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Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941


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und Minsk 1939–1944, München 2010.

      5 Die Sequenz über das Verhalten der ungarischen Truppen spiegelt die bewußt parteiliche Einstellung der SD-Berichterstattung wider, da die EG-Führung allein wegen der Instrumentalisierung bewaffneter Verbände pro-ukrainisch eingestellt war u. umgekehrt die ungarische Honved-Armee zwar wild requirierte, sich aber schützend vor die einheimischen Juden – so in Stanislau oder Kolomea – stellte, sobald deren Leben bedroht war. Besonders dürfte es die Führung der EG C verärgert haben, daß eine von einem Teilkdo. des SK 4b in Kolomea angesetzte „Aktion“ in letzter Minute von ungarischen Offizieren unterbunden wurde; Anklage Staw Darmstadt v. 12.2.1966, BAL, B 162/2226; vgl.: Müller: An der Seite der Wehrmacht, S. 38–53.

      6 Tatsächlich wurden jüdische Männer seit 1939 zur Zwangsarbeit im Rahmen der ungarischen Armee (sog. Munkaszolgálat) eingezogen. Unbewaffnet u. unter härtesten Bedingungen frontnah eingesetzt, fielen diesem „Arbeitsdienst“ Zehntausende ungarische Juden zum Opfer; vgl. Randolph Braham: The Hungarian Labor Service System, 1939–1945, Boulder 1977; Christian Gerlach/Götz Aly: Das letzte Kapitel. Realpolitik, Ideologie und der Mord an den ungarischen Juden, Stuttgart-München 2002, S. 77ff.

      7 Der hochbetagte Bischof Chomysin von Stanislau war ein Hauptvertreter der sog. lateinischen Rich-tung innerhalb der Orthodoxie, der insbesondere Verheirateten die Priesterweihe versagte. Er blieb auch nach dem Abmarsch der Ungarn im Amt. Im April 1945 erfolgten Verhaftung u. Verschleppung des 80jährigen. Er wurde 1946 zu 10 Jahren Haft wegen angeblicher Kollaboration mit den Deutschen in Kiew verurteilt, wo er im gleichen Jahr verstarb; Heyer: Die orthodoxe Kirche in der Ukraine, S. 24, 243; Boeckh: Stalinismus in der Ukraine, S. 508.

      8 Zu der sich daraus entwickelnden ukrainischen Kollaboration: B. F. Sabrin: Alliance for Murder. The Nazi-Ukrainian Nationalist Partnership in Genocide, New York 1991; Frank Golczewski: Organe der deutschen Besatzungsmacht: Die ukrainischen Schutzmannschaften, in: Wolfgang Benz/Johannes Houwink ten Cate/Gerhard Otto (Hrsg.): Die Bürokratie der Okkupation. Strukturen der Herrschaft und Verwaltung im besetzten Europa, Berlin 1998, S. 173–196; Dieter Pohl: Ukrainische Hilfskräfte beim Mord an den Juden, in: Paul: Die Täter der Shoah, S. 205–234; Gabriel N. Finder/Alexander V. Prusin: Collaboration in Eastern Galicia: The Ukrainian Police and the Holocaust, in: East European Jewish Affairs 34(2004), S. 95–118.

Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 16. Juli 1941
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs. [Stempel: Geheime Reichssache!]
[Stempel: Lagezimmer]

      33 Ausfertigungen, 23. Ausfertigung

      Ereignismeldung UdSSR Nr. 24

      I) Politische Übersicht:

      a) Im Reich: Es liegen keine besonderen Meldungen vor.1

      b) Im Generalgouvernement:

      Kommandeur der Sipo u. d. SD Krakau berichtet: In Krakau wurde eine im Rotationsdruck hergestellte Zersetzungsschrift „Soldaten der Ostfront“ erfaßt, die durch die Post einem deutschen Arzt ins Haus zugestellt wurde. Die Schrift richtet sich an die Soldaten der Ostfront und versucht vor allem mit dem Hinweis darauf Stimmung zu machen, daß durch den Kampf mit Rußland das Kriegsende auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben sei und die erwünschte Rückkehr in die Heimat wieder auf sich warten lasse. Der Krieg gegen Rußland wird als nicht notwendig bezeichnet, denn der Hauptfeind sitze in England, den man aber nicht angreife, im Gegenteil immer stärker werden lasse, während sich deutsche Soldaten in ganz Europa verbluten. Die Schrift ist gehalten, daß das Vertrauen des Soldaten zu seiner Führung untergraben werden soll. Unterschrieben ist die Schrift mit „Soldatenverband ‚Freiheit‘ der Ostfront“.

      c) Übrige besetzte Gebiete: Es liegen keine Meldungen vor.

      II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

      Einsatzgruppe A: Standort Riga.

      EK 1b: Standort Dünaburg. Am 26. 6. wurde Dünaburg von den deutschen Truppen genommen. In den folgenden 2–3 Tagen ist der größte Teil der Stadt abgebrannt. Durch direkte Kampfhandlungen ist nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Stadt beschädigt worden. Die Brände in den folgenden Tagen sind durch Brandstiftung entstanden. Die Russen haben vor ihrem Abzug einen Aufruf erlassen, in dem sie die Niederbrennung der Stadt ankündigten und dazu aufforderten. An der Brandstiftung selbst sind die Juden maßgeblich beteiligt gewesen. 5 Juden wurden in den ersten 3 Tagen auf frischer Tat gefaßt und sofort erschossen. Von den lebenswichtigen Betrieben ist das Elektrizitätswerk vollkommen ausgebrannt, während von den Wasserversorgungsanlagen nur die Reservoire und Wassertürme zerstört sind, so daß eine beschränkte Versorgung der Stadt mit Wasser möglich ist. Die Kanalisation ist in Ordnung. Die Bevölkerung war bis auf geringe Reste aus der Stadt geflüchtet. Es dürften sich z. Zt. etwa 8000 Personen wieder in der Stadt befinden. Es kommen laufend weitere Einwohner zurück. Die Haltung der Letten ist absolut positiv. Ihr Interesse ist nur darauf gerichtet, in Dünaburg wieder Zustände zu schaffen, die es der Bevölkerung ermöglichen, wenigstens die notwendigen Voraussetzungen zur Fristung des Lebens zu haben. Direkte politische Interessen konnten bisher nicht festgestellt werden. Die durch Zerstörung der Stadt bedingten Umstände sind absolut maßgebend für die Tätigkeit und das Interesse der führend hervorgetretenen Letten. Die Letten, einschließlich der führend Tätigen, haben sich bisher gegenüber den Juden vollkommen passiv verhalten und es nicht gewagt, gegen diese aufzutreten. In Dünaburg hatten bisher etwa 45000 Einwohner gelebt, wovon 50% Juden waren. Diese beherrschten die Stadt absolut. Bei Abzug der Russen verbreiteten sie das Gerücht, daß die Russen in Kürze zurückkommen würden. So kommt es, daß im Gegensatz zur aktiven Einstellung der Litauer die Letten nur zögernd darangehen, sich zu organisieren und Front gegen die Juden nehmen. Eine erhebliche Schwächung der Aktivität der lettischen Bevölkerung ist weiter dadurch eingetreten, daß die Russen in den letzten 14 Tagen vor Ausbruch des Krieges etwa 500 lettische Familien, die zur Intelligenz zu rechnen sind, ins Innere Rußlands transportierten. Seit dem 3.7. haben die Letten eine Stadtverwaltung und einen Polizeihilfsdienst aufgestellt. Die Leitung beider Organisationen hat der ehemalige lettische Hauptmann Petersons. Im PHD sind ehemalige Polizeibeamte, Angehörige der ehemaligen lettischen Armee und Mitglieder der ehemaligen Aizsargi-Organisation (Selbstschutz) erfaßt. Letzterer ist 1934 unter der Diktatur Ulmanis entstanden. Die einzelnen Mitglieder sollen aber nicht auf ihn eingeschworen gewesen sein. Der PHD ist inzwischen auf Initiative des EK hin straff organisiert worden. Die Stärke beträgt z. Zt. etwa 240 Mann. Es werden laufend weitere neue Männer dazu geworben. Sie stehen dem EK als Hilfspolizei zur Verfügung und machen auf den inzwischen eingerichteten 6 Polizeirevieren Dienst. Einige Angehörige sind für kriminalpolizeiliche und sicherheitspolizeiliche Aufgaben abgezweigt. Bis zum 7.7. haben die Letten, den größten Teil allerdings erst in den letzten Tagen, 1125 Juden, 32 politische Häftlinge, 85 russische Arbeiter und 2 kriminelle Frauen gefangengesetzt. Dies ist ein Ausfluß der Tatsache, daß den Letten durch die Tätigkeit des EK der Rücken gestärkt worden ist. Die Aktionen gegen die Juden gehen stärker weiter. Auf Anregung des EK werden z. Zt. sämtliche noch stehenden Häuser durch den Hilfspolizeidienst von Juden geräumt und die Wohnungen der nicht-jüdischen Bevölkerung zugewiesen. Die jüdischen Familien werden durch die Letten aus der Stadt vertrieben, während sie die Männer festsetzen. Die Lebensmittelversorgung ist insofern schwierig, als die Vorräte fast vollkommen verbrannt sind. Die festgesetzten männlichen Juden werden kurzerhand erschossen und in bereits vorbereiteten Gräbern begraben. Durch das EK 1b wurden bis jetzt 1150 Juden in Dünaburg erschossen.2

      Über den Einsatz der Einsatzgruppe A berichtet der Einsatzgruppenchef A folgendes: Die 18. Armee am linken Flügel der Heeresgruppe Nord ist im langsamen Vorgehen nach Estland und hat mit den vorderen Teilen die Linie Pernau–Dorpat–Pskow erreicht. Die 16. Armee am rechten Flügel der Heeresgruppe Nord ist im Westteil nach Osten eingeschwenkt und hat die Linie Sebesh–Ostrow erreicht. Die 16. Armee soll den rechten Flügel der auf Petersburg angesetzten Panzergruppe Höpner decken. Mit Rücksicht auf die militärische Lage ist das Ziel der Einsatzgruppe