Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein Aktivierungsverbot gilt. Im Gegensatz zum vorstehend erläuterten derivativen Geschäfts- oder Firmenwert besteht weiterhin ein Ansatzverbot für einen originären Geschäfts- oder Firmenwert.
Der Ansatz der Aufwendungen, die auf die Forschungsphase eines Produkts entfallen, ist nach § 255 Abs. 2 HGB untersagt, da diese explizit nicht in die Herstellungskosten mit einzubeziehen sind. Einen definitorischen Versuch der Abgrenzung zwischen Forschung und Entwicklung sieht § 255 Abs. 2a Satz 2 und Satz 3 HGB vor. Demnach darf die Aktivierung erst erfolgen, wenn die Vermögensgegenstandseigenschaft zu bejahen ist.
Die nachstehende Abbildung stellt einzelnen Phasen im Zusammenhang mit der Aktivierung eines selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstands (VGG) dar.
ABB. 9: Aktivierungsvorschriften für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Steuerlich sieht § 5 Abs. 2 EStG weiterhin eine direkte Aufwandsverrechnung der Entwicklungskosten vor. Dies führt zur Durchbrechung des bisherigen Grundsatzes „handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht = steuerliches Aktivierungsgebot”. Die abweichenden handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen implizieren die Abgrenzung latenter Steuern. Zur Abgrenzung latenter Steuern bei Personenhandelsgesellschaften vgl. Kapitel 8.
Beispiel 64: Selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Die Know-How OHG ist im Bereich der Wissensforschung tätig. Im Jahr 2012 fallen Forschungskosten von 900.000 € an. Nach den erfolgreichen Tests des Prototyps der neuen Lernsoftware „Know better” fallen für die Entwicklung des Produkts weitere Entwicklungsaufwendungen von insgesamt 4.500.000 € an. Die voraussichtliche Nutzungsdauer beträgt zehn Jahre, der Steuersatz 15 %. Aus Vereinfachungsgründen ist für das Jahr 2012 keine planmäßige Abschreibung vorzunehmen. Zum 31. 12. 2012 ist die Werthaltigkeit der angesetzten Beträge durch entsprechende Marktstudien nachgewiesen, sodass kein Wertberichtigungsbedarf gegeben ist. Im Jahr 2012 sind – unter der bilanzpolitischen Zielfunktion, ein möglichst hohes Ergebnis bzw. Eigenkapital auszuweisen – 4.500.000 € zu aktivieren. Gleichzeitig sind passive latente Steuern i. H. v. 675.000 € (15 % von 4.500.000 €) anzusetzen. Im Jahr 2013 sind die aktivierten Entwicklungsaufwendungen abzuschreiben (zeitanteilig planmäßig um 450.000 €). Gleichzeitig sind die passiven latenten Steuern anteilig (i. H. v. 67.500 €) aufzulösen.
Herstellungskosten
Die in § 255 HGB geregelte Herstellungskostenuntergrenze wird nach den Vorschriften des BilMoG an die bisherigen steuerrechtlichen Regelungen angepasst. Nach § 255 Abs. 2 HGB zählen demnach zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten die Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten und die Sondereinzelkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Einzelfallabhängig zählen dazu auch Abschreibungen auf nach § 248 Abs. 2 HGB aktivierte Entwicklungsaufwendungen. Soweit handelsrechtliche Abschreibungen auf selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände nach § 248 Abs. 2 HGB anfallen und bei den Herstellungskosten zu berücksichtigen sind, stehen sich handels- und steuerrechtliche Herstellungskosten in unterschiedlicher Höhe gegenüber. Auf die durch den Bewertungsunterschied entstehenden Differenzen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz sind latente Steuern abzugrenzen.
Unmittelbar der Produktion zurechenbare Kosten sind die Kostenbestandteile, die in Abhängigkeit der Erzeugnismenge variieren. Folglich sind Einzelkosten als variable Kosten anzusehen.
Es verbleibt dem Bilanzierenden ein Wahlrecht, über die vorgenannte Herstellungskostenuntergrenze hinaus angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung anzusetzen, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.
Für Vertriebskosten bleibt es beim Aktivierungsverbot. Ebenfalls besteht ein Ansatzverbot für Forschungskosten.
ABB. 10: Herstellungskostenermittlung
Entsprechend den grundsätzlich Ende 2012 beschlossenen Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 – EStÄR 2012 – sind künftig für die Ermittlung der steuerrechtlichen Herstellungskosten neben den bisher in den Herstellungskosten zu erfassenden Kosten zusätzlich auch ein angemessener Teil der Kosten der allgemeinen Verwaltung, ein angemessener Teil der Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung verpflichtend anzusetzen. Damit verbleiben nach den aufgezeigten steuerlichen Änderungen keine Wahlrechtsbestandteile hinsichtlich der Herstellungskosten mehr, sondern der steuerliche Ansatz der Herstellungskosten muss zu Vollkosten erfolgen. Künftig fallen also die Herstellungskosten bei Anwendung der handelsrechtlichen Wertuntergrenze zwischen der Handels- und der Steuerbilanz auseinander. Die Neuregelungen treten mit ihrer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt in Kraft. Die bisherige Herstellungskostenuntergrenze darf weiterhin für das Jahr 2012 angewendet werden. Die Neufassung ist nach ihrer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt erstmals für 2013 zu berücksichtigen.
Beispiel 65: Herstellungskosten
Im Sachanlagevermögen der Gamma KG befindet sich eine Maschine, die von der Gesellschaft im Jahr 2007 selbst hergestellt wurde. Der Buchwert zum 31. 12. 2011 beträgt 2.700.000 €. Die Bewertung erfolgte im Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung zu Einzelkosten – der zu diesem Zeitpunkt zulässigen Wertuntergrenze der Herstellungskosten.
Im Februar 2012 rüstet die Gamma KG die Maschine nach, um sie an die neuen Erfordernisse für den Einsatz im Unternehmen anzupassen. Es fallen Fertigungseinzelkosten i. H. v. 1.060.000 €, Materialgemeinkosten i. H. v. 1.200.000 € sowie anteilige fertigungsbezogene Abschreibungen i. H. v. 100.000 € an. Da die Nachrüstung eine wesentliche Verbesserung der Maschine darstellt, müssen die Kosten dafür aktiviert werden. Für die Bewertung der Nachrüstung in 2012 sind zwingend die Regelungen des § 255 Abs. 2 HGB anzuwenden. Daher sind nicht nur die Einzel-, sondern auch die Gemeinkosten zwingend anzusetzen. Der Buchwert der Maschine steigt daher zum 31. 12. 2012 um 2.360.000 €.
3.2 Buchung erfolgsneutraler Umstellungseffekte auf Ebene der Personenhandelsgesellschaft
3.2.1 Erfolgsneutrale Umstellungseffekte
Das Übergangsrecht des BilMoG sieht für bestimmte Bilanzposten, die nach neuem Recht nicht mehr gebildet werden dürfen, Beibehaltungs- bzw. Fortführungswahlrechte vor (Art. 67 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 EGHGB). Davon sind beispielsweise Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 HGB a. F. oder Sonderposten mit Rücklageanteil betroffen. Wird von dem Beibehaltungs- bzw. Fortführungswahlrecht kein Gebrauch gemacht, sind die betroffenen Bilanzposten im Regelfall erfolgsneutral aufzulösen und in die Gewinnrücklagen einzustellen bzw. mit diesen zu verrechnen (Art. 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 bzw. Abs. 4 Satz 2 EGHGB). Die erfolgsneutrale Buchung gilt außerdem für die erstmalige Anwendung der Vorschriften zu latenten Steuern nach § 274 HGB.
Bei Personenhandelsgesellschaften stellt sich mit Blick auf die oben beschriebene erfolgsneutrale Buchung das Problem, dass die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften eine Bildung von Gewinnrücklagen nicht vorsehen. Auch Gesellschaftsverträge von Personenhandelsgesellschaften berücksichtigen in vielen Fällen keine Gewinnrücklagen. Damit stellt sich die Frage, wie die Buchung der erfolgsneutral zu behandelnden Sachverhalte bei den Personenhandelsgesellschaften zu erfolgen hat, die über keine Gewinnrücklagen verfügen. Die gleiche Problematik ergibt sich auch für laufende erfolgsneutrale Buchungen, die nicht mit der BilMoG-Umstellung in Verbindung stehen. Ein Lösungsansatz wurde durch den Arbeitskreis „Personengesellschaften” des