Gunter Pirntke

Abenteuer Elbe


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am deutschen Strom-Kilometer 96,0 endet.

      »Mittelelbe« bezeichnet die Elbe als Tieflandfluss. Sie fließt hier weiterhin in nordwestlicher Richtung, bis sie bei Magdeburg einen stärkeren Knick macht, nach dem der Fluss etwa 80 Kilometer nach Norden, teilweise sogar nach Nordosten weiter fließt. Nach der Mündung der Havel, dem längsten rechten Nebenfluss, wendet sich der Strom wieder in nordwestliche Richtung. Kurz vor Hamburg, an der Staustufe Geesthacht, erreicht die Elbe das untere Ende ihres Mittellaufs.

      »Unterelbe« bezeichnet im weiteren Sinne den gezeitenabhängigen Abschnitt des Flusses, heutzutage ab dem Wehr in Geesthacht. Im engeren Sinne ist es der Mündungstrichter (Ästuar), typisch für alle Flussmündungen mit Gezeiten. Derzeit ist der Tidenhub in Hamburg mit etwa 3,6 m höher als auf der offenen Nordsee. Obwohl das Wasser bei jeder Flut flussaufwärts fließt, enthält die Unterelbe überwiegend Süßwasser. Im Tidenstau am Übergang von Mittel- und Unterelbe hat sich ein Binnendelta gebildet, in dem heute der weitverzweigte Hamburger Hafen liegt. Der obere Teil mit den Armen Dove Elbe und Gose Elbe wurde schon im Mittelalter als Vierlande eingedeicht. Im 19. und 20. Jahrhundert sind die Flussarme zwischen Norder- und Süderelbe Hafenerweiterungen zum Opfer gefallen. Das Ästuar ist von Blankenese bis Brunsbüttel zwischen 1 und 2,5 km breit und weitet sich dann zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven auf zuletzt etwa 15 km auf. Die seewärtige Begrenzung der Elbe, also das Ende der Binnenelbe, ist nach dem Bundeswasserstraßengesetz festgelegt durch die »Verbindungslinie zwischen der Kugelbake bei Döse und der westlichen Kante des Deichs des Friedrichskoogs (Dieksand)«. Von den einst zahlreichen Elbinseln der Unterelbe liegen einige noch heute im Strom, andere sind durch Eindeichung zu Teilen der Ufer geworden. Entlang der Unterelbe gibt es einige Sandstrände, die auch größere Bedeutung als Badestellen haben, so etwa in Hamburg-Övelgönne, Hamburg-Wittenbergen oder Brokdorf.

      Außenelbe wird im Gegensatz zur Binnenelbe die Fortsetzung des Ästuars durch das Wattenmeer genannt. Vom Wattenmeer unterscheidet sich der Elbstrom durch seine Tiefe, die Strömungsrichtung und -geschwindigkeit sowie den niedrigeren Salzgehalt. In diesem Bereich ist die Elbe auch nicht mehr Binnenwasserstraße, sondern Bestandteil der Seewasserstraße Nordsee.

      Auf der 20 km ins Meer hinausragenden Wattfläche zwischen der Außenelbe und der westlich benachbarten Außenweser liegen die zu Hamburg gehörenden Inseln Neuwerk und Scharhörn.

      Während der Weichsel-Kaltzeit, als so viel Wasser als Eis in den Polkappen gebunden war, dass der Meeresspiegel etwa 100 m tiefer lag als heute und die südliche Nordsee trocken lag, mündete die Elbe erst westlich der Jütlandbank in die Nordsee. Zu dieser Zeit war auch noch die Weser ein Nebenfluss der Elbe.

      Bei mittlerer Wasserführung benötigt das Wasser der Elbe acht Tage von der deutsch-tschechischen Grenze bis nach Geesthacht bei Hamburg. Umgerechnet auf diese 586 km lange, staustufenfreie Strecke bedeutet das eine mittlere Fließgeschwindigkeit von rund 3 km/​h oder 0,8 m/​s. Dies sind Durchschnittswerte, von denen die tatsächlichen Fließgeschwindigkeiten je nach jahreszeitlicher Wasserführung deutlich abweichen können.

      Für den tschechischen Oberlauf ist wegen der vielen Staustufen eine sinnvolle Bezifferung der Fließgeschwindigkeit nicht möglich.

      In der Unterelbe steht die Pendelbewegung des Wassers durch die Gezeiten im Vordergrund. Dadurch ist der Wassertransport viel langsamer als die periodisch sich ändernde augenblickliche Fließgeschwindigkeit. Auf seinem Weg zur See braucht das Wasser in der Mittelelbe für die 112 km lange Strecke von Schnackenburg bis Geesthacht zwischen 1 und 2,5 Tagen, für die 142 km von Geesthacht bis zur Nordsee zwischen 4 und 70 Tagen.

      Die Oberfläche der Elbe friert nur in sehr strengen Wintern vollständig zu. Am Pegel Dresden war der Strom letztmals vom 31. Januar bis 6. März 1963, davor auch in den Jahren 1954, 1942, 1940, 1929, 1912, 1909, 1902 und 1901 durchgängig gefroren. In den Jahren 1784 und 1799 war die Elbe bei Dresden jeweils von Ende Dezember bis Februar zugefroren. Die Eisschicht hatte 1784 eine Dicke von mehr als 110 cm. Die im Februar aufbrechende Eisschicht führte zu Hochwasser, das durch Eisschollen gefährlicher wurde, weil sie Deiche beschädigten und sogar den Fluss aufstauten, wenn sie sich an Brücken verkeilten. Auch beim Elbhochwasser 1845 war die Situation vergleichbar.

      Das Elbhochwasser 1845 in den Monaten März und April, auch bekannt als Sächsische Sintflut, war ein extremes Hochwasser der Elbe, das als Jahrhunderthochwasser klassifiziert ist. Gemessen an der maximalen Durchflussmenge, war es am böhmisch-sächsischen Oberlauf des Flusses das stärkste Hochwasser der Neuzeit. Es übertraf in dieser Hinsicht das Elbhochwasser 2002 um etwa ein Fünftel, blieb vielerorts aber unter dessen maximalem Pegelstand, was auf die damals größeren und zudem noch unbebauten Retentionsflächen (Rückhalteflächen) zurückzuführen ist.

      Ausgelöst wurde das Hochwasser durch plötzlich auftretendes Tauwetter, das eine starke Schneeschmelze in den Deutschen Mittelgebirgen und den zügigen Eisaufbruch der zugefrorenen Elbe zur Folge hatte. Es gilt als stärkstes je an der Elbe gemessenes Winter- bzw. Frühjahrshochwasser sowie als größtes Elbhochwasser des 19. Jahrhunderts. Neben dem Magdalenenhochwasser von 1342 und der Jahrhundertflut von 2002 war das Elbhochwasser 1845 eine der schwersten Naturkatastrophen in Sachsen aller Zeiten.

      Der Winter 1844/​45 zeichnete sich durch dauerhaft niedrige Temperaturen und hohe Schneemengen aus. Ein Maximum war im Februar 1845 erreicht. Ab dem 20. Februar war die Elbe mehrere Wochen lang zugefroren. Die Stärke des Eises betrug bis zu 1,50 Meter. Am ersten Osterfeiertag, dem 23. März 1845, änderte sich die Lage durch mildere Luft, die in Verbindung mit Starkregen zu Tauwetter führte. Der Elbpegel stieg binnen kurzer Zeit deutlich an. Die einsetzende Schneeschmelze im Riesengebirge, Isergebirge, Fichtelgebirge, Böhmerwald und im Erzgebirge verstärkte den Prozess. An der Festung Königstein in der Sächsischen Schweiz brach am 27. März 1845 gegen 11 Uhr das Eis auf, im weiter stromabwärts gelegenen Dresden einen Tag später um 7 Uhr morgens. Starker Eisgang behinderte den Abfluss und führte zu großen Aufstauungen. Das Maximum in Dresden wurde am 31. März 1845 erreicht, bereits in den ersten Apriltagen ging der Wasserstand deutlich und kontinuierlich wieder zurück. Ähnliche Vorkommnisse in dieser Zeit gab es auch am Main, wo beispielsweise am Würzburger Pegel das stärkste Hochwasser seit Beginn der Messungen verzeichnet wurde.

      Die Elbe durchbricht das Elbsandsteingebirge in einem engen, canyonartigen Tal. Bei großen Durchflussmengen kommt es wegen der kaum vorhandenen Überschwemmungsgebiete zu dementsprechend hohen Pegelständen. In Schandau verbreiterte sich der Fluss von 110 auf 250 Meter und füllte die Talsohle komplett aus. In der St.-Johannis-Kirche erreichte die Elbe den oberen Rand der Kanzelbrüstung. Viele Häuser der Innenstadt standen bis zum zweiten Stockwerk unter Wasser, im elbabwärts gelegenen Königstein bis zum ersten Stock. Die Pirnaer Altstadt war zu 75 % geflutet.

      Im weiten Elbtalkessel überflutete die Elbe knapp 31 Quadratkilometer des heutigen Dresdner Stadtgebiets. Oberhalb der Innenstadt betraf dies die damaligen Dörfer Zschieren, Meußlitz, Kleinzschachwitz, Pillnitz, Hosterwitz, Laubegast, Tolkewitz und Loschwitz. Bis heute letztmals füllte sich damals ein alter Elbarm entlang eines Landgrabens mit Wasser und durchströmte den Osten des heutigen Stadtgebiets, beginnend in Dobritz über Seidnitz, Gruna und Striesen bis in die Pirnaische Vorstadt, wo er wieder in den Hauptstrom einmündete. Dort überflutete er unter anderem den Eliasfriedhof und ließ zahlreiche Leichen aufschwimmen.

      Der heutige Dresdner Innenstadtbereich wurde ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Überflutet wurden 1845 zum bislang letzten Mal Teile der Antonstadt, darunter die Glacisstraße, der Albertplatz und die Alaunstraße bis in Höhe Jordanstraße. Auf Altstädter Elbseite standen unter anderem der Zwinger und weite Teile der Wilsdruffer Vorstadt sowie der Friedrichstadt mit dem Ostragehege unter Wasser.

      An der Augustusbrücke stauten sich große Mengen Treibgut und Eis, so dass der Wasserstand unmittelbar unterhalb der Brücke 85 Zentimeter niedriger war als oberhalb des Bauwerks. Am 31. März gegen 10 Uhr vormittags gab der aus massivem Elbsandstein gefertigte fünfte Brückenpfeiler den Wassermassen nach und stürzte ein. Auf ihm hatte sich ein 4,5 Meter hohes, vergoldetes Kruzifix befunden, das 1670 unter Kurfürst Johann Georg II. gefertigt worden war. Das Kunstwerk fiel in die Elbe und gilt als verschollen.

      Großflächige Überflutungen betrafen auch den Nordwesten des heutigen Stadtgebiets, wo die Elbe Dresden