angetan. Die Originalausgabe – die göttlich Leibhaftige, Technicolor-3D-Stereobreitwand-Frau verschlug ihr die Sprache. Durchschnittlich groß. (Stoner wurde im selben Augenblick klar, dass sie sehr große Frauen weniger anziehend fand.) Eher schlank, dabei aber kräftig und wohlgeformt. (Und magere Frauen.) Ihr Haar war rehhellbraun (die schon immer und ewig von ihr absolut bevorzugte Lieblingshaarfarbe). Ihre Gesichtszüge ausgeprägt und trotzdem sanft. (Bloß keine kantigen Nasen- oder hochgestellten Backenknochen, nicht für Geld und gute Worte.) Aus dieser Entfernung konnte sie ihre Augen nicht sehen. (Große Augen fressen dich bei lebendigem Leib auf. Stoner wusste wirklich nicht, was sie jemals daran gefunden hatte.) Und sie trug ein weiches, zartblau kariertes Westernhemd, Khakihosen und sandfarbene Cowboystiefel (also alles, was jemand mit gutem Geschmack immer tragen würde).
»Ich denke, es wäre ganz gut, du würdest gelegentlich mal wieder Atem holen, Kerlchen«, sagte Smokey.
Ernüchtert atmete sie alle angehaltene Luft auf einmal aus und schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. »Oh, ein schönes Paar«, murmelte sie.
»Sie ist nicht schlecht, wirklich nett«, bemerkte Smokey.
Sie beobachtete sie, wie sie den Raum durchquerten und sich an einen Tisch setzten. Bryan überragte seine Frau mit einer herablassenden Aura. Nein, er sah nicht schlecht aus, vorausgesetzt, man mochte große, schlanke, breitschultrige Männer mit wehenden schwarzen Haaren und stechendem Blick.
»Er sieht aus, als wäre er aus einem Deodorant-Werbespot abgehauen«, sagte Smokey.
»Vielleicht ist er’s. Nein, er ist ja Bankier.«
Smokey machte ein abfälliges Geräusch.
»Magst du keine Bankleute?«
»Sie sind in Ordnung«, sagte Smokey, »für Leute, die glauben, dass Gott an der Börse spekuliert.«
Stoner lachte. »Hast du üble Erfahrungen mit Bankleuten gemacht?«
»Hast du gute mit ihnen gemacht?«
»Na ja«, sagte Stoner, »Bryan ist kein echter Bankier. Ich meine, er arbeitet in einer Bank, aber ich glaube, er ist kein Bankier.«
»Was ist er dann?«
Stoner fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Ich weiß nicht so genau.«
Gwen sah in die Speisekarte. Bryan schien sie zu beraten. Er redete auf sie ein. Mein Gott, wir sind doch hier nicht im Ritz. Er trug ein Polohemd unter einem Seidenjackett, nagelneue Jeans und ein unsägliches Halstuch. Vermutlich stapfte er abends in einer großen Strickjacke mit Lederbesatz an den Ärmeln herum. Nachdem er bestellt hatte (Mrs. Burton hatte anscheinend vergessen zu erwähnen, dass Gwen in Wirklichkeit stumm war und deshalb nicht in der Lage, ihre Bestellung selbst zu formulieren), griff er über den Tisch und streichelte Gwens Arm mit seinem Zeigefinger. Als er ihre Hand hob, um sie mit seinen Lippen zu berühren, stieß Stoner ihren Stuhl zurück. »Entschuldige«, murmelte sie und sprang auf.
»Irgendwas falsch?«
»Ich hasse Sex überm Orangensaft.« Als sie den Tisch der beiden erreicht hatte, hatte sie sich wieder im Griff. »Hallo«, sagte sie souverän.
Gwen sah auf und Stoner fühlte, wie sich der Boden unter ihren Füßen auftat. Mein Gott, Mahagoniaugen. Sie stemmte ihre Hände fest in die Taschen. »Sind Sie …«, ihr Mund war trocken, »sind Sie zufällig Gwen Owens?«
Bryan hatte sich halb von seinem Stuhl erhoben. »Oxnard«, sagte er brüskiert. »Gwen Oxnard.«
»Oh, natürlich. Und Sie müssen Byron sein.«
»Bryan. Und Sie?«
»Oh, öh, mein Name’s Mc Tavish. Sto – Stoner Mc Tavish. Kennen Sie mich nicht?«
Gwen lächelte. »Nein, ich glaube nicht.« Ihre Stimme war samtweich. Stoner hätte schreien können.
»Meine Großmutter und Ihre Tante … ich meine, Ihre Großmutter und meine Tante sind befreundet. Sie war bei uns zum Essen neulich Abend – Ihre Großmutter. Ich sagte, ich werde mal nach Ihnen Ausschau halten.«
»Schön, es freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Gwen und streckte ihre Hand aus. Stoner nahm sie. »Wollen Sie sich zu uns setzen?«
»Nein, wirklich, ich …« Sie starrte Gwen an.
»Unsinn«, sagte Bryan. Stoner zuckte zusammen. Sie hatte ihn vollkommen vergessen. »Wenigstens auf einen Kaffee.«
Stoner sackte ungehörig auf den Stuhl, den er ihr hingeschoben hatte.
»Entschuldigen Sie«, sagte Gwen und befreite ihre Hand.
»Oh, tut mir leid.« Stoner atmete tief durch. Sie musste die Situation unbedingt wieder in den Griff bekommen. Wie eine Gnade des Schicksals erschien die Kellnerin.
»Ihr Kaffee«, sagte sie. »Schwarz.«
»Der Kaffee wird hier draußen grundsätzlich schwarz serviert«, sagte Gwen. »Eine hier übliche Angewohnheit, der wir uns angepasst haben.«
»Wie schön.«
»Sie kennen also meine Großmutter?«
Stoner nickte. »Sie ist eine Klientin meiner Tante, Hermione Moore.«
»Die Hellseherin«, sagte Gwen. »Großmutter hat viel von ihr erzählt. Eine Nichte hat sie nie erwähnt.«
»Tante Hermione hält mich aus ihren geschäftlichen Angelegenheiten vollkommen raus«, sagte Stoner. »Sie sagt, ich sei zu leicht erregbar.«
»Und, sind Sie es?«, fragte Bryan.
»Bin was?«
»Erregbar.«
»Ich denke … eigentlich nicht.« Nur im Augenblick.
»Gwens Großmutter ist erregbar«, sagte Bryan, »ausgesprochen erregbar.«
Gwen senkte ihren Blick. »Bryan, bitte.«
»Es tut mir leid, Schatz«, sagte Bryan. »Ich muss immer daran denken, was sie dir angetan hat …«
Gwen sah Stoner an. »Meine Großmutter war mit unserer Heirat nicht einverstanden«, sagte sie beinahe entschuldigend. »Ich fürchte, es hat zu einer … Verstimmung geführt.«
»Ja«, sagte Stoner, »so was gibt’s.«
»Sind Sie verheiratet?«, fragte Bryan.
Aus irgendeinem Grund klang die Frage unverschämt, so als hätte er sie gefragt, ob sie Unterwäsche trage.
»Nein, bin ich nicht.«
»Es ist sehr verletzend«, sagte er, »wenn die Familie den Menschen, den man liebt, ablehnt.«
Erzähl mir was davon, dachte Stoner. An dem Buch schreibe ich schon länger.
»Hat sie Ihnen irgendetwas davon erzählt?«, fragte Gwen.
Oh, Mist. Was mache ich jetzt?
»Gwen«, sagte Bryan bestimmt, »ich bin sicher, Stoner … Stoner war doch richtig, oder nicht? Seltsamer Name. Ich bin sicher, sie ist nicht an unseren kleinen Problemen interessiert.«
Sie hätte ihm fast ins Gesicht gelacht.
»Davon abgesehen«, fuhr er seidenweich fort, »musst du jetzt dein eigenes Leben leben. Du hast dich lange genug von ihr beherrschen lassen.«
»Für mich war es keine Beherrschung«, sagte Gwen.
Bryan lächelte. »Sanfte Tyrannei ist schwer zu erkennen.«
Du Sack. Stoner versenkte ihren Blick in die Tiefe ihres Kaffeebechers. Sie nahm einen großen Schluck, obwohl sie wusste, dass er viel zu heiß war.
»Sie hat beschlossen zu glauben, ich hätte Gwen nur wegen ihres Geldes geheiratet«, führte Bryan aus. »Meiner Ansicht nach wollte sie Gwen als Begleiterin und Beschützerin für ihre alten Tage bei sich behalten.«
»Können