Thomas Peddinghaus

Seelenheilung


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scheint etwas spezifisch Menschliches zu sein. Es ist unter anderem daran erkennbar, dass der Mensch das einzige Lebewesen auf diesem Planeten zu sein scheint, das sich für ein Leben außerhalb der Erdatmosphäre interessiert. Sei es durch tatsächliche Erforschung des Weltalls, sei es durch die persönliche Betrachtung und bewusste Hinwendung zu Sonne, Mond und Sterne - der Mensch strebt seit Jahrtausenden mit Leib und Seele nach eben diesem Überirdischen. Selbst Hunde, die gelegentlich den Mond anheulen, dürften dies wohl eher aufgrund biologischer Programmierungen, als zum Zweck der seelischen Erbauung, tun. Mir ist jedenfalls derzeit kein weiteres Lebewesen bekannt, das bewusst den Anblick der Himmelsgestirne genießt und dabei romantische oder schwärmerische Gefühle entwickelt.

      Der zweite Teil der Seele des Menschen scheint daher - neben den starken Gefühlen der Erhabenheit und Verbundenheit mit der planetarischen Natur - ein sehr großes Interesse an den überirdischen Welten zu haben.

      Die menschliche Seele hat also einen körperlichen wie auch einen geistigen Aspekt. Am Ende stellt sie das entscheidende Bindeglied zwischen diesen beiden Bereichen des menschlichen Lebens dar.

      Die Seele als Dirigent

      Beginnen möchte ich an dieser Stelle mit der Funktion der Seele, die in erster Linie der Aufrechterhaltung und Koordination der körperlichen Funktionen des Menschen dient: Nennen wir sie der Einfachheit halber Körper- oder Vitalseele. Dabei geht es nicht um die physischen Abläufe an sich, sondern um die Verbindung zwischen der körperlichen und der geistigen Ebene.

      Wenn man nun das Zusammenspiel der biologisch-physiologischen Kräfte des Menschen, seine Sinne und die damit verbundenen Energiekreisläufe bildhaft mit einem großen Sinfonieorchester vergleichen würde, wäre die Rolle der Körper- oder Vitalseele die des Dirigenten. Ihre Aufgabe ist es, die natürlichen lebenserhaltenden Funktionen des Menschen mit seinem Erleben, seinen Gedanken, Empfindungen und Handlungen zu überwachen und in Einklang zu bringen - ihn im wahrsten Sinne zu einem beseelten Wesen zu machen. Dabei agiert sie eher konservativ, d.h. in dem Wortsinn erhaltend und ist Neuerungen und Veränderungen erst einmal skeptisch gegenüber eingestellt. Dies erklärt sich daraus, dass ihre Funktion in erster Linie darin besteht, dass das gesamte Orchester in größtmöglicher Harmonie zusammenspielt. Die einzelnen Instrumente werden zwar in ihrem solistischen Können gewürdigt und können phasenweise zur Geltung kommen. Dies jedoch nur so lange, wie der Gesamtzusammenhang - das heißt die Melodieführung der jeweiligen Sinfonie - gewährleistet ist. Auf den Menschen übertragen bedeutet dies: Wann immer wir uns aus unserem natürlichen Gleichgewicht der Kräfte hinausbewegen, sendet die Seele Warnsignale aus, um uns wieder ins rechte Lot, bzw. Gleis zu bringen.

      Man denke beispielsweise an einen Extrembergsteiger, der aufgrund einer enormen physischen, emotionalen und mentalen Belastung die eigenen Grenzen erreicht oder zeitweise sogar überschreitet. Dabei wird er auch immer wieder bestimmte warnende Signale des Körpers in Form von Erschöpfung wahrnehmen oder innere Stimmen hören, die ihn zur Umkehr oder zumindest zum Innehalten bewegen wollen. Seine Lungenfunktion, das gesamte Herz-Kreislaufsystem und alle anderen lebensnotwendigen Körperfunktionen sind die entscheidenden Signalgeber. Das Gleiche passiert dem Berufstätigen, der über längere Zeit hinweg eindeutige Signale einer körperlich-geistig-seelischen Überforderung ignoriert und sich selbst in einen Zustand des Ausgebranntseins, fachsprachlich ‚Burnout‘ genannt, hineinmanövriert. Das reicht von Schwindelattacken über Magen- und Darmbeschwerden bis zu massiven Erschöpfungszuständen. Diese Warnsignale werden von unserer Körperseele ausgesendet, um uns daran zu erinnern, dass wir in einem Zustand der natürlichen Ausgewogenheit am Besten funktionieren und damit unser persönliches Wohlbefinden bewahrt wird. Ignorieren wir diese Warnsignale über längere Zeiträume, verbrennen wir im wahrsten Sinne unsere seelische Energie. Wir bleiben ausgebrannt und als nahezu seelenloses Wesen auf der Strecke. Mit anderen Worten: Wer seine Seele nicht ab und zu baumeln lässt, dem kann es passieren, dass er ins Taumeln gerät.

      Seelisches Gleichgewicht

      Die Seele ist dabei in einem weiteren Bild vergleichbar mit der Elektrizität, die im Hause des Menschen - also seinem Körper mit all seinen Bestandteilen wie Knochen, Muskeln, Sehnen, Nerven und Organen mit ihren vielfältigen Sinnesfunktionen - die nötige Energie liefert. Ist unser seelisches Leben aus dem Gleichgewicht, so wirkt sich dies wie im Stromkreislauf auf alle angeschlossenen Geräte aus, sei es durch eine schwächere Leistung der einzelnen Teile oder aber durch einen kompletten Kurzschluss und damit den Ausfall des ganzen Systems. Dies ist ein Zustand, der sich in Formulierungen wie „Ich fühle mich saft- und kraftlos“ oder „Ich stehe ständig unter Strom“ bildhaft ausdrückt. Im Moment der anhaltenden seelischen Belastung sind wir scheinbar nicht mehr im Vollbesitz unserer seelisch-geistig-körperlichen Fähigkeiten. Das Wort ‚Stress‘, bzw. das englische Wort ‚distress‘ (= Sorge, Kummer), stammt ursprünglich vom lateinischen ‚distringere‘, was so viel bedeutet wie ‚einengen, abschneiden‘, will sagen: In dem Moment, in dem wir unter dauerhaftem, also chronischen Stress stehen, ohne ihn angemessen abbauen, bzw. bewältigen zu können, sind wir abgeschnitten von unseren natürlichen Fähigkeiten. Als Folge brennt uns entweder die eine oder andere Sicherung durch oder aber es bricht gleich der gesamte (Strom-) Kreislauf zusammen.

      Gott sei Dank haben wir wie jeder geregelte Stromkreislauf ein gut ausgetüfteltes Sicherungssystem. Da gibt es einzelne Sicherungen wie die kleinen Warnsignale von Kurzatmigkeit über Schweißausbrüche bis zu Herzrasen. Wenn diese Sicherungssysteme versagen oder ignoriert werden, gibt es immer noch einen (FI-) Schutzschalter für den gesamten Kreislauf, vergleichbar mit einem Kreislaufkollaps beim Menschen. All diese, auch unter dem Namen ‚Stresssymptome‘ bekannten Warnsignale sind im Gesamtsystem Mensch eingebaute Sicherungsmechanismen, um uns vor Schlimmerem zu bewahren. Wenn wir sie ignorieren und uns nicht auf die Suche nach der möglichen Ursache der Störung der Stromversorgung machen, sind wir ständig damit beschäftigt, die Sicherungen zu wechseln. Im therapeutischen Sinne spricht man dabei von der so genannten Symptombehandlung, der sowohl im medizinischen wie psychiatrischen Bereich nach wie vor am Weitesten verbreiteten Behandlungsform. Dabei würde wohl kein professioneller Elektriker bei einer Störung des Stromkreislaufes auf die Idee kommen, den betroffenen Hausbesitzer dauerhaft mit einer ganzen Wagenladung Sicherungen zu versorgen und zu glauben, damit dem Übel nachhaltig Abhilfe verschafft zu haben.

      Es gilt also im Falle wiederkehrender Unterbrechungen und Ausfälle der Stromversorgung, sprich chronischem Stress, eine Bestandsaufnahme zu machen. Eine Bestandsaufnahme, die sowohl die körperlichen Symptome, als auch die psychischen Spannungszustände des Menschen erfasst.

      Auf den Komponisten kommt es an

      Um zum ursprünglichen Bild der Seele als Orchesterdirigenten zurückzukehren: Wenn man dem Menschen zu einer wirklichen Heil-, das heißt Ganzwerdung verhelfen will, bedarf es also einer Betrachtung des ganzen Orchesters und seines Zusammenspiels mit dem Dirigenten. Misstöne im Klangkörper sind selten auf einzelne Instrumente oder Musiker beschränkt, sondern werden meist durch die mangelhafte Abstimmung zwischen den einzelnen Teilen verursacht. Selbst bei einem scheinbar eindeutigen Missklang im System des Menschen in Form eines Herzinfarktes ist es nie das Herz alleine, das das Problem darstellt. Das Zusammenspiel mit der Blutversorgung im Körper ist ein wesentlicher Zusammenhang, den es bei jeglicher Art von Herzversagen zu berücksichtigen gilt. Die Blutversorgung wiederum ist abhängig von einer Vielzahl von Faktoren wie Ernährung, Bewegung, geistiger und emotionaler Beanspruchung und damit der Gewohnheiten und der persönlichen Lebenseinstellung des betroffenen Menschen. Die Seele selbst, also der Dirigent, ist nämlich abhängig davon, welche Art der Komposition es zu interpretieren gilt. Die Vorlage des Komponisten ist immer noch die entscheidende Grundlage für jegliches musikalische Zusammenspiel. Das heißt, ohne Komponist kein Dirigent und auch kein Orchester. Drei mal dürfen Sie an dieser Stelle raten, wem in diesem Zusammenhang die Rolle des Komponisten zufällt. Genau. Sie selbst sind es, die Ihrer Seele die entsprechenden Vorgaben zu machen haben und Sie mit der Aufführung der Sinfonie beauftragen. Selbst der egozentrischste Dirigent wird zugestehen, dass er ohne die Komposition aufgeschmissen wäre und sich daher in erster Linie mehr oder weniger loyal dem Komponisten gegenüber verhalten. Das wiederum bedeutet, Sie selbst geben letzten Endes im wahrsten Sinne den Ton und den Takt an. Von Ihren Vorgaben wird es abhängen, wie sich Ihre Seele als ausführender Dirigent betätigen