gründlich vorgegangen. Eine Fahndung nach einem Täter konnte verständlicherweise nicht ausgelöst werden, da für eine Fahndung jegliche Anhaltspunkte fehlen und wir unsere Tätigkeit bei null beginnen müssen. Der Akte liegt auch eine Geländekarte bei, sodass ihr unsere Unterkunft problemlos finden werdet. Ich werde mich nach meiner Ankunft zuerst mit dem zuständigen Revierleiter von Waren/Müritz in Verbindung setzen, der an den bisherigen Ermittlungen wesentlich mitgearbeitet hat und einen Gesamtüberblick besitzt. Weiterhin werde ich mich mit der zuständigen Staatsanwaltschaft in Verbindung setzen und für die Wohnungen der getöteten Personen einen Durchsuchungsbeschluss beantragen. Über einen Durchsuchungsbeschluss für die Kanzlei ‚Sorge und Partner‘ entscheiden wir vor Ort. Die erste Beratung unserer Gruppe lege ich für 19 Uhr in einem noch festzulegenden Raum in der Orangerie des Schlosses fest. Die Belegung der einzelnen Zimmer könnt ihr nach euren eigenen Vorstellungen bestimmen. Ich wünsche uns viel Erfolg und setze auf ihre volle Unterstützung und konzentrierte Arbeit. Wir sehen uns in Klink“, beendete Ullmann seine Ausführungen.
Jana Schubert, die vor kurzem zum Kommissar berufen worden war, lächelte der Gerichtsmedizinerin Frau Kesser zu und sagte: „Vielleicht können wir ein Zimmer zusammen belegen.“
„Ja, ich würde mich freuen“, erwiderte diese.
Die Zusammensetzung der Mordkommission hatte sich in den zurückliegenden Wochen geändert. Philipp Schroeder, Spitzname OE, war wieder an die Schule zurückgekehrt und wollte nach deren Absolvierung in den höheren Dienst eintreten. Seine Freundschaft zu Jana Schubert, die während der gemeinsamen Bearbeitung der letzten Fälle entstanden war, hielt jedoch weiter an und beide waren weiterhin in Kontakt. Kommissar Ullmann hatte erreicht, dass seine Dienstgruppe um einen weiteren Mitarbeiter aufgestockt wurde und konnte dafür Frank Schmelzer gewinnen. Frank Schmelzer war 40 Jahre alt, verheiratet und in Ketzür nahe Brandenburg wohnhaft. Er war ein sehr freundlicher und umgänglicher Kollege und hatte sich schnell und reibungslos in sein neues Kollektiv eingefügt. Er verstand sich mit der Sekretärin, Frau Schneider, und der weiteren Mitarbeiterin der Mordkommission, Frau Hannelore Meister, sehr gut und war ein wertvolles Mitglied der Mordkommission geworden. Bis zum Wechsel in die Mordkommission hatte Frank Schmelzer unter der Leitung von Hauptkommissar Dieter Seifert in der Abteilung Kleingewalt gearbeitet. Kommissar Seifert, mit dem Ullmann gut befreundet war, hatte dem Wunsch seines Freundes bezüglich der Umsetzung von Frank Schmelzer zugestimmt und ihm ein gutes Zeugnis ausgestellt. Frank Schmelzer hatte ein sehr jugendliches Aussehen und ein selbstsicheres bewusstes Auftreten. Der Hauptkommissar Klaus Ullmann war mit der bisherigen Arbeit von Frank Schmelzer zufrieden und seine Entscheidung zu dessen Eingliederung in die Mordkommission bisher nicht bereut.
„Fahren wir gemeinsam nach Klink?“, fragte Schlosser Klaus Ullmann.
„Ja, aber jeder mit seinen Wagen. Ich kann im Augenblick nicht einschätzen, wie viele Fahrzeuge vor Ort benötigt werden, da kann jedes wichtig werden.“
„Einverstanden. Ich komme bei euch vorbei.“
„Ja, aber nicht so spät. Ich möchte erst noch in Waren vorbeifahren.“
„Soll ich mitkommen?“
„Eigentlich keine schlechte Idee“, stimmte Ullmann zu.
Die beiden Kommissare fuhren zu ihren Familien, um sie über die Situation aufzuklären, ohne die Geheimhaltungsforderungen zu verletzen und um deren Verständnis zu bitten. Die Ehefrauen der beiden Hauptkommissare waren jedoch derartige Situationen gewöhnt und erlebten diese nicht zum ersten Mal. Nachdem die Ehefrauen die wichtigsten Dinge für ihre Männer zurechtgelegt und kleine Koffer gepackt hatten, fuhren die Kommissare gemeinsam nach Waren, wo der zuständige Revierleiter bereits unruhig ihre Ankunft erwartete.
„Nehmen sie Platz“, sagte der Revierleiter.
„Danke, könnten sie uns einen kurzen Umriss der Geschehnisse geben?“, bat Ullmann.
„Selbstverständlich, doch zuerst möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich und meine Mitarbeiter sehr froh über ihre Unterstützung sind und ich kann ihnen versichern, dass wir sie in vollem Umfang unterstützen werden.“
Danach berichtete der Revierleiter umfassend und ausführlich über die Geschehnisse und die bisherigen Ermittlungen, die Ergebnisse der Spurensicherung und der hiesigen Mordkommission eingeschlossen. Er legte kurz die Familienverhältnisse der Getöteten dar und deren berufliche Tätigkeit und ihren Bekanntheitsgrad in ihrer Umgebung. Er schilderte die Umgebung der Fundorte und die zeitlichen Abläufe der Meldungen der Vermisstenanzeige, die nach seiner Meinung nicht zwangsläufig die Reihenfolge der Tötungen sein muss.
Nachdem er seine Berichterstattung beendet hatte, sprach Kommissar Ullmann: „Danke für den ausführlichen Bericht. Ich bin überzeugt, wir werden gut zusammenarbeiten, wobei ich prinzipiell die Aufgaben meiner Gruppe übertragen werde, was jedoch eine zeitweise Unterstützung ihrerseits nicht ausschließt. Ich hatte mich bereits kurz mit ihrer Staatsanwaltschaft in Verbindung gesetzt. Sie wollte sich bei ihnen melden.“
„Ja, Frau Susanne Neuber hat mich kontaktiert und ich soll sie bei ihrem Eintreffen benachrichtigen.“
„Gut, rufen sie Frau Neuber bitte an“, erwiderte Ullmann.
Der Beamte wählte die Nummer und nach wenigen Sekunden meldete sich Frau Neuber und er reichte den Hörer an Hauptkommissar Ullmann weiter.
„Hauptkommissar Ullmann“, meldete der sich.
„Neuber, ich bin die zuständige Staatsanwältin und habe ihr Ersuchen bezüglich eines Durchsuchungsbeschlusses der Wohnungen erhalten.“
„Sind ihnen die Fälle bekannt?“, wollte Ullmann wissen.
„Ja, ich habe die Berichte gelesen.“
„Wie ist ihre Meinung dazu?“, fragte Ullmann.
„Der Fall beinhaltet viele Rätsel und es wird sicher nicht einfach das Verbrechen aufzuklären, denn es gibt nach meiner Ansicht einige mögliche Tatmotive, die sorgfältig durchleuchtet werden müssen.“
„Da sind wir einer Meinung“, stimmte der Kommissar zu.
„Ich würde mich gern mit ihnen, vor der Erstellung des Beschlusses, unterhalten.“
„Einverstanden, wann schlagen sie vor?“
„So schnell wie möglich.“
„Frau Neuber, ich habe einen Vorschlag und hoffe auf ihre Zustimmung.“
„Ich höre.“
„Unsere Einsatzgruppe, von der sie sicherlich Kenntnis haben, trifft sich 19 Uhr zur ersten gemeinsamen Besprechung und es wäre nach meiner Auffassung ein guter Zeitpunkt unserer Abstimmung und zudem würden sie über unsere nächsten Schritte und unsere Vorgehensweise informiert.“
„Ein guter Vorschlag, wo ist diese Besprechung?“, fragte die Staatsanwältin.
„Im Schloss Klink, in der Orangerie.“
„Ich werde pünktlich sein und hoffe im Interesse der Aufklärung auf gute Zusammenarbeit.“
„Das beruht auf Gegenseitigkeit, vielleicht könnten sie die Formulare für den Beschluss mitbringen.“
„Das kann ich tun, aber deren Ausstellung überlassen sie bitte mir“, entgegnete Frau Neuber.
„Bis dann, ich freue mich auf unser Treffen“, antwortete Ullmann und beendete das Gespräch.
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