Michael Müller

Porto MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag


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Börsenpalast - der Saal des Präsidenten

       Companhia Aurifíca

      Das Handwerk zur Herstellung von Blattgold, um damit Holzaltäre oder auch Hau­halts­gegenstände wie Schalen oder Besteck zu überziehen, wurde durch die Com­panhia Aurificía ab 1864 industrialisiert. Fast 150 Jahre, bis 2010, existierte diese Fabrik in der Rua dos Bragas, gegenüber der juristischen Fakultät, wenn auch zum Ende hin dort mehr ordinäre Schrauben und Nägel produziert wurden - auf dampf­betriebenen Pressen aus dem Jahre 1897!

      Das 1,6 Hektar große Gelände wurde 2013 für 10 Millionen Euro an einen Immo­bilieninvestor verkauft, eine Wohnanlage soll hier entstehen. 2019 konnte man durch den Zaun noch das alte bordeauxfarbene Bürogebäude sehen.

      Gold, mehr Gold, noch mehr Gold

       Igreja de São Françisco

      Die Kirche - eines der frühesten goti­schen Bauwerke in Portugal - wirkt mit ihrer dunklen Granitfassade auf den ersten Blick düster. 1383 wurde der Bau begonnen, 1425 war er fertiggestellt. 1833 brannte ein großer Teil bei der Belagerung von Porto ab, deshalb sind die gotischen Elemente nur noch im Chor gut zu erkennen, aber auch die Grabkapelle von Luis Alvares de Sousa am Eingang links ist Gotik pur. Das Gotteshaus wurde im Ver­zierungswahn des 18. Jh., als ganze Schiffsladungen mit Gold aus Brasilien eintrafen, mit blattgoldüberzogenem Schnitzwerk ausgekleidet. Die Franzis­kanermönche, ein Bettel­orden, weiger­ten sich daraufhin, die Kirche weiter für ihre Gottesdienste zu nutzen. So blieb es bis heute - nur weltliche Ver­an­staltungen und Konzerte werden hier veranstaltet.

      Der linke Seitenaltar ist ein ganz bemer­kenswertes Werk, ein fein ge­schnitz­ter Stammbaum von Jesus Chris­tus. Von der in einem Schrein darunter aufgebahrten Figur der heili­gen Maria erbitten sich die Gläubigen eine gute Reise in die Ewigkeit.

      Gegenüber vom Haupteingang der Kirche ist im Haus des Dritten Ordens der Franziskaner (Ordem Terceira de São Francisco) eine Ausstellung sakra­ler Gegenstände zu sehen, im Unter­geschoss stößt man auf eine sehens­werte Krypta. Das Haus plante der italie­nische Architekt Niccoló Nasoni, der die ganze Stadt mit seinen Barock­bau­ten verschönerte.

      Im Sommer tägl. 9-20 Uhr, im Winter bis 18 Uhr. Eintritt ca. 7 €; Tickets für die Kirche im „Haus des Dritten Ordens“. Rua Infante Dom Henrique, Tel. 222-062125, www.ordemsaofrancisco.pt.

      Zeit der Entdecker

      Das stattliche Gebäude wurde 1325 unter König Afonso IV. als Zollhaus erbaut. Es war damals das einzige königliche Gebäude in der Stadt und diente Angehörigen bzw. Bediensteten des Hofes ver­mut­lich auch als tem­poräre Unter­kunft. Berühmt ist aber in erster Line deswegen, weil hier einer früh­neu­zeitlichen Chronik zufolge am 4. März 1394 der Infante Dom Henrique, o Navegador, zu Deutsch: Heinrich der Seefahrer, geboren wurde.

      Heinrich, der vierte Sohn des portu­gie­sischen Königs João I und seiner Frau Philippa von Lancaster, war Initiator und finanzieller För­derer der portu­gie­sischen Ent­deckungs­fahrten, was ihm später seinen berühmten Beinamen ein­gebracht hat (und nicht etwa der Umstand, dass er selbst in großem Stil als Seefahrer aktiv gewesen wäre).

      Die Ausstellung informiert in einem chro­nologischen Rundgang über die Zeit der Entdeck­ungsfahrten und den Werdegang des Prinzen nüchtern und ungeschönt (Schautafeln auf Portu­gie­sisch und Englisch). Treibende Kraft war von Anfang an die Suche nach neuen Vorkommen von Silber und Gold.

      Der erste Raum der Ausstellung wid­met sich der Münzprägung. Eine ge­wisse Menge an Edelmetallen war damals für eine florierende Ökonomie lebensnotwendig. Doch die Silber­mi­nen in Böhmen und Serbien waren fast erschöpft und um neue Vor­kom­men zu erschließen, musste man erst Ceuta an der Meerenge zu Gibraltar unter Kon­trolle bringen. Die späteren Fahrten führ­ten die Flotte Heinrichs bis nach Brasilien und Indien.

      In den modern gestalteten Aus­stel­lungs­räu­men rechts des Eingangs sind jähr­lich wechselnde Themen­aus­stel­lun­gen zu sehen.

      Di-So 9.30-13 und 14-17 Uhr, Mo Ruhetag. Eintritt 2,50 €, Stud. und über 65 J. frei, Sa/So frei für alle. Rua da Alfândega 10, Tel. 222-060400, [email protected].

Farbenpracht statt grauem Granit

      Farbenpracht statt grauem Granit

      Museum mit Probierbar

       Museu do Vinho do Porto

      Um den Portwein geht es in diesem kleinen „Museum für Lokal­ge­schichte“ nur ganz unten, in der Port­wein-Probierbar mit Blick zum Fluss. Im 1. Stock sind Konstruktions­zeich­nungen und Holzmodelle von Rabelo-Trans­port­barken zu sehen, auf denen der schwere Süßwein flussab geschifft wur­de. Ein Stockwerk höher sind alte Ge­wichte und Maßeinheiten aus dem Eich­amt zu sehen, und der Raum ganz oben wid­met sich den Inspektoren, die frü­her u. a. die Lebens­mit­tel­aufsicht innehatten.

      Tägl. 10­-17.30 Uhr, Mo geschlossen. Eintritt 2,50 €, Rua da Reboleira 37. Man kann von der Straße aus durch die Portweinbar zur Fluss­balus­trade gehen, ohne Eintritt zu zahlen.

      Sehen und gesehen werden

      Auf der Flaniermeile der Porto-Besu­cher herrscht von Mittag bis in die Nacht ein großes Kommen und Gehen.

      In den Bögen der Arkaden, ursprüng­lich waren es Lagerräume, haben sich heute Restaurants mit großflächiger Bestuhlung davor breitgemacht. Preise und Qualität der Gerichte sind ganz okay, und wer den Trubel nicht scheut, kann hier beim Essen die prächtige Aussicht genießen.

      In Richtung Brücke Ponte Dom Luís I - neben dem Haus Nr. 20 - findet sich eine rußgeschwärzte Reliefdarstellung der Französischen In­vasion von 1808. Damals floh die Bevölkerung in Panik über den Fluss, denn Na­po­leons Solda­teska kam aus dem Norden. Die Schwimm­brücke aus miteinander ver­täu­ten Booten konnte die Menschen­masse nicht tragen und brach, die halbe Stadt dräng­te nach und schob die Flüchtenden in die Flut - etwa 4000 Menschen ertranken.

      Dem Relief werden übrigens Wunder­taten zuge­schrieben. Eine Kerzen­spende oder gar das Ein­wer­fen eines 10-Euro-Scheins in den Opferstock soll lang ge­hegte Hoff­nungen er­fül­len. Die Ein­hei­mi­schen nennen das Bild heute noch wehmütig as alminhas, „die Seelchen“.

      In der Arkade dahinter hatte der „Her­zog vom Kai“, Deocleciano Monteiro Duque da Ribeira (1902-1996), sein Kon­tor. Er war Flusswächter und ein hoch geach­teter und über Porto hinaus bekannter Mann, der auch schon mal mit dem Staats­präsidenten Eanes zu Mit­tag aß und vom Autor dieses Buchs bei frü­he­ren Reisen regel­mäßig be­sucht wurde. Seine Arbeit be­schränkte sich frei­lich nicht auf den Verkauf der Kerzen.

      Nach eigenem Bekunden war er in seiner 60 Jahre langen Laufbahn fünf­zig­mal Lebens­retter und fünf­hun­dert­mal Leichen­fischer. Ein kleines Denk­mal hat die Stadtverwaltung dem Duque wenige Schritte entfernt, nahe „seiner“ Brücke errichtet. Es war über Jahre sein ausdrücklicher Wunsch, dass es noch zu seinen Lebzeiten aufgestellt würde ...

      Rua de Cima do Muro: Ein hübscher Blick bietet sich von dieser „Stra­ße auf der Mauer“, die auf den Arkaden, hin­ter der Freifläche am Fluss verläuft.

      Für müde Füße

      Ascensor da Ribeira (Elevador da Lada)