Joachim Bräunig

Die Magie der Sucht


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das Telefon läutete und eine aufgeregte weibliche Stimme sich nach dem Befinden ihres Mannes erkundigte.

      „Mit wem spreche ich?“, fragte der Revierleiter.

      „Lia Sorge.“

      Der Revierleiter stutze und wusste für einen Augenblick nicht wie er sich der Frau des Getöteten gegenüber verhalten sollte. Schließlich fragte er: „Wie kann ich ihnen helfen?“

      „Meine Tochter hat mich soeben aus Australien angerufen und mir mitgeteilt, dass mein Mann nicht zu erreichen ist. Sie hat bei ihnen eine Vermisstenanzeige aufgegeben.“

      „Ja, ich weiß, Frau Sorge.“

      „Was ist mit meinem Mann, haben sie neue Erkenntnisse?“

      „Frau Sorge, wann haben sie letztmalig mit ihrem Gatten gesprochen?“

      „Ich habe am Donnerstagabend das letzte Mal mit ihm telefoniert. Ich bin zurzeit in Berlin und pflege meine Eltern, was sehr aufwendig ist und deshalb kann ich leider nicht täglich mit meinen Mann sprechen.“

      „Ich verstehe, Frau Sorge, aber im Augenblick kann ich ihnen leider nichts Neues mitteilen, wir ermitteln weiter bezüglich des Verbleibes ihres Gatten“, sagte der Revierleiter, weil er sich im Augenblick nicht schlüssig wurde, der besorgten Frau das Ableben ihres Mannes mitzuteilen und außerdem wollte er auf Grund der bisher vorliegenden Erkenntnissen nicht voreilig falsche Schlüsse ziehen. Zudem konnte er sich nicht entschließen, die Frau telefonisch über den gewaltsamen Tod ihres Gatten zu informieren. Er entschloss sich daher, das Ableben ihres Mannes vorerst zu verschweigen und sprach: „Sobald wir Informationen zum Aufenthalt ihres Mannes haben, werden wie sie in Kenntnis setzen.“

      „Ich erwarte ihren Anruf, damit ich auch meine Tochter informieren kann.“

      „Hat ihr Mann bei ihrem letzten Gespräch einen Ausflug erwähnt?“

      „Nein.“

      „Hatte er anderweitig etwas geplant?“

      „Nein und wenn hätte er mich mit Sicherheit informiert.“

      „Hat er über körperliche Beschwerden gesprochen?“, fragte der Beamte, um die Frau abzulenken.

      „Keinesfalls, er war immer gesund.“

      „Gut, Frau Sorge, wir melden uns wieder bei Ihnen.“

      Nach diesem Telefonat ging er zum Wagen und fuhr Richtung Röbel, das er von zahlreichen Ausflügen mit seiner Familie gut kannte. Er sah bereits von weitem seine Mitarbeiter auf der Zufahrtstraße stehen und war zufrieden, dass sie das Grundstück gut abgesichert hatten. Die meisten Passanten gingen teilnahmslos an ihnen vorbei, sodass nicht mit großem Auflauf zu rechnen war. Er fuhr sein Fahrzeug bis zum Grundstück von Ulf Sorge und lief danach zu seinen Untergebenen zurück.

      „Waren sie schon im Haus?“, wurde er gefragt.

      „Nein, dass erledige ich anschließend.“

      „Sind die Spurensicherung und die Kripo unterwegs?“

      „Ja, müssten beide in Kürze eintreffen.“

      „Eigentlich haben wir Dienstschluss“, warf ein Polizist ein.

      „Ich weiß und ich habe ihre Ablösung bereits veranlasst.“

      „Wie lange wollen sie heute noch arbeiten?“, kam die nächste Frage.

      „Solange, bis ich diesen Fall der nächsten Schicht problemlos übergeben kann. Ich denke, dass die Kripo die weiteren Schritte und Ermittlungen aufnimmt.“

      Sie unterhielten sich noch einige Zeit, als das Handy des Revierleiters erneut läutete und sich die Wache seines Revieres meldete.

      „Sie müssen sofort zurückkommen“, sagte der Beamte.

      „Weshalb?“

      „Uns liegt eine weitere Vermisstenanzeige vor.“

      „Seit wann ist die Person vermisst.“

      „Nach Aussage des Anrufers erfolgte der letzte Kontakt vorgestern, also am Donnerstag.“

      „Um welche Person handelt es sich?“

      „Der Vermisste ist Detlef Schmidt.“

      „Der Immobilienmakler aus Vipperow?“

      „Ja.“

      „Von wo kam der Anruf und wer rief an?“

      „Der Anrufer war sein Sohn und der Anruf kam aus Ahlbeck.“

      „Sobald die Kripo und die Spurensicherung hier in Röbel vor Ort sind, werde ich im Fall Detlef Schmidt die notwendigen Maßnahmen einleiten. Gab es weiteren Kontakt zwischen Sohn und Vater?“

      „Der Sohn hat ihn gestern Abend angerufen, aber keinen Kontakt bekommen, woraufhin er die Bitte um Rückruf auf den Anrufbeantworter gesprochen hat. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat er jedoch kein Lebenszeichen von seinem Vater bekommen, was nach Meinung des Sohnes sehr ungewöhnlich ist.“

      „Gut, bis später“, beendete er das Gespräch und ging zu seinen Kollegen.

      „Der Tag wird noch etwas länger für euch“, sprach er zu ihnen.

      „Wieso?“, fragten beide verdutzt.

      „Es gibt eine weitere wichtige Vermisstenanzeige.“

      „Das ist jetzt aber nicht wahr, Chef.“

      „Doch und ich habe keine weiteren Leute in der jetzigen Schicht.“

      „Ein tolles Wochenende, auf welches ich mich gefreut habe.“

      „Tut mir leid Jungs, aber es geht nicht anders“, sagte er und konnte mit Genugtuung die Ankunft der Spurensicherung begrüßen, die er sofort zum Grundstück weiterschickte.

      „Ihr fahrt beide nach Vipperow zum Grundstück von Detlef Schmidt, lasst euch von der Wache einweisen. Wenn ihr angekommen seid, gebt mir sofort Bescheid. Ich gehe jetzt mit der Spurensicherung alles durch und komme nach der Absprache mit der Kripo zu euch.“

      „Das kann ein schönes Wochenende werden, ich hoffe nur in Vipperow erwartet uns nicht das gleiche Bild wie hier“, lächelte ein Streifenpolizist.

      „Der Ort ist doch nur rund fünfzehn Kilometer von hier entfernt.“

      „Ja, aber die Spurensicherung und die Kripo können nicht gleichzeitig an zwei Orten sein.“

      „Macht euch auf den Weg, ich komme sobald als möglich nach“, sagte der Chef und ging zum Grundstück von Ulf Sorge zurück, wo die Kollegen bereits warteten. Er erkundigte sich bei den Mitarbeitern der Spurensicherung und der Kripo nach bisherigen Ergebnissen, wobei ihm mitgeteilt wurde, dass gegenwärtig noch keine konkreten Aussagen möglich seien.

      „Es gibt seit zwanzig Minuten eine weitere Vermisstenanzeige, der wir sofort nachgehen müssen“, sagte der Beamte und schaute seine Kollegen an, die leicht verwirrt dreinschauten.

      „Es handelt sich um eine ziemlich bekannte Persönlichkeit.“

      „Bei uns gibt es keine Bewertung nach dem Bekanntheitsgrad eines Vermissten.“

      „Das wollte ich nicht zum Ausdruck bringen“, entschuldigte sich der Revierleiter.

      „Wir haben hier noch einige Zeit zu tun“, schätzten die Kollegen der Kripo ein.

      „Ich werde zum Ort des neuen Vermissten fahren, meine Kollegen habe ich bereits vorgeschickt, gegebenenfalls setzte ich mich mit ihnen in Verbindung.“

      Der Chef des Polizeireviers von Waren/​Müritz setzte sich in Richtung Vipperow in Bewegung und hoffte, dass sich in diesem Fall der Vermisstenanzeige keine weiteren Komplikationen herausstellten. Nach fünfzehn Minuten traf er auf dem Grundstück von Detlef Schmidt am Ende des Ortes ein und fragte seine Mitarbeiter: „Wie ist die Lage?“

      „Alles ruhig und niemand anzutreffen.“