hier sein. Die Jagd beginnt immer auf einer vorher festgelegten Route. Die Schützen stellen sich an bestimmten Punkten des Fernwechsels der Wildschweine auf und die Jäger treiben die Tiere mit den Hunden aus dem Unterholz. Diese rennen in Richtung Talaue. Ihr Weg ist kurz vor dem Weiher an der Merburg zu Ende. Bis dorthin müssen die Schützen so viele Tiere wie möglich erlegt haben. Ihr müsst Simon dazu überreden, dass er mit Euch noch vor den Jägern loszieht und ihn dann in Schussrichtung der Armbrustschützen positionieren.“
„Ich glaube, ich habe auch schon einen guten Einfall. Es ist seine allererste Jagd, an der er teilnehmen darf. Ich werde ihn dazu überreden, dass er aus der Waffenkammer einen Sauzahn entwendet. Dann soll er sich mit diesem Speer vor dem Weiher im Gebüsch verstecken. Wenn dann der Rest der Rotte angestürmt kommt, muss er probieren, ein Schwein von Hand zu erledigen.“
„Das ist wirklich ein ausgezeichneter Einfall! Er wird genau in der Ziellinie stehen und ich kann ihn von einem der großen Felsen am Weiher aus erwischen! “
„Aber wird Simon da mitspielen?“
„Ich denke schon. Sagt ihm einfach, was das für einen Ruhm für ihn bedeuten würde, wenn er bei seiner ersten Jagd ein Tier mit einem Sauzahn aus nächster Nähe erlegt, während die anderen sich nur mit Pfeil und Bogen trauen!“
„Da hast du recht! Aber was ist mit den Pfeilen? Diese werden doch für alle Teilnehmer mit unterschiedlichen Kerben und Farben gekennzeichnet, damit man den „König der Jagd“ mit den meisten Treffern ermitteln kann. Wird man uns so nicht als Täter entlarven?“
„Ich nehme mir heimlich von einem fremden Ritter drei Pfeile und benutze diese. Dann wird es so aussehen, als hätte dieser Simon getroffen.“
„Ich muss in den nächsten Tagen besonders nett zu ihm sein, damit er mir vertraut und auf mich hört.“
„Und wenn die ganze Sache vorbei ist, müsst Ihr Euch bei Eurer Tante einschmeicheln.“
„Das wird mir nicht leicht fallen, aber lasst uns morgen zuerst einmal die Jagdroute abgehen und zeige mir die Stelle, an der Simon warten soll. Du kannst dich nun zurückziehen, wenn ich erst einmal Graf von Homburg bin, zeige ich mich erkenntlich.“
Jakob verließ das Zimmer. Walther legte seine Gewänder ab und hängte sie über einen Ständer. Er zog sich ein wollenes Nachtgewand über, löschte die Kerze und legte sich nieder.
Obwohl es erst November war, war es schon bitterkalt. Wenn diese Sache endlich geregelt wäre, sollte Jakob ihm eine Magd aus dem Dorf besorgen, die ihm die Nächte versüßen sollte. Er hatte schon lange keine Frau mehr gehabt und eine Frau von der Burg konnte er sich nicht nehmen, weil weder Philipp noch Margareta das dulden würden. Aber die Zeit würde kommen, in der er keine Rücksicht mehr nehmen müsste!
Kapitel 2
Margareta erwachte in den frühen Morgenstunden. Draußen war es noch dunkel, doch sie konnte nicht mehr einschlafen. Vorsichtig schlich sie sich aus dem Bett, um ihren Gatten nicht aufzuwecken. Sie ging in das Ankleidezimmer, wo auf der Anrichte bereits frisches Wasser stand und wusch sich ein wenig ab. Die Gräfin betrachtete sich im Spiegel; trotz ihrer dreiunddreißig Jahre sah sie immer noch jung und frisch aus. Der einzige Makel war ein lindenblattförmiges, braunes Mal unter ihrem linken Schlüsselbein. Philipp sagte immer es wäre wie ein Siegel, an dem er sie jederzeit erkennen könnte. Schon ihre Mutter zierte ein solches Mal, ihr Sohn Simon hingegen hatte es nicht geerbt. Im Sommer trug sie immer einen dünnen Schal, der die Stelle verbarg. Sie rief nach ihrer Zofe. Eine junge Frau mit braunen Haaren, in das schlichte braungraue Gewand der Dienerschaft gekleidet, kam herbeigeeilt.
„Guten Morgen Herrin, habt Ihr gut geschlafen?“
Die Zofe half Margareta in ein dickes blaues Wollkleid.
„Nehmt Platz, ich mache Euch die Haare.“
Margareta setze sich auf einen Schemel und ließ sich die Haare kämmen und flechten.
„Hast du gesehen, Grete, ob die Herrschaften aus Zweibrücken schon aufgestanden sind? Sie wollten zeitig aufbrechen.“
„Der Herr und die Dame haben sich schon angekleidet und packen gerade ihre Sachen zusammen, Herrin.“
„Das ist gut, dann können wir uns bei der Morgenmahlzeit noch verabschieden.“
Die Zofe steckte die Zöpfe der Gräfin hoch und setzte ihr eine weiße Haube auf. Dann legte sie ihr einen weißen gestrickten Schal um den Hals.
„Heute Morgen kommt ein Tuchhändler hoch zur Burg. Er will mir seine Stoffe zeigen. Für den Winter können wir noch einiges gebrauchen, damit wir neue Kleidung stricken und nähen können. Simon hat einen ordentlichen Schuss gemacht, er braucht unbedingt noch ein paar neue Sachen.“
„Das werden sich die Edelfrauen bestimmt auch ansehen wollen.“
Mittlerweile war Philipp ebenfalls erwacht. Sein Kammerdiener half ihm beim Ankleiden, dann trat er auf Margareta zu und küsste sie. Er liebte seine Frau sehr. Margareta war Philipps zweite Gemahlin, seine erste Frau Cornelia war im Kindbett zusammen mit ihrer Tochter gestorben. Lange kam er nicht über diesen Verlust hinweg. Doch dann heiratete er vor fünfzehn Jahren die damals achtzehnjährige Margareta von Ochsenstein. Es dauerte eine Weile, bis er das Vertrauen der jungen Frau gewonnen hatte, doch mit den Jahren wurden sie ein wirklich glückliches Paar. Leider hatte Gott ihnen nur ein Kind geschenkt.
Sie begaben sich gemeinsam auf den Weg zu der kleinen sechseckigen Kapelle, die sich südlich des Palas auf der Unterburg befand. Der Innenraum war weiß gekalkt, das Fenster auf der Ostseite hatte hübsche bunte Glasscheiben und davor befand sich ein kleiner Altar mit einem goldenen Kreuz. An der Westwand stand ein Weihwasserbecken. Beim Eintreten bekreuzigten sie sich. Bruder Hubertus wartete bereits und begann gleich mit der Morgenandacht. Nach deren Beendigung gingen sie in den Rittersaal.
Das Auftragen der Morgenmahlzeit war bereits in vollem Gange. Auch die Zweibrücker kamen gerade herunter.
„Guten Morgen. Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen.“
„Ja, danke. Guten Morgen.“
„Es ist schade, dass ihr nicht noch ein paar Tage länger bleiben könnt. Die Jagd und das anschließende Festmahl hätten euch bestimmt gefallen.“
„Das tut uns auch leid, aber Karl muss zurück zu Graf Walram.“
Die Pagen hatten nur zwei Tische gedeckt. Das Gesinde speiste morgens in der Küche und im Gesindehaus und aß dort auch eine Kleinigkeit zu Mittag. Nur abends wurde ein gemeinsames Mahl im großen Rittersaal abgehalten. Sie stellten nun frischgebackenes Brot, Butter, Käse und Äpfel auf den Tisch und reichten dazu Milch und verdünnten Wein.
Nach dem Essen erhoben sich die Gäste und verabschiedeten sich von Margareta und Philipp.
„Richtet Simon noch Grüße von uns aus. Wir freuen uns auf ihn. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.“
„Das hoffen wir auch, kommt gut heim, auf Wiedersehen!“
Die Zweibrücker begaben sich zu ihren Gefolgsleuten und brachen auf.
Margareta nahm sich einen Apfel. Sie hatte gehofft Simon an der Tafel zu treffen, um ein paar Worte mit ihm zu wechseln, doch dieser schlief noch, genauso wie die anderen Ritter. Nachdem sie den Apfel gegessen hatte, wandte sie sich an Philipp: „Ich gebe Johanna noch ein paar Anweisungen, was sie alles im Tal besorgen soll. Gleich kommt der Tuchhändler mit seinen Stoffen.“
„Ich lass dem Fuhrmann sagen, dass er den Zweispänner für die Hauswirtschafterin richtet.“
„Danke, ich gebe ihr Bescheid.“
Sie erhob sich und verließ ebenfalls den Saal. Dann trat sie auf den Hof. Es dämmerte gerade und Margaretas Blick wanderte über die Burganlage, die immer mehr zum Leben erwachte. Sie bestand aus einer Oberburg, die auf einem Felsplateau errichtet worden war, und einer Unterburg, die sich ein Stück tiefer, um den