbar, die den Weg zu einer europäischen Emanzipation bahnen könnte. Und wem hat die EU das zu verdanken? Unter anderem Donald Trump und seinem unflätigem Benehmen auf dem G-7-Treffen im Frühjahr 2017.

      So langsam wird Vielen in Europa klar, dass der einstige „Westen“ bald der Vergangenheit angehören könnte. Europa könne sich auf niemanden mehr richtig verlassen, so verließ Angela Merkel ungewohnt scharf verlauten. Das sind neue Töne – und sie könnten Europa guttun. Europa, nicht der EU, wohlgemerkt, denn hier geht es um mehr. Es geht nicht mehr um differenzierte Integration im Bereich der Elektromobilität, Glühbirnen oder Ölkännchen. Sondern es geht darum, ob Europa sich in den Kernthemen, die Frieden, Freiheit und Wohlstand betreffen, neu sortieren kann. Und es scheint zumindest so, als mache Europa sich in seiner tiefsten Krise auf den Weg zu einer neuen, tieferen Form der Einigung, auf die man schon fast nicht mehr zu hoffen gewagt hatte: ein europäischer Finanzminister, eventuell gemeinsame deutsch-französische Anleihen (die schon öffentlich diskutiert werden!), ein Investitionsplan für die Eurozone und eine Aufstockung der Finanzkapazität. In Berlin hat man verstanden, dass Europa, wie alle guten Dinge, Geld kostet und nicht nur gute Worte. Werden die Schwierigkeiten in der Eurozone tatsächlich überwunden, kommt der deutsch-französische Motor bei Währung und Sicherheit zugleich in Fahrt, dann würde die Erfahrung dafür sprechen, dass die anderen europäischen Länder bald hinterherziehen, wenn das einstige Tandem wieder loszieht. Vor allem die jüngere Erasmus-Generation wartet sehnsüchtig auf eine Neubegründung Europas, mit mehr Bürgernähe, Partizipation und Parlamentarismus.

      Es ist auch höchste Zeit. Die EU ist tief gefallen. Im Jahr 2016 genoss sie nur noch das Vertrauen von rund 47 Prozent aller Europäer. Für ein großes politisches Projekt ist eine derartig niedrige Unterstützung in der Bevölkerung eindeutig zu wenig. Die große Erosion der europäischen Idee hat eindeutig tiefe Spuren hinterlassen. Soll die europäische Idee jenseits der EU gerettet werden, muss das Ruder dringend herumgerissen werden, müssen jetzt klare und ehrgeizige Ziele verfolgt werden. In Europa brodelt es. Mit ein bisschen Glück kann das Brodeln tatsächlich umgemünzt werden in einen europäischen Aufbruch!

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