A. F. Morland

Die Großmeister des Mordes: Alfred Bekker präsentiert 12 Strand Krimis


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anderen Mann, der leider nur von hinten zu sehen war.

      "Was hat diese Vonda McDaniels beruflich gemacht?", fragte ich.

      Nat Blake zuckte die Achseln. "Unseren Ermittlungen nach hatte sie Geld genug, aber keinen Job, für den es eine Sozialversicherungsnummer gibt."

      Ich deutete auf den Computerschirm auf dem Schreibtisch.

      "Aber sie verstand offenbar was von Rechnern.."

      "Keine Ahnung..." Bevor ich die Tastatur berühren konnte, reichte Nat Blake mir einen Latex-Handschuh. "Nehmen Sie den hier, sonst kriegen Sie Ärger mit unserer Kollegin..."

      Ich streifte den Handschuh über und aktivierte den Rechner.

      Ich musste ein Passwort eingeben.

      "Haben Sie das Geburtsdatum von Vonda McDaniels?", fragte ich an Nat Blake gewandt.

      "Wieso?"

      "Wenn das nicht passt, brauche ich die Namen und Geburtsdaten von Freunden, Verwandten und Haustieren..."

      Nat Blake sah mich etwas erstaunt an.

      "Wir haben gerade einen Crash-Kurs in Hacker-Kunde hinter uns!", meinte Milo grinsend.

      Mit dem Geburtsdatum kam ich dann tatsächlich in das System.

      "Sieh an", stellte ich kurze Zeit später fest. "Vonda McDaniels hat Elektropost bekommen - aus Russland."

      Der Absender: 'The Virus'.

      Der Inhalt bestand aus ein paar grobkörnigen Bildern in miserabler Qualität, auf denen sich nackte Frauen in einschlägigen Posen räkelten.

      "Sag mal, gibt es eigentlich irgendwelche Hinweise, die dafür sprechen, dass Vonda McDaniels Lesbierin war?", fragte ich an Blake gewandt.

      "Verheiratet war sie nicht, aber ansonsten..." Er schüttelte den Kopf.

      13

      Der metallicfarbene Chrysler schoss die mitten durch den Central Park führende Transverse Road No.2 entlang. Der Mann mit der Baseballkappe saß am Steuer.

      Der Kahlkopf hatte auf dem Beifahrersitz platzgenommen und kaute auf ein paar Erdnüssen herum.

      "Hier ist es gleich!", meinte er kauend.

      Der Mann mit der Baseballkappe trat in die Eisen. Der Chrysler kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Dem Kahlkopf fielen zwei Dutzend Erdnüsse aus der Packung, die er mit der Linken hielt.

      "Mann, pass doch auf, Joss!", schimpfte der Kahlkopf.

      Joss, der Mann mit der Baseballkappe deutete auf einen schmalen Weg, der mitten in den Wald führte. The Rumble hieß dieses Waldstück. Es war mehrere Quadratkilometer groß. Die grüne Lunge des Big Apple. "Hier geht's rein!", meinte er.

      Er trat das Gas voll durch. Der Chrysler vollführte eine scharfe Kurve und fuhr dann in einem halsbrecherischen Tempo den schmalen Weg entlang. Den Stoßdämpfern wurde das Letzte abverlangt.

      Joss stoppte den Wagen erst, als es einfach nicht mehr weiter ging und sie an einen Hang kamen.

      "Aussteigen", sagte Joss. "Die Pflicht ruft."

      "Ich hoffe, wir sind weit genug, dass keiner die Schreie hört."

      "Und ich hoffe, du hast an einen Spaten gedacht, um die Sauerei zu beseitigen..."

      Sie stiegen aus.

      Der Kahlkopf öffnete den Kofferraum. Die Uzi trug er dabei lässig an einem Schultergurt.

      Bruce Levonian war zu einem regelrechten Bündel verschnürt worden. Der Kahlkopf zerrte ihn aus dem Kofferraum, schleuderte ihn zu Boden.

      Ein Ächzen kam aus Levonians blutverschmiertem Mund.

      Joss zündete sich eine Zigarette an.

      Er stand etwas gelangweilt da, steckte den Daumen hinter den Griff der Automatik, die aus seinem Gürtel herausragte.

      "Sorg dafür, dass er wieder zu sich kommt, bevor du mit deinem Programm beginnst!", forderte Joss. "Sonst hat er ja gar nichts davon."

      Der Kahlkopf lachte dreckig und versetzte Bruce Levonian einen furchtbaren Fußtritt. Bruce stöhnte auf, immer noch benommen. Der Kahlkopf beugte sich zu ihm hinunter, schlug ihm ein paarmal ins Gesicht.

      "Hörst du mich, Bruce?", fragte er.

      Bruce' Antwort war unverständlich. Ein lallender Laut, sonst nichts. Er spuckte Blut.

      "Weißt du, womit wir anfangen?", fragte der Kahlkopf und kicherte dabei. "Du kennst doch das Problem. Man darf die Leiche möglichst nicht identifizieren. Anhand der Zähne wird das auch kaum noch möglich sein, wenn ich mit dir fertig bin..." Er kicherte erneut. Dann fuhr er in gedämpftem Tonfall fort: "Bleibt aber immer noch die Sache mit den Fingerprints. Normalerweise tauchen wir die Fingerkuppen immer erst in ein Säurebad, wenn derjenige schon eine Kugel im Kopf hat. Aber auf ausdrücklichen Wunsch von 'The Virus' machen wir das heute mal umgekehrt..."

      Das Lachen im kantigen Gesicht das Kahlkopfs gefror.

      Bruce ließ blitzartig seine Stirn nach vorn schnellen. Er traf den Kahlköpfigen an der Nase. Das Blut schoss ihm heraus. Er schrie auf.

      Es dauerte eine volle Sekunde, ehe er begriff, dass Bruce Levonian während seines Aufenthalts im Kofferraum wohl schon längst zu sich gekommen war. Mochte der Teufel wissen, wie er es geschafft hatte, die Fesseln zu lösen. Seine Hände schnellten vor. Zwei Finger der linken Hand stachen dem Kahlkopf in die Augen. Die Rechte griff nach der Uzi, riss sie dem Kahlkopf von der Schulter.

      Joss griff unterdessen zu seiner Waffe.

      Er hatte sie kaum zur Hälfte herausgezogen, da ließ Bruce bereits die Uzi losknatttern. Ein halbes Dutzend Projektile zerfetzte Joss' Oberkörper, ließ ihn zuckend tanzen wie eine Marionette und dann blutüberströmt zu Boden gehen.

      Langsam erhob sich Bruce.

      Er befreite sich dabei von den letzten Fesseln.

      Der Kahlkopf kauerte am Boden, zitterte.

      Bruce richtete die Waffe auf ihn.

      "Vielleicht hast du recht", murmelte er. "Vielleicht kann man deinem Boss wirklich nicht entkommen... Also machen wir's umgekehrt! Du führst mich zu ihm hin!"

      "Das... das geht nicht!"

      Der Kahlkopf bekam einen Schlag mit dem Lauf der Uzi, dann einen Tritt. Er krümmte sich stöhnend.

      "Ich denke, du bist viel zu schmerzempfindlich, um nicht mit mir zusammenzuarbeiten!", stellte Bruce Levonian mit einem kalten Grinsen fest.

      14

      "Ich habe Kontakt zum Pentagon aufgenommen", erklärte uns Mister McKee später in seinem Dienstzimmer. Unsere Dienstzeit war längst zu Ende. Durch die Scheiben konnte man das blinkende Lichtermeer des nächtlichen New York sehen. Orry unterdrückte ein Gähnen. Clive versuchte sich mit einem Becher Kaffee wieder etwas wacher zu machen.

      Wir sahen Mister McKee gespannt an.

      "Man weiß dort von keinem erfolgreichen Datenangriff", sagte Mister McKee. "Und eine erste Überprüfung hat ergeben, dass ein solcher Angriff auch nicht stattgefunden hat."

      "Das gibt's doch nicht!", entfuhr es Milo.

      "Möglicherweise war der Angriff so geschickt, dass er nicht bemerkt wurde!", meinte ich. "Angenommen, diesem mysteriösen Hacker-König mit dem Pseudonym, 'The Virus' ging es nur darum, die Zugangsdaten zu ermitteln, die er dann meistbietend verkauft hat... Dann musste er doch so vorsichtig wie möglich dabei vorgehen! Denn wenn der Pentagon etwas davon bemerkt, sind die Daten doch nichts mehr wert!"

      "Ich muss Ihnen recht geben, Jesse. Zur Zeit tippen sich dort die EDV-Spezialisten die Finger wund, um alle möglichen Sicherheitslücken