Alfred Bekker

Ein Kommissar läuft Amok: Ein Kubinke Krimi


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Untersuchungen durchgeführt.”

      „Mit welchem Ergebnis?”, fragte ich.

      „Ich will nicht zu sehr in die Einzelheiten gehen, die Sie vermutlich sowieso nicht verstehen. Und abgesehen davon bin ich auch noch nicht fertig. Aber eins steht fest: Kevin Marenberg hat über längere Zeit mehrere Psychopharmaka eingenommen. Und zwar in Konzentrationen, die vermuten lassen, dass er in ärztlicher Behandlung gewesen sein muss.”

      „Davon steht nichts in den Unterlagen, die wir zur Verfügung bekommen haben”, mischte sich Rudi ein. „Ich will die ganzen Daten gerne noch mal durchforsten, aber das wäre eine Sache gewesen, die mir sofort aufgefallen wäre!”

      „Das wäre jedem aufgefallen, Rudi”, sagte Wildenbacher. „Der Dienststellenleiter eines Polizeibehörde muss Medikamente nehmen, um psychisch im Gleichgewicht zu bleiben. Man kann sich vorstellen, dass das ein Fressen für die Presse-Meute gewesen wäre, wenn man es draußen erzählt hätte.”

      „Das heißt, da hat uns jemand was verschwiegen”, schloss ich.

      „Sieht so aus. Wenn Dienststellenleiter Marenberg aber unter einer psychischen Erkrankung litt, die mit Medikamenten behandelt werden musste, stellt sich der Fall womöglich ganz anders dar.”

      „Was sind das für Substanzen, die Marenberg genommen hat?”, fragte Rudi.

      „Sehen Sie, das ist genau die Schwierigkeit. Ich habe ein paar Substanzen gefunden, die bei depressiven Verstimmungen verschrieben werden und zur Stimmungsaufhellung dienen. Und die feingeweblichen Untersuchungen beweisen, dass sie regelmäßig genommen wurden und nicht etwa nur einmal mit einer gespritzten Designer-Drogen-Dröhnung. Aber erstens weiß ich nicht, ob das alles ist, was Marenberg im Körper hatte, zweitens weiß ich nicht die genaue Zusammensetzung und kann nur grobe Rückschlüsse auf die Dosierung anstellen und drittens kann der Effekt dieser Wirkstoffe durch weitere Komponenten sehr stark verändert werden. Wenn ich jetzt die Diagnose und die Verschreibungen des betreffenden Arztes hätte, wüsste ich immerhin, wonach ich suchen müsste. Es gibt unzählige Substanzen, die in Frage kämen. Manche sind im Blut nachweisbar, andere nur in bestimmten Organen oder im Urin - und das wiederum danach gestaffelt, wann und wie lange die Einnahme erfolgte und ob zum Beispiel eine große Dosis in kurzer Zeit oder kleine Dosen während eines längeren Zeitraums genommen wurden.”

      „Wir werden versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen”, sagte ich.

      „Es gibt übrigens noch eine dritte Möglichkeit, die wir nicht außer Acht lassen sollten. Ich halte sie zwar für die Unwahrscheinlichste, aber das heißt nicht, dass wir sie ausschließen können.”

      „Und die wäre?”, fragte ich.

      Dr. Wildenbacher drehte den Toten wieder herum und bedeckte ihn. Ein Arm ragte jetzt hervor. Der Gerichtsmediziner brauchte zwei Versuche, bis der Arm so auf dem Seziertisch lag, dass er nicht mehr nach außen stand.

      „Zumindest eine der Substanzen, die ich bisher gefunden habe, konnte ...”

      In diesem Augenblick ging die Tür auf. Dr. Förnheim betrat den Raum. Der Naturwissenschaftler trug einen weißen Kittel und eine Schutzbrille für die Augen, wie man sie in chemischen Laboren benutzte.

      „Schön, das die Herren aus Berlin uns mit Ihrer Anwesenheit ehren”, sagte Förnheim. Dann wandte er sich an Wildenbacher.

      „Es ist drin”, sagte er. „Ich habe die Analyse noch einmal überprüft, aber es dürfte da keine Zweifel mehr geben.”

      Wildenbacher wandte sich daraufhin an uns.

      „Tja, unser Fischkopp spricht mal wieder für Außenstehende in Rätseln”, meinte er. „Es geht um Folgendes: Eine der Substanzen, die ich in den Organen von Herr Marenberg feststellen konnte, wird sowohl in verschiedenen Psychopharmaka verwendet, als auch als sogenannte Designer-Droge illegal verkauft. Und das ist genau die dritte Möglichkeit, von der ich gerade sprach.”

      „Sie meinen, Marenberg könnte drogensüchtig gewesen sein?”, schloss ich.

      Förnheim bestätigte dies.

      „Das wäre eine plausible Erklärung für das Vorhandensein dieser Substanz”, erklärte er.

      „Ich halte persönlich folgendes Szenario für denkbar: Marenberg hat wegen psychischer Probleme regelmäßig Psychopharmaka genommen”, ergänzte Wildenbacher. „Aber die stimmungsaufhellende Wirkung dieser Substanzen lässt mit der Zeit nach. Es kann sein, dass ihm die Wirkung einfach nicht mehr ausreichte und er deshalb zusätzlich was eingeworfen hat.”

      „Kann man feststellen, ob es sich um Medikamente handelt oder um zusätzlich eingenommene Substanzen?”, fragte Rudi.

      „Könnte man”, bestätigte Wildenbacher. „Dazu müsste ich aber wissen, was Marenberg verschrieben worden ist.”

      „Ich nehme an, manche Dinge werden wir wohl nur vor Ort herausbekommen”, meinte ich.

      4

      Jörg Rustow streckte die Arme aus und gähnte. Der breitschultrige, fünfzigjährige Mann bewohnte ein Penthouse hoch über den Dächern von Essen. Er ging durch die Glastür hinaus in den dazugehörigen Dachgarten - einen der größten seiner Art.

      Ein wolkenloser Himmel wölbte sich über Essen. Man hatte eine hervorragende Sicht, die bis in das Umland reichte. In der Ferne flimmerte die Luft.

      „Sieh dir das an, Bella!”, rief Jörg. „Meine Stadt! Sie liegt mir zu Füßen.”

      Rustow trug einen weißen Morgenmantel und war barfuß. Ein Teil des Dachgartens wurde von einem Swimmingpool eingenommen. Rustow streckte den Fuß ins Wasser und zog ihn wieder zurück. „Irgendwas stimmt mit der Wassertemperatur nicht. War der Typ noch nicht da, der das reparieren wollte? Bella? Vielleicht muss man dem Arschloch mal ein bisschen Feuer unter dem Hintern machen.” Rustow drehte sich um. Durch die offene Tür konnte er in das weitläufige Wohnzimmer sehen. „Isabella? Warum gibst du keine Antwort? Scheiße noch mal, bist du taub geworden?”

      Er ging zurück, trat durch die Tür, und dann entdeckte er sie. Sie war nackt. Das dunkle Haar fiel ihr weit über den Rücken. Sie kniete vor einem niedrigen Glastisch. Mit einem Röhrchen sog sie eine Linie aus pulverförmigen Kokain in ihr rechtes Nasenloch. Ein schnaufendes Geräusch entstand dabei.

      „Nimm nicht so viel von dem Scheißzeug”, sagte Rustow. „Das macht die Nasenschleimhäute kaputt. Außerdem ist es teuer.”

      Sie beachtete ihn gar nicht weiter. Ihre Augen waren geweitet. Die blanke Gier sprach aus ihrem Gesicht. Sie brauchte jetzt ihren Stoff und eigentlich wusste Jörg Rustow auch, dass sie dann mehr oder weniger nicht ansprechbar war. Es hatte keinen Sinn, ihr dann etwas zu sagen. Sie hörte in diesen Momenten sowieso nicht zu.

      „Nimm die Pillen, die ich dir gegeben habe. Die machen auch gute Laune - und sind billiger. Und außerdem nicht so schädlich.”

      Sie war schließlich fertig. Einen Moment schloss sie die Augen. Und es dauerte einige Augenblicke, bis sie wieder einigermaßen bei Sinnen war.

      „Ich mag deine Pillen nicht”, sagte sie dann.

      „Wieso nicht?”

      „Weil Sie nicht