Michael Dunkel

Deutschland - Dein kaltes Herz


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      Ab und zu passiert es, das sich etwas in mir zusammenzieht, mir den Atem nimmt und mir das Gefühl gibt, in einer Presse zu sein. Es kommt einer Hilflosigkeit gleich, welche man nicht so einfach beschreiben kann. So viele Facetten des Alltags spielen dabei eine Rolle für mich, die mir zeigen, unsere Gesellschaft ist oberflächlich, egoistisch und auch ignorant geworden.

      NEIN, wird jetzt der Aufschrei kommen, nein, wir sind doch alle so auf Gemeinschaft bedacht, wir sind doch so human und hilfsbereit, was will der uns denn sagen?

      Ich möchte damit ausdrücken, dass wir uns alle oder doch sehr viele, eine schöne Tünche angerührt haben, die wir vordergründig bei jeder Gelegenheit hervorholen, um uns einen hübschen Anstrich zu geben.

      Genau auf diesen Anstrich wird peinlichst geachtet und jeder hat ihn, ähnlich eines Ausweises, griffbereit, wenn jemand versucht, daran zu kratzen.

      Ich möchte daran kratzen, still, nachdenklich aber auch mit einer gewissen Wut. Es hat sich schleichend und fast unmerklich in unserem Leben breitgemacht - eine Oberflächlichkeit, welche ausgrenzt, die keine tiefen Gespräche mehr zulässt und die damit auch echte Nähe abtropfen lässt, wie an einer Folie.

      Es gibt natürlich verschiedene Ursachen, welche das bewirkt haben. Unsere Arbeit ist stressiger geworden, der Druck und die Angst, seinen Status zu verlieren stiegen stetig und es ist nicht ausgestanden. Die Ansprüche, welche die Gesellschaft an uns stellt, sind für Einige nicht zu erfüllen und lassen so auch Frustration und Versagensängste aufkommen. Was unsere Gesellschaft vor vielen Jahrzehnten dann noch mit- und untereinander regelte, wurde fast komplett zu den Psychiatern und Therapeuten geschoben. Abgedunkelt, versteckt und isoliert.

      Dabei ist es doch eigentlich so einfach, sich den Anderen zuzuwenden, mit Ehrlichkeit und Offenheit dem anderen zu signalisieren, Du stehst da nicht alleine. Worte und Gespräche sind Balsam und befreiend. Nicht wirklich in einem Therapie-Raum sondern im Miteinander der eigenen Strukturen. Ich plädiere eindringlich dafür, wenden wir uns wieder dem anderen zu. Lassen wir uns wieder auf einen tiefen Austausch ein. Nicht nur dann, wenn es um Zweisamkeiten geht sondern auch, wenn wir uns in Gemeinschaft befinden. Leider oft nur zusammengewürfelt aus Zweckdenken heraus.

       Am Anfang stand das Wort!

      Was uns die Bibel damit sagte, ist nicht nur eine Offenbarung, es ist gleichzeitig eine Mahnung. Worte sind ausgesprochene Gedanken. Sie verraten uns die Einstellung eines Menschen und untermauern dessen Handlung.

      Sie können Hass oder Umarmung auslösen. Sie können verletzen oder trösten.

      Sie geben Kraft oder lassen jemanden in Verzweiflung zurück.

      Worte sind Waffen oder Heilung.

      Wir gehen mit dem Wort heute viel zu leichtsinnig, viel zu oberflächlich um und vergessen dabei, dass sie sich in unser Unterbewusstsein tief eingraben.

      Gerade deshalb sollten Worte so gewählt sein, dass sie den Aufruf zum Nachdenken beinhalten, nicht nur die Handlung in den Vordergrund stellen. Dass sie es vermögen, in Menschen eine eigene neue Überlegung anzustoßen und diese sich weiter entwickeln zu lassen. Dazu ein kleines Bespiel aus der näheren Vergangenheit.

      Zwischen der Aussage, „wir schaffen das“ und dem Kommentar, „für mich ist es Pack“, liegen ganze Bandbreiten.

      Beiden liegt zu Grunde, sie wurden in den Raum geworfen, zur gefälligen Selbstbedienung mit Interpretationsfreiheit. Beide Aussagen konnten nicht gegensätzlicher sein. Die eine sollte verbinden, die andere ausgrenzen und beide wurden somit unbewusst zerstörend.

      Wer Worte unbedacht frei lässt, sie nicht platziert in Gedankengänge und sie somit einbettet in eine Geschichte, der handelt verantwortungslos.

      Worte, die wahllos dem Publikum zum Fraß hingeworfen werden, verselbstständigen sich, richten Unheil an.

      Sie können zu Keilen in einer Gesellschaft werden, die ein Ganzes zersplittern lässt.

      Ebenso können sie aber auch Halt und Zuversicht erzeugen. Die Macht der Worte ist ungebrochen.

      Nur heute werden sie wie wahllos aneinander gereiht, in die Luft geworfen und in die Allgemeinheit geschleudert, ohne daran zu denken, Worte können sowohl Brandsätze sein als auch Seelenbalsam. Wer Worte nur als Waffe benutzt, ohne sich deren Bedeutung zu verinnerlichen, dem kann man getrost unterstellen, er will den Aufruhr oder sein Gegenüber verletzen. Oft für einen kurzen Applaus eingesetzt, als Effekthascherei genutzt, der den Adressaten gedemütigt oder auch nur sprachlos zurücklässt.

      Worte, gezielt falsch gewählt, haben schon in der Vergangenheit großes Leid über Menschen und ganze Völker gebracht. So oft wurden Worte missbraucht, um fadenscheinige, eigene Ziele zu erreichen. heute setzen wir verletzende Kälte mehr und mehr im eigenen Kreis ein. Teilweise sogar unbewusst. Einige Menschen schauen nicht mehr auf die Reaktionen, die ihre Worte auslösen, weil es sie einfach nicht interessiert. Wichtig scheint nur zu sein, ob der gewählte eigene Clan applaudiert.

      Wie selten wurden Worte dazu eingesetzt, Menschen zu vereinen und sie zusammen zu bringen. Wer Worte nur als ein Skalpell nutzt und dabei vergisst, sie auch als Wundheilung einzusetzen, der begeht ein Verbrechen. Diese Verbrechen begehen wir fast täglich. Um zu Gefallen, für einen kleinen Vorteil, ohne zu erkennen, beim nächsten mal könnte man selbst durch eine Wort-Verletzung unterliegen.

      Am Anfang stand das Wort und wir sollten alle bedenken, wie wir es einsetzen. Zur Mahnung oder als bösartigen Aufruf der Zerstörung.

      Zum Bindeglied zu unterschiedlichen Ansichten oder als Schwert gegen andere Denkprozesse. Das Wort kann Liebe und Tod zugleich ein. Wir sind täglich aufgefordert zu wählen, wie wir es einsetzen möchten.

      Für mich selbst sind Worte bis heute ein wunderbares Mittel, um auf Menschen zuzugehen, sie einzuladen, in meine Gedankenwelt zu treten und sie somit in meine Nähe zu lassen. Für mich stehen Worte für Verbinden, ganz selten für Trennung. Worte sind nicht nur Worte, sie leben und sie sterben nie. Sowohl die Guten als auch die Schlechten.

      Meine Gedanken schweifen oft in die Vergangenheit.

      Nicht, weil ich in einem Alter wäre, wo man achselzuckend resümieren könnte, na, der hat ja sein Leben gelebt. Ich stehe nach wie vor mitten im Geschehen, bin vernetzt und politisch neugierig, wie eh und je. Ganz persönlich habe ich meinen kleinen Kreis, in dem ich mich auch fallen lasse, bewusst und offen.

      Trotzdem vermisse ich eine Zeit, in der ich mit Freunden gemeinsam Filme sah, sie anschließend zerpflücken konnte, mit deren unterschiedlichsten Argumenten.

      Ich erinnere mich an einen Film der achtziger Jahre, einen Film über Flamenco ohne Untertitel und unsynchronisiert.

      Man konnte ihn nur in der Spätvorstellung des Kinos sehen und dennoch waren wir zwölf Personen meiner damaligen Freundesgruppe, die auch zusammen ins Kino gingen.

      Wer möchte heute eine Garantie dafür abgeben, dass ihm dies auch jetzt noch gelingen würde.

      Es ist doch schon kaum mehr möglich, zwanzig Menschen für einen Geburtstag nicht nur unter „einen Hut“ zu bekommen, sondern auch sicher zu sein, dass sie kommen. Es sei denn, es ist eingebunden in einen Grill-Abend. Es scheint zumindest mir so, alles ist darauf ausgerichtet, einen Vorteil zu haben oder der eigenen Wichtigkeit Applaus zollen zu lassen.

      Einfach nur des Spaßes oder der Freunde wegen, kann man heute kaum jemanden motivieren. Vielleicht bin ich da zu kritisch und ich räume auch ein, es gibt andere Beispiele. Nur eben zu wenige.

      Ja, die Zeiten haben sich geändert und im Grundsatz ist das auch ein Vorteil. Im Bereich des Zwischenmenschlichen sehe ich es jedoch als einer der größten Fehler an, die sich unsere Gesellschaft heute leistet. Wir möchten alles an Vergnügen und Ereignissen mitnehmen, überlegen schon auf einem Konzert, was wir danach denn noch unternehmen könnten, anstatt das Konzert in sich aufzunehmen.

      Wir gehen zu einer Einladung und spekulieren dabei, ob man nicht nachher noch den angesagten