Charley Brindley

Hannibals Elefantenmädchen Buch Eins


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lehnte sich zu mir hin, ihre Augen groß. »Woher kennst du Tendao?«

      »Du hast mir von ihm erzählt.«

      »Ich?« Sie richtete sich auf.

      »Ja, heute, als ich zum ersten Mal hierherkam. Du hast gefragt, woher ich seinen Umhang habe.«

      Sie schaute auf den Umhang, den ich noch immer trug, und lehnte sich auf den Tisch, brachte ihr Gesicht näher zu mir. »Sag mir genau, wie du dazu kamst Tendaos Umhang zu tragen.«

      »Die Soldaten haben gelacht und sich am Fluss über den armen Obolus und mich lustig gemacht, nachdem er seinen Kopf an dem Felsbrocken angeschlagen hat. Ich verstand nicht, was geschehen war, und die Männer machten mir Angst. Ich machte mir Sorgen darüber, was sie mit mir tun würden. Mir war kalt und ich zitterte. Dann spürte ich seinen Umhang meine nackten Schultern berühren. Ich sprang weg, aber dann sah ich, dass es ein nett aussehender, junger Mann war. Er hatte keinen Bart und seine Augen waren von einem weichen Braun, genau wie deine. Er streckte mir den Umhang hin und –«

      Yzebel unterbrach mich. »Wie alt, denkst du, ist er? In Hannibals Alter?«

      »Nein«, sagte ich. »Jünger als Hannibal, aber älter als Jabnet. Ist Tendao Jabnets Bruder?«

      Yzebel antwortete nicht; stattdessen studierte sie ihre Hände, die nun fest ineinander verschränkt waren. Nach einer Weile schluckte sie und blickte starr in die Dunkelheit hinaus.

      Soweit ich wusste, begann mein Leben an diesem Tag. Aber so viel war geschehen: Obolus, der mich rettete; die drohenden Soldaten; der große Mann in der rot-violetten Robe, der einen Turban trug; Tendao; Jabnet; Yzebel; wieder Obolus, dieses Mal lebendig; Tendao, der mir ein zweites Mal half; Lotaz mit ihren vielen Armketten – aber keine schöner als meine; der große Sklave; das Mädchen, das Garn spann – ich war wegen ihr noch immer neugierig; der vergnügte Bostar; die lärmenden Soldaten zur Abendessenszeit; und Hannibal, der gutaussehende Hannibal. Er erinnerte mich an den Fluss, mächtig und tief. Aber der Fluss hat mich beinahe umgebracht, warum verglich ich ihn also damit?

      »Es tut mir leid«, flüsterte ich Yzebel zu. »Ich muss lernen meinen Mund zu halten.«

      »Ja.« Sie nahm meine Hände in ihre. »Tendao war Jabnets Bruder.«

      Ich wollte wissen, was geschehen war, aber ich sah Yzebels Tränen. Nein, ich würde meine Neugier unter Kontrolle halten – fürs Erste.

      »Komm.« Yzebel stand auf, wischte ihre Wange ab. »Es ist spät und wir müssen ein Bett für dich machen.«

      Ein Vollmond schien über die Baumspitzen, erhellte Yzebels Tische in einem silberfarbenen Schimmer. Der Lärm des Lagers erstarb, während sich die Menschen für die Nacht niederließen.

      Das Zelt hatte mehr Platz im Inneren als ich erwartete. Jabnet schlief auf einer Palette neben einem großen Wagenrad im Hinterteil. Ein weiteres Bett lag zur Rechten in der Nähe der Vorderseite.

      Yzebel stellte die Lampe auf eine Holzkiste in der Mitte, öffnete ein Stoffbündel und lud drei Tierhäute ab; jede hatte eine Seite gegerbt und die andere Seite war mit dickem, weißem Fell bedeckt. Sie breitete diese auf dem Boden aus, gegenüber ihrem Bett.

      »Wird das ein gutes Bett für dich sein?«

      Ich nickte und lächelte. Es wäre in der Tat angenehm. Ich dachte, dass es ein weicher und warmer Ort zum Schlafen wäre.

      Yzebel hob etwas anderes auf, das mit den Häuten herausgefallen war – ein Kleid. Sie schüttelte es aus und wich einen halben Schritt zurück. Sie schaute mich an, dann das Kleid. Es war eines ihrer Kleider. Der Saum fiel bis zu ihren nackten Füßen.

      »Hol ein Messer von der Kochstelle«, sagte sie.

      Ich rannte durch die Zeltklappe, schnappte ein Messer und eilte zurück.

      Yzebel hielt das Kleid an meinem Körper hoch. »Halt es bis an deine Schultern hoch, so.«

      Während ich das Kleid hielt, nahm Yzebel das Messer aus meiner Hand. Sie kniete auf der Erde, blickte hoch, um zu sehen, ob ich es noch immer auf die Weise hielt, wie sie angewiesen hatte, begann dann einen breiten Streifen vom unteren Teil abzuschneiden.

      »Als die Priester vor sechs Sommern meinen Ehemann genommen haben«, sagte sie, während sie am Saum arbeitete, »haben sie auch Tendao mitgenommen. Er war nur ein Junge und ich habe ihn seit diesem Tag nicht gesehen. Als du an diesem Morgen zu meinem Zelt kamst, Tendaos Umhang trugst, war ich schockiert.« Sie stutzte den unteren Rand des Kleids zurecht, um das Kleid auszugleichen. »Dann hast du ihn wieder auf der Elefanten Straße gesehen. Jetzt will ich wissen, ob irgendjemand sonst ihn gesehen hat und warum er nicht nach Hause kommt.«

      Sie stand auf, nahm mir das Kleid ab und sagte mir, dass ich den Umhang ausziehen sollte. Ich tat es und legte ihn auf mein Bett, hielt dann meine Arme nach oben, während sie das Kleid über meinen Kopf gleiten ließ.

      Als sie zurücktrat, legte sie ihre Finger an ihre Lippen, versuchte sich davon abzuhalten zu kichern. Ich schaute an mir herunter und begann zu lachen. Jabnet rollte sich in seinem Bett herum, murmelte etwas und legte sich wieder schlafen.

      Die Ärmel kamen über meine Hände herunter und das Gewand hing mehr wie ein Zelt als ein Kleid. Yzebel grinste noch immer, als sie das Stück aufhob, das sie von der Unterseite abgeschnitten hatte. Sie benutzte das Messer, um einen langen Streifen zu schneiden, bedeutete mir dann mich umzudrehen, legte den Stoffstreifen um meine Taille, raffte den ganzen Schlupf des Kleids am Rücken und knüpfte einen Knoten in den behelfsmäßigen Gürtel. Sie stand dann auf, zog die Kordel am Halsausschnitt fest, was es über meine flache Brust nach oben brachte, und band es in meinem Nacken. Als nächstes schnitt sie die Ärmel genau über meinen Ellbogen ab.

      Ich wirbelte auf meinen Zehenspitzen herum, beobachtete, wie der Saum meines Kleids sich aufwölbte. »Ich danke dir, Yzebel.« Ich hielt an, schaute ihr ins Gesicht. »Es ist wundervoll.«

      »Es ist nicht perfekt«, Yzebel hob die Stoffreste auf, »aber es wird genügen, bis wir ein Neues für dich machen.«

      Während sie den Stoff und das Messer auf die Kiste legte, stand ich dort, schaute zu, wie sie ihre Dinge weglegte, und dachte daran, wie viel sie für mich getan hatte, als ob ich ein Teil ihrer Familie wäre, sprach sogar von einem neuen Kleid.

      Ich rannte, um sie zu umarmen, und sie legte ihre Arme um mich und hielt mich für einen Moment.

      »Nun«, sie schob mich auf Armeslänge weg, »sollten wir besser schlafen gehen. Als Erstes werden wir morgen frisches Fleisch finden gehen, Hartweizen, Wein und –«

      »Brot von Bostar«, beendete ich für sie.

      Wir lachten. Dann, bevor sie die Lampe ausblies, sagte sie mir, dass ich ins Bett gehen sollte.

      Ich legte mich hin, zog Tendaos Mantel über mich und lauschte Yzebel, wie sie ins Bett ging. »Gute Nacht, Yzebel.«

      »Gute Nacht … wie war der Name, den du für dich ausgewählt hast?«

      »Obolus«, sagte ich. »Aber jetzt, da er am Leben ist, werde ich seinen Namen nicht nehmen. Ich denke, ›Liada‹ ist ein hübscher Name.«

      »Liada?«, sagte Yzebel. »Wo habe ich diesen Namen schon einmal gehört?«

      Tendao, wollte ich sagen, aber ich blieb still. Ich wollte nicht, dass Yzebels älterer Sohn der letzte Gedanke in ihrem Kopf war, bevor sie schlafen ging.

      Nach einem Moment sagte Yzebel: »›Liada‹ ist ein guter Name für dich. Gute Nacht, Liada.«

      »Gute Nach, Yzebel.«

      Ich hob meinen linken Arm, aber es war zu dunkel, um den Armreif zu sehen. Also fuhr ich mit meinen Fingern entlang der Seiten und spürte die eingravierten Elefanten, wie sie ihren Marsch hoch zu dem mysteriösen Zufluchtsort machten. Ich fragte mich, wie viele unter dieser merkwürdigen runden Mitte des Armreifs waren.

      Nach einem langen und ereignisvollen Tag war ich sehr müde, aber mein Verstand ging noch immer alles durch, was geschehen war. Ich