Phil Callaway

Was macht das Stinktier im Kofferraum?


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den Jahren noch lachen können, nicht uns selbst zuzuschreiben haben. Sie beweist nicht unseren Mut, sondern liegt zum großen Teil an einer einfachen Entscheidung, die wir im Sprechzimmer eines Arztes getroffen haben. Ich werde meiner Frau und meinen Kindern treu bleiben. Und ich werde mich fest an Gott klammern. Ich verstehe seine Wege nicht immer, aber ich glaube, dass er mich niemals eine Straße führen wird, die er nicht schon selbst gegangen ist. In der Bibel verspricht er uns seinen Frieden, ein Ziel und Hoffnung – ja sogar Freude – mitten in der finstersten Nacht. Dann wollen wir mal schauen, wo uns dieses Abenteuer hinführt.

      Tom sieht die Dinge folgendermaßen: Mit 55 hat er bei einem Bootsunfall beide Beine verloren und musste dann zusehen, wie seine Millionen-Firma den Bach hinunterging. Eines Tages schaute Tom mich von seinem Rollstuhl im hinteren Teil der Kirche an und meinte: »Ich habe jetzt mehr Fragen an Gott, als bevor das alles passierte, aber ich weiß auch, dass die Bibel für mich noch nie so real war.« Seine Augen wurden feucht und er sah weg. Seine Frau stand hinter ihm mit den Händen am Rollstuhl.

      »Tom hängt am liebsten irgendwelche Bibelverse an den Kühlschrank«, meinte sie lächelnd. »Da hängt dieses große Foto aus glücklicheren Tagen von unserer Familie vor dem Firmensitz. Gestern hat Tom einige Verse aufgeschrieben und sie unter das Bild gehängt.« Sie schlug Habakuk 3,17-18 auf und las vor:

      Noch trägt der Feigenbaum keine Blüten, und der Weinstock bringt keinen Ertrag, noch kann man keine Oliven ernten, und auf unseren Feldern wächst kein Getreide; noch fehlen Schafe und Ziegen auf den Weiden, und auch die Viehställe stehen leer. Und doch will ich jubeln, weil Gott mir hilft, der Herr selbst ist der Grund meiner Freude!

      »Er hat auch einen Magneten darunter gehängt, auf dem steht: ›Am dunkelsten ist es immer, kurz bevor die Kühlschranktür aufgeht‹«, meinte sie lachend.

      Was Tom und seine Frau begriffen zu haben scheinen, das fange ich gerade an zu lernen. Ob wir angesichts der Überraschungen, die das Leben für uns bereithält, noch lachen können, hängt nicht davon ab, ob wir die Gegenwart verstehen oder die Zukunft kennen, sondern von einer Entscheidung, die wir treffen müssen. Wir müssen uns entscheiden zu sagen: »Ganz gleich, was gut läuft im Leben, und ganz gleich, was schief läuft, Gott hat alles im Griff. Und eines Tages – vielleicht nicht morgen und vielleicht auch nicht nächste Woche – werde ich die Dinge so sehen wie er. Also kann ich genauso gut den Kopf heben und lachen.«

      Aber wie kommt man an diesen Punkt?

      Vielleicht kann uns ein Erlebnis weiterhelfen, das ich einmal an einem Wintertag in der neunten Klasse hatte.

      Aber bevor ich Ihnen davon erzähle, muss ich Sie warnen: Wenn Sie dieses Buch spät abends in einem fremden Hotel lesen, sollten Sie vielleicht erst den Boden kontrollieren, bevor Sie weiterlesen.

      Was meinen die Leute, die sagen, »Ich habe keine Angst vor Gott, weil ich weiß, dass er gut zu mir ist«?

      Waren sie noch nie beim Zahnarzt?

      C. S. LEWIS

      Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich mochte Schmerzen noch nie. Als ich in der neunten Klasse war, wog ich knapp 37 Kilo, wenn ich die Taschen voller Münzen hatte, und so beschloss ich, ein bisschen zuzulegen, indem ich doppelt so viel Sellerie aß und ein recht strenges Trainingsprogramm absolvierte, zu dem auch Gewichtheben gehörte. Mein großer Bruder, Dan, erklärte mir, dass man Gehirnzellen abtötete, wenn man die Gewichte über den Kopf hob, was ich mir seiner Ansicht nach nicht erlauben konnte. Also beschloss ich, mich auf den Rücken zu legen und die Gewichte in die Luft zu stemmen.

      An guten Tagen schaffte ich 15 Kilo.

      Eines Samstags, als ich gerade beim Gewichtestemmen war, entfernten sich die 15 Kilo aus meinen Händen. Ich sehe die Szene immer noch in leuchtenden Farben vor mir – manchmal sogar in Zeitlupe mitten in der Nacht.

      Hilflos sah ich zu, wie die Stange mit den Gewichten auf meine Nase zukam. Ich fing an zu schielen, meine Nase knackte laut, und mir kamen die Tränen. Das war das dritte Mal, dass ich mir die Nase gebrochen hatte, obwohl ich sie noch gar nicht so lange hatte. Wenn ich heute meine Nase mit dem Finger bewege, klingt es immer noch, als knacke jemand Erdnüsse.

      »Dad«, sagte mein Sohn vor Kurzem. Den Kopf schräg gelegt schaute er dabei auf meine Nase. »Wenigstens steht sie nicht nach oben, sonst würdest du bei einem Regenguss ertrinken.«

      Lachen hilft. Aber trotzdem mag ich Schmerzen nicht.

      Deshalb erstaunt es mich immer, wenn ich von Menschen höre, die gar nicht genug davon bekommen. Zum Beispiel Jean Luc Antoni. Für Jean gibt es nichts Schöneres, als Ski zu fahren ohne Schnee. Ja, er hat den Weltrekord aufgestellt im Ski fahren auf Felsen. Jean Luc kam ins Buch der Rekorde, als er mit fast 100 Sachen auf einem Monoski in Frankreich einen felsigen Hang hinunterschoss. Das Schwierigste war, so gab Jean Luc zu, unten anzuhalten, ohne gleichzeitig seine Karriere zu beenden. Also errichtete der erfinderische Franzose unten eine Wand aus Pappe, in die er hineinfahren konnte.

      Ich glaube, Jean hat als Junge zu viele Gewichte über den Kopf gehoben.

      Aber seine Heldentaten sind noch gar nichts im Vergleich zu Reg Mellor.

      Im zarten Alter von 72 Jahren ist Reg der amtierende Weltmeister im »Frettchen-Hosen-Wettbewerb«. Die meisten seiner Mitstreiter würden ihren Enkeln nur zu gerne von einer solchen Ehre erzählen – wenn sie denn lange genug lebten. Wahrscheinlich haben Sie noch nie etwas von einem »Frettchen-Hosen-Wettbewerb« gehört, und für den Fall, dass Sie es selbst einmal ausprobieren möchten, erkläre ich ihnen kurz die Regeln. Bei diesem Wettbewerb werden (und das ist mein voller Ernst) dem Teilnehmer die Hosenbeine an den Knöcheln zugebunden. Dann führt man von oben in jedes Bein einen bissigen, etwa 30 Zentimeter langen, Fell tragenden Fleischfresser, auch Frettchen genannt, ein.

      Sind die Frettchen in den Hosenbeinen, schnürt der Schiedsrichter oben den Gürtel zu. Jetzt geht es darum, so lange wie möglich regungslos dazustehen, während diese kleinen, wieselähnlichen Biester mit ihren nadelspitzen Krallen und den rasiermesserscharfen Zähnen versuchen, sich aus der Hose zu befreien.

      Reg Mellor ist stolzer Halter des Weltrekordes. Fünf Stunden und 26 Minuten lang konnte er es sich verkneifen zu rufen: »He, wer hat mir die Frettchen in die Hose gesteckt?« Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Reg an einem kalten Winterabend mit seinen Enkeln vor einem lodernden Kaminfeuer sitzt und ihnen die Geschichte erzählt.

      Großvater Reg: So war das damals, Kinder. Und die Geschichte ist so echt wie die Zehen an euren Füßen. Keiner ist auch nur annähernd in die Nähe meines Rekordes gekommen.

       Enkelkinder: Wow, Großvater, du bist wirklich klasse! Zeigst du uns noch mal deine Holzbeine?

      Es gibt da eine ganz einfache Sache, die die meisten von uns von einem Reg Mellor oder einem Jean Luc Antoni unterscheidet: Wir suchen den Schmerz nicht mit Absicht. Wir suchen vielleicht nach Abenteuern, aber nicht nach Schmerzen. Wir sind sogar mit einem gottgegebenen Schmerz-Abwehr-System ausgestattet, das sich schon in ganz jungen Jahren einschaltet und Sätze aus uns hervorbringt wie: »Mama! Kratz mich vom Herd ab!«

      Aber eines Tages wachen wir dann auf und stellen fest, dass Mama nicht mehr in der Küche ist, und dass niemand mehr da ist, der uns hilft. Und was noch schlimmer ist: Wir mussten nicht erst nach Schmerzen suchen, sie kamen von ganz alleine. Vielleicht war es das Klingeln an der Tür, der Anruf oder jemand, der uns auf die Schulter getippt hat. Und schon waren wir schnüffelnd auf unserem Lebensweg unterwegs und haben uns gefragt, was da so grauenvoll stinkt und warum es ausgerechnet in unserem Kofferraum landen musste.

      Ich weiß auch nicht, wie ich auf den Gedanken gekommen bin, das Leben sei wie Slalom fahren auf einer weichen Pulverschneepiste. Bestimmt habe ich das nicht im Kindergarten gelernt. Erinnern Sie sich noch an einige der Verse und Lieder, die wir dort gelernt haben? Als ich etwa zwei oder drei Jahre alt war, schaukelte meine Mutter mich sanft auf ihren Knien und summte dabei das traurigste Lied, das ich kenne. Jetzt, wo sie Enkelkinder hat, fügt sie ihren sanften Gemütern nur allzu gerne die gleiche Grausamkeit zu. »Oma«, betteln die Kinder, »sing uns das Lied von der Katze. Das Lied,