A. F. Morland

Killer sind auch nur Mörder: 7 Strand Krimis


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      „Sie hatten eine italienische Mutter?“, fragte Aldrich.

      „Ja, Sir.“

      Aldrich schüttelte seufzend den Kopf. „Ich bewundere sie. Die italienischen Mütter, meine ich. Sie sind tüchtig, fabelhafte Köchinnen, sie sind treu und loyal, ihr Familiensinn ist nicht zu übertreffen. Und doch züchten sie statt guter Bürger den Abschaum der Menschheit heran – Leute wie Sie, Mafiosi und Gangster, die zu einer Plage unseres Landes geworden sind.“

      „Ich glaube nicht, dass es an den Müttern liegt, Sir“, sagte Roberto.

      Raymond Aldrich löste sich vom Fenster. Er kam langsam auf Roberto zu. „Woran sonst? Diese braven Töchter ihres Glaubens sollten doch wissen, welche Explosivität in ihren kleinen Lieblingen steckt. Warum tun sie nichts, um diese schwarze Kraft in die richtigen Kanäle zu lenken?“

      „Es liegt nicht allein an den Müttern. Wollen Sie ihnen vorwerfen, dass sie der Macht der Zärtlichkeit vertrauen?“, fragte Roberto.

      „Ich hatte Sie mir anders vorgestellt.“

      „Nämlich?“

      „Ich weiß nicht genau. Sind Sie wirklich allein gekommen?“

      „Ja.“

      „Wingate muss sich seiner Sache sehr sicher sein.“

      „Das ist er immer.“

      „Sagen Sie ihm, dass er das Geld nicht vor morgen Abend haben kann.“

      Roberto verzog keine Miene. „Sie kennen Wingate“, sagte er. „Er legt Wert auf plausible und vertretbare Begründungen.“

      „Eigentlich wollte ich überhaupt nicht zahlen“, sagte Aldrich. „Warum auch? Niemand garantiert mir, dass sich das Ganze nicht wiederholen wird. Hätte ich gewusst, wozu Cindy fähig ist, wäre ich zurückhaltender gewesen, das dürfen Sie mir glauben. Im Lichte dessen, was Cindy mir angetan hat, kann ich nicht länger bedauern, dass sie auf diese Weise enden musste.“

      „Zahlen Sie zum ersten Male?“ Aldrich runzelte die Augenbrauen. Roberto begriff, dass seine neugierige Frage demaskierenden Charakter hatte und ihn als Nichteingeweihten bloßstellte. Aldrich hob das Kinn. „Sie stellen merkwürdige Fragen.“

      „Ich sollte Ihnen sagen, dass ich auf Ihrer Seite stehe“, meinte Roberto.

      „Was soll dieser dumme Trick?“

      „Ich arbeite nicht für Wingate. Ich arbeite gegen ihn“, erklärte Roberto. „Ich habe mir lediglich erlaubt, seinen Namen als 'Sesam öffne dich' zu benutzen.“

      „Ich verstehe“, höhnte Aldrich. „Sie wollen mir auf den Zahn fühlen.“

      „Ich wiederhole, dass ich nicht von ihm geschickt worden bin.“

      „Woher haben Sie meine Adresse?“ Roberto zog das Kärtchen aus seiner Tasche. Aldrich nahm es entgegen. „Wer hat das geschrieben?“

      „Wingate, vermute ich. Das Kärtchen war für einen Mann namens Louis Black bestimmt.“

      Aldrich wurde blass. „Sagten Sie Louis Black?“

      „Sie wissen, wer er ist?“

      Aldrich gab Roberto das Kärtchen zurück. Er setzte sich, fuhr sich mit einem Finger zwischen Hals und Kragen und meinte leise: „Ich wohne lange genug in dieser Stadt, um gewisse Namen zu kennen. Gute wie schlechte. Black gehört nicht in diese Kategorien. Er hat seine eigenen. Sie sind so schwarz wie sein Name.“

      „Die Karte kann nur eine Bedeutung haben“, meinte Roberto. „Black hatte den Auftrag, Sie zu besuchen.“

      „Ich wage nicht daran zu denken, was dabei herauskommen könnte“, meinte Aldrich. „Wenn Black einen Besuchsort verlässt, pflegt er nicht selten einen Toten zurückzulassen. Sie wissen das, nehme ich an.“

      „Ja, ich weiß es.“

      Aldrich starrte in Robertos Gesicht. „Ich kann nicht ausschließen, dass Ihr Kommen dem Zweck dient, mich einzuschüchtern. Ich soll glauben, dass Black die Sache in die Hand genommen hat. Man will mich damit zur Zahlung animieren.“

      „So umständlich würde Wingate nicht vorgehen, glaube ich“, sagte Roberto.

      „Sie haben recht“, meinte Aldrich und biss sich auf die Unterlippe. Er schwitzte. Die Angst, die sich in seinem Gesicht zeigte, wollte nicht so recht zu seiner stolzen, aristokratischen Erscheinung passen. Roberto zählte zwei und zwei zusammen und kam dabei zu einem überraschenden Ergebnis.

      „Wingate erpresst Sie. Es hängt auf irgendeine Weise mit Cindy zusammen. Sie haben versucht, sich zur Wehr zu setzen. Sie haben sich jemand verkauft und auf Wingate schießen lassen.“

      Aldrich zuckte zusammen. „Was sagen Sie da? Ich bin doch nicht verrückt! Ich wünsche Wingate die Pest und den Tod an den Hals, aber ich würde mir niemals einfallen lassen, ihn zu attackieren. Das wäre Selbstmord. Außerdem verstieße es gegen meine ethischen Prinzipien“, fügte er ziemlich lahm und wenig überzeugend hinzu.

      „Ich habe Black auf Eis gelegt. Ich kann ihm einen Mord nachweisen und dafür sorgen, dass er für immer aus dem Verkehr gezogen wird“, sagte Roberto. „Aber ehe ich das tue, wünsche ich mich des Mannas als Faustpfand zu bedienen. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis. Wenn ich Black vernichte, ist das für Wingate wie der Verlust eines Werkzeuges. Er würde keine Mühe haben, sich ein neues zu beschaffen. Mir geht es nicht um Black, sondern um Wingate.“

      „Ich weiß nicht warum – aber ich fange an, Ihnen zu glauben“, sagte Aldrich langsam und offenkundig über sich selbst verwundert.

      „Das ist gut. Es bringt uns voran. Wir sitzen in einem Boot, nehme ich an“, erwiderte Roberto.

      „Nicht so hastig“, bremste Aldrich den Besucher und wies auf den Sessel, der ihm gegenüberstand. „Setzen Sie sich. Ich kann mit Ihrem Namen nichts anfangen. Wer sind Sie? Für wen arbeiten Sie?“

      Roberto setzte sich. „Es tut mir leid, Ihnen darauf keine präzise Antwort geben zu können. Ich arbeite unter einem Decknamen und habe den Auftrag, Wingates kriminelle Praktiken zu untersuchen und den Mann, der sie verübt, aus dem Verkehr zu ziehen.“

      „Sie sind verrückt“, entfuhr es Aldrich. „Das schafft einer allein nicht!“

      „Ich bin nicht allein.“ Roberto lächelte.

      Aldrich biss sich auf die Unterlippe.

      Er tat das ziemlich häufig und dokumentierte damit, wie ängstlich und entschlossen er war. Dann erklärte er: „Ich muss es wagen. Ich habe nichts zu verlieren. Ich setze auf Sie.“ Er blickte Roberto ins Gesicht. „Ich werde erpresst, stimmt. Von Wingate. Er macht keinen Hehl daraus. Er hat Fotos, die Cindy und mich in sehr eindeutigen Situationen zeigen. Er will dafür einhunderttausend Dollar haben.“

      „Wann hat er das Geld gefordert?“

      „Lange vor Cindys Tod, schon vor vierzehn Tagen“, sagte Aldrich. „Ich habe ihn ausgelacht. Ich bin Witwer, wissen Sie. Natürlich wäre es meinem Image nicht dienlich, wenn Kopien der Bilder in meinen Kreisen auftauchten, aber die Leute würden darüber eher lachen als wirklich schockiert sein. Ich war entschlossen, nicht zu zahlen. Das ist jetzt anders geworden. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, warum.“

      „Ich verstehe“, sagte Roberto, dem plötzlich aufging, welche teuflischen Perspektiven sich Wingate mit Cindys Tod eröffnet hatten. „Wingate will es so aussehen lassen, als wären Sie von Cindy erpresst worden – und als hätte sie deshalb sterben müssen.“

      „Genau“, nickte Aldrich. „Polizisten denken einfach und geradlinig. Cindys Tod wird sie dazu verleiten, den Mann zu verdächtigen, den sie in eine so fatale Situation gebracht hat.“

      „Man kann Ihnen das Verbrechen nicht beweisen“, sagte Roberto.

      „Natürlich