aktive latente Steuern sind in Höhe der voraussichtlichen Steuerentlastung in den nachfolgenden Geschäftsjahren anzusetzen (§ 274 HGB). Bei der Bewertung muss deshalb von den individuellen – steuersubjektbezogenen – Steuersätzen der künftigen Jahre ausgegangen werden, in denen sich der Unterschied wieder ausgleichen wird (liability-Methode). Eine Abzinsung soll nicht erfolgen (§ 274 Abs. 2 Satz 1 HGB).
1842Angesichts der beschränkten Prognosemöglichkeiten kann auch von den aktuellen individuellen Steuersätzen ausgegangen werden. Lediglich dann, wenn bekannt ist, dass sich die Verhältnisse in den Folgejahren ändern werden, muss mit den zu erwartenden Ertragsteuersätzen gerechnet werden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn für die Jahre, in denen sich der Unterschied zwischen HB und StB wieder ausgleicht, gesetzliche Änderungen der Steuersätze oder Jahresfehlbeträge zu erwarten sind.
1843Gesetzliche Steuersatzänderungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn der Bundesrat diesen am Abschlussstichtag bereits zugestimmt hat.
1844Beim Übergang auf die neuen Vorschriften nach BilMoG bestehen einige Übergangswahlrechte. Beispielsweise kann ein aus der Inanspruchnahme einer § 6b EStG-Rücklage gebildeter Sonderposten mit Rücklageanteil wahlweise bis zur Auflösung beibehalten werden oder im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010 mit den Gewinnrücklagen verrechnet werden. Im letzteren Fall ist lediglich der Stundungsanteil am Sonderposten innerhalb der passiven latenten Steuern auszuweisen.
1845–1851 Einstweilen frei
1852Bei einem Disagio (Damnum, Darlehnsabgeld) nach § 250 Abs. 3 HGB handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabebetrag und dem höheren Rückzahlungsbetrag eines Darlehens. Der Unterschiedsbetrag stellt eine zusätzliche Vergütung für die Kapitalnutzung (zusätzliche Zinsen), zu einem geringen Teil auch Entgelt für die Bearbeitung und die Abwicklung des Kredits dar.
1853
1854 1854 Aufnahme einer Grundschuld in Höhe von 400 000 € am 2. 1. 01 zu 8 % Zinsen. Laufzeit 5 Jahre. Auszahlung unter Abzug eines Damnums von 5 %.
Die Verbindlichkeit muss immer mit ihrem Rückzahlungsbetrag passiviert werden (§ 250 Abs. 3 HGB).
a) | Das Damnum soll sofort als Betriebsaufwand gebucht werden: |
b) | Das Damnum soll aktiviert werden: |
1855Die gleichen Vorschriften gelten für den seltenen Fall, dass der Rückzahlungsbetrag niedriger ist als der Auszahlungsbetrag. Der Unterschiedsbetrag ist dann zu passivieren und über die Laufzeit verteilt aufzulösen (ADS, § 253 HGB Rdn. 76).
1856Das Disagio wird planmäßig über die Laufzeit der Verbindlichkeit abgeschrieben (§ 250 Abs. 3 Satz 2 HGB). Wegen des Aktivierungswahlrechts ist handelsrechtlich auch eine planmäßige Abschreibung über einen kürzeren Zeitraum als die Laufzeit des Darlehens möglich. Handelsrechtlich besteht ein Wahlrecht zwischen linearer und degressiver Abschreibung. Das Disagio zu Tilgungsdarlehen wird in der HB i. d. R. digital (arithmetisch-degressiv) abgeschrieben.
1857 1857 In Fortführung des o. a. Buchungsbeispiels wird zum 31. 12. 01 abgeschrieben:
1858Im Falle einer Zinsfestschreibung ist der Unterschiedsbetrag über den Zeitraum der Zinsfestschreibung abzuschreiben und nicht über die vorgesehene Gesamtlaufzeit der Verbindlichkeit. Bei vorzeitiger Tilgung ist der noch nicht abgeschriebene Betrag des Disagios im Jahre der Kündigung oder der vorzeitigen Tilgung als Betriebsaufwand auszubuchen. Wird die Laufzeit verkürzt, ist das restliche Disagio auf die neue Restlaufzeit zu verteilen. Eine Verlängerung der Laufzeit führt nicht zu einer Neuverteilung des Disagios.
1859Das Disagio, Damnum oder Agio ist in der Bilanz gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben (§ 268 Abs. 6 HGB).
a) | Ausweis in der Bilanz |
b) | Angabe im Anhang |
in der Bilanz lediglich:
zusätzlich im Anhang z. B.:
Der Aktive Rechnungsabgrenzungsposten enthält ein Disagio von ursprünglich 20 000 €, Restbetrag 16 000 €, das bei der Aufnahme einer Grundschuld in Abzug gebracht wurde.
1860Steuerrechtlich ist ein Damnum oder Disagio grundsätzlich über die Laufzeit des Darlehens bzw. über den Zeitraum der Zinsfestschreibung gleichmäßig (d. h. linear) zu verteilen. In analoger Anwendung des BFH-Urteils v. 18. 3. 2010 kann aber auf die Bildung eines aRAP verzichtet werden, wenn der abzugrenzende Betrag je Sachverhalt nicht mehr als 800 € beträgt.
Bei Nichtaktivierung des Disagios in der Handelsbilanz trotz Aktivierungspflicht in der Steuerbilanz muss ein „aktiver Steuerabgrenzungsposten” gebildet werden (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB).
1861Die planmäßige jährliche Abschreibung setzt die Festlegung der Abschreibungsmethode im Jahr des Zugangs voraus, die dann für die gesamte Laufzeit des Kredites gilt. Ist eine feste Laufzeit des Kredites vereinbart, entspricht die Laufzeit der Abschreibungsdauer in Jahren. Ist die Laufzeit innerhalb der Kreditbedingungen nicht geregelt, sollte die Abschreibung über die voraussichtliche Tilgungszeit erfolgen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorsicht sollte vom Zeitpunkt der ersten Kündigungsmöglichkeit ausgegangen werden. Der Unterschiedsbetrag muss spätestens im Zeitpunkt der Rückzahlung des Kredits abgeschrieben sein. Wegen des Aktivierungswahlrechts des Disagios ist die Abschreibung über einen kürzeren Zeitraum zulässig, wenn sie nur planmäßig erfolgt.
1862Bei einem reinen Fälligkeitsdarlehen ist der Unterschiedsbetrag linear über die Laufzeit verteilt abzuschreiben.
Bei einem Tilgungsdarlehen wäre eine entsprechende Verteilung des Disagios in gleichen Jahresbeträgen wirtschaftlich nicht richtig, da der Zinsaufwand mit zunehmender Tilgung von Jahr zu Jahr abnimmt. Das Disagio ist deshalb jährlich mit einem Prozentsatz des Kreditbetrages abzuschreiben. Der Prozentsatz lässt sich nach folgender Formel errechnen:
Aufnahme eine Kredits von 90 000 € unter Abzug von 5 % Disagio (= 4 500 €).
Laufzeit des Kredits = 9 Jahre.
Abschreibungsprozentsatz = Prozentsatz des Disagios × 2 / Kreditlaufzeit in Jahren + 1
Abschreibungsprozentsatz = 5 × 2 / 9 + 1 = 1 %
Das Disagio ist deshalb mit jährlich 1 % des Kreditbetrages am Anfang des Geschäftsjahres abzuschreiben, d. h. im ersten Jahr mit 1 % von 90 000 € = 900 €, im zweiten Jahr mit 1 % von 80 000 € = 800 € usw., im 9. Jahr mit 1 % von 10 000 € = 100 €.
Bei einem Annuitätendarlehen ist über die Laufzeit des Kredites eine gleiche Jahresrate zu entrichten. Dabei erhöht sich die jährliche Tilgung um den Betrag der ersparten Zinsen. Die Abschreibung des Disagios stellt dann eine geometrische Reihe dar. Die Gesamtzinsbelastung errechnet sich deshalb aus der Summe der Annuitäten abzüglich Nominalbetrag der Verbindlichkeiten.
Die Berechnung erfolgt nach der Formel:
Abschreibungsbetrag