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Hans Peter Klein
Vom Streifenhörnchen zum Nadelstreifen
Das deutsche Bildungswesen im Kompetenztaumel
Hans Peter Klein studierte Biologie, Chemie und Sportwissenschaft in Bonn. Als Gymnasiallehrer sammelte er jahrelang Erfahrungen im Schulbetrieb. 2001 wurde er auf den Lehrstuhl für Didaktik der Biowissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt berufen. Er ist Präsident der Gesellschaft für Didaktik der Biowissenschaften, Mitbegründer der Gesellschaft für Bildung und Wissen und Mitglied der Bildungskommission der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. Er publiziert regelmäßig Artikel und ist bundesweit ein gefragter Kommentator zum Thema Bildung.
Inhalt
Die lustige Welt der Streifenhörnchen
Polarfüchse, Bienenwölfe, Kannenpflanzen und allerlei anderes Getier
Weiße Haie, Hamburger See-Elefanten, springende Tiger und Versteckspielen
Über Pulsmessungen, Mummenschanz, einen Hauch von Woodstock und sieben Brücken
Das Schaf Dolly, Ozon-Männchen, Designerklamotten und Geheimbünde
Zollstock, Maßband und der vierfache Toeloop
Über Kompetenzimperien, des Pudels Kern und das Rasch-&-Sicher-Modell
Sechs Kilogramm Reis und grüne U-Boote
Hochschulen im Kompetenztaumel
Schall und Rauch in Manhattan und San Diego und ein gefährlicher Irrtum
»No Child Left Behind« auf deutsch – von Gauklern, Hütchenspielern und allerlei Zauberei
Über Australopithecinen, Döner-Deutsch, Broken English und Universalgenies
Conclusio – viele Köche verderben den Brei
Übungsblatt für Studierende im Bachelor-Studiengang
Harald Martenstein Don’t say it in German. Say it in Broken English
Gegen eine Dummheit, die gerade in Mode ist, kommt keine Klugheit auf.
Theodor Fontane
Vorwort
Zu dem vorliegenden Buch wäre es sicherlich nicht gekommen, wenn mich nicht über Jahre hinweg Unterstützer meiner kritischen Begleitung der Entwicklung des deutschen Bildungswesens nach PISA und Bologna nach Vorträgen oder Kolumnen in den einschlägigen Presseorganen dazu angeregt hätten, die vielfältigen Bedenken doch einmal für die Allgemeinheit zu Papier zu bringen. Der Autor dieser Zeilen scheint nach nunmehr mehr als 40-jähriger Erfahrung im deutschen Bildungswesen einer der wenigen zu sein, die es sich immer noch erlauben, die W-Fragen aus der Sesamstraße »Wieso?«, »Weshalb?«, »Warum?« zu stellen, die seit der Jahrtausendwende seitens der Politik nicht mehr erwünscht sind. Einmal in Kraft gesetzt, gelten politische Entscheidungen heutzutage wie selbstverständlich als »alternativlos«. Dabei ist es diese Formulierung, die den Prinzipien einer Demokratie entgegensteht. Schnell wird als Ewig-Gestriger, Ignorant, gar Querulant bezeichnet oder hat mit beruflichen oder finanziellen Nachteilen zu rechnen, wer nicht auf der vorgegebenen Mainstreamwelle mitreitet.
Spätestens seit der Jahrtausendwende haben international agierende Großkonzerne in Kooperation mit internationalen politischen Verbünden und Stiftungen den selbstverständlichen demokratischen Gepflogenheiten ein abruptes Ende bereitet. Sie haben weltweit im Bildungssektor das Heft in die Hand genommen und betreiben einen zuweilen offenen, teilweise auch subtilen ökonomischen Bildungskolonialismus, dem sich anscheinend niemand mehr zu widersetzen vermag. Nationale Bildungssysteme werden ohne jegliche Diskussion von oben herab nach dem neoliberalen Credo der Beteiligten ausgehebelt und umgestaltet. Insbesondere das Bildungswesen im deutschsprachigen Raum – wegen seines Allgemeinbildungsgedanken basierend auf Wilhelm von Humboldt einst weltweit anerkannt und als Vorbild selbst in den Vereinigten Staaten kopiert – wurde wegen seiner gerade nicht nur auf Nützlichkeit zielenden Ausrichtung als antiquiert und im Rahmen der vermeintlichen Anforderungen in einer globalisierten Welt als für nicht mehr tragfähig befunden. Gleiches gilt für die duale Ausbildung im deutschsprachigen Raum. PISA und Bologna waren die Eisbrecher, die einen radikalen Paradigmenwechsel hin zur rein ökonomischen Ausrichtung des Rohstoffs Mensch als global agierendes Humankapital einleiteten.
Dem ursprünglich durchaus vorhandenen Widerspruchspotential der Akteure im Bildungswesen wurde einerseits durch entsprechende