Heidemarie Pläschke

Eines Tages hol’ ich sie mir!


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macht Laras Vater den Teenagern ein Angebot. Wenn die Mädels sein Auto putzen würden, könnte er sie mit nach Kiel nehmen. Er hätte dort etwas zu erledigen.

      In der Zwischenzeit könnten sich beide ein wenig die Stadt anschauen. An einem warmen Sommertag eine Fahrt nach Kiel; das sei schon was. So schnell kämen sie dort nicht wieder hin. Für die Rückfahrt stellt Laras Vater noch in Aussicht, seinen Schwager bei Stockelsdorf zu besuchen. Der hätte dort einen großen Bauernhof und würde sich bestimmt freuen, die Mädels mächtig zu bewirten. Ja, diese Aussichten gefallen den Teenagern. Also, ran an die Arbeit.

      Eimerweise wird warmes Wasser mit Spülmittel aus der Küche in den Hof geschleppt. Dann die Schwämme rein und runter mit dem Staub und Schmutz auf dem schwarzen Mercedes. Nun noch einmal das Ganze mit klarem Wasser und mit Lederlappen hinterher gewienert. Oh, là, là, da strahlt die Karosse, dass die Mädels sich drin spiegeln können. Der Chef ist sehr zufrieden und bittet sie, einzusteigen.

      Da Stine zu ihrem 12. Geburtstag von ihren Eltern einen Fotoapparat bekommen hat, trägt sie ihn möglichst immer bei sich; … man kann nie wissen, ob nicht ein Motiv auftaucht oder ein Moment um die Ecke kommt zum Festhalten. Ach, ist das schön, mit so einem frisch geputzten großen Auto durch Schleswig-Holstein zu fahren. Kiel ist ja nicht gleich um die Ecke.

      Eine hübsche Strecke durch die Seenlandschaft der Holsteinische Schweiz und den vielen Äckern mit lauter Knicks. Das sind lange Erdanhäufungen zwischen den einzelnen Ackerflächen und mit Büschen bepflanzt, damit das Land dazwischen nicht so leicht durch den Wind austrocknet, denn in diesem nördlichsten Bundesland gibt es wenig Waldflächen.

      Nach ca. zwei Stunden Fahrt kommt die Landeshauptstadt in Sicht. In der Nähe des Marktplatzes lässt Laras Vater die Mädchen aussteigen. Nach zwei Stunden würde er sie dort wieder abholen. Schön ist der große Platz mit Bäumen drauf, unter denen jeweils Bänke zum Verweilen stehen. Die beiden Mädels verspüren Lust auf Torte und suchen nach einer Bäckerei. Auf der anderen Straßenseite springt ihnen die Reklame einer solchen in die Augen. Sie spazieren geradewegs drauf zu. Lara drückt gegen eine große metallene Brezel, und die Tür öffnet sich. Nein, Sitzplätze können sie hier nicht entdecken. Egal, nichtsdestotrotz entscheiden sie sich für zwei Stücke Nusstorte mit Marzipan und zwei Sahneschnitten mit Früchten. So ziehen die Mädels mit ihrem Tortenpaket in den Park und machen es sich auf einer Bank unter einem Baum bequem. Na ja, und nun? Ohne Bestecke müssen sich die beiden jungen Damen ganz undamenhaft die Torten mit den Händen in den Mund stopfen.

      Dabei fotografieren sie sich gegenseitig und haben mächtig viel Spaß:

       Lara hat das Tortenstück in der Hand beißt genussvoll hinein.

       Stine hat schon den Mund voller Torte und greift gerade mit ihren Fingern in das Tortenstück.

      Danach machen sie einen kleinen Spaziergang durch Kiel.

      Schnell vergeht die Zeit und schwups steht Laras Vater wieder mit seinem Mercedes an verabredeter Stelle. Er will wissen, was seine Mädels denn unternommen hätten und hört erstaunt, dass sie Torten gegessen hätten. »Wie, Torten? Ihr hattet doch gar keine Löffel oder Kuchengabeln.«

      »Stimmt, Pappi«, entgegnet Lara, »wir haben sie mit den Fingern gegessen und davon Fotos gemacht.«

      Lara Vaters schüttelt voller Erstaunen seinen Kopf und meint: »Früher haben die Menschen nur mit den Händen gegessen. So, dann wollen wir mal. Da wir eine recht weite Fahrt vor uns haben, werden wir einen Zwischenstopp machen. Da könnt Ihr dann bei Laras Onkel wieder Euren riesigen Appetit bändigen, der hat nämlich einen Bauernhof.«

      Da Herrn Stockborn ständig der Besuch bei seinem Vater durch den Kopf geht, muss er loswerden, dass dieser ihn immer noch wie einen kleinen Jungen behandelt, obwohl er schon so alt ist.

      Bei den Verwandten angekommen, geht es dann gleich los mit dem Abendessen, denn, dass die Damen hungrig sind, wird noch in der Tür lautstark verkündet. Es kommt reichlich auf den Tisch und jeder langt tüchtig zu, während alle Neuigkeiten ausgetauscht werden. Gut gesättigt treten die Drei die Heimfahrt Richtung Travemünde an und lassen diesen Tag immer wieder Revue passieren. Nach einem so ereignisreichen Tag fällt das nötige Bettgeflüster mal etwas kürzer aus.

      Mal wieder machen die Mädels gemeinsam einen langen Spaziergang. Sie nehmen den kleinen Dackel mit und schlendern zum hübschen im Schilf gelegenen See auf dem Anwesen von Laras Familie.

      Lara hat das dringende Bedürfnis, ihrer Freundin Stine zwei neue Lieben zu gestehen. Uff!

      Da gibt es einmal den Sohn eines Angestellten, der in einem winzigen Häuschen in der Nähe wohnt. Oh, oh, das knistert … nur Lara meint, dass dieser junge Mann ihrem Vater wohl nicht passend erscheinen würde. Vielleicht ja doch, denn er will studieren. »Was denn«, fragt Stine neugierig. »Tiermedizin«; er will Tierarzt werden.

      Na ja, dadurch könnte das Ganze eine andere Dimension erreichen, sind sich die Freundinnen einig.

      »Hattest du nicht etwas von zwei Lieben gesagt?«

      »Ja, schon, aber weißt du, das wird auch nicht wirklich einfacher«, sagt Lara.

      »Wieso?«

      »Dieser junge Mann ist leider schon etwas älter.«

      »Älter, okay. Wie alt denn?«

      »Halt dich fest. Er ist bereits 26 Jahre alt; das ist immerhin ungefähr doppelt soviel als wir.«

      »Aber, weißt du, Stine«, schwärmt Lara, »er ist die rechte Hand meines Vaters und hat im Geschäft den totalen Überblick. Nur, das wird meinem Vater nicht genügen, denn er ist unvermögend.«

      »Ups«, rutscht es Stine heraus. »Ist das denn so wichtig?«

      »Für meinen Vater schon. Er legt eben Wert darauf, dass ich einen gut situierten Mann bekomme, der etwas darstellt und nicht von meinem Vermögen leben muss.«

      »Na ja«, meint Stine, das würde er ja auch nicht. Er arbeitet und verdient eigenes Geld.«

      »Ja, schon«, entgegnet Lara, »aber er hat eben nichts an den Hacken wie es in unseren Kreisen so heißt.«

      »Und nun? Wen magst du denn mehr?«

      »Schwierig, aber genau betrachtet doch den Franz, aber eben zu alt und unvermögend. Die Zeit wird es zeigen.«

      Jens, der noch Tiermedizin studieren will, wird durch seinen alleinerziehenden Vater sehr streng erzogen. Er hat nur wenige Möglichkeiten, sich heimlich mit Lara zu treffen. Trotzdem ist es möglich, dass Lara durch Jens ihre Unschuld verliert, wodurch ihre Beziehung eine andere Dimension annimmt.

      Lara verstrickt sich im Chaos ihrer Gefühle. Mehr oder weniger sind es alles Schwärmereien, denn sie selber muss noch die Schule beenden und eine Ausbildung machen. Somit entwickelt sich zunächst einmal weder mit Jens noch mit Franz eine ernst zu nehmende Angelegenheit. Jens nimmt sein Studium auf und zieht nach Kiel, wodurch beide sich zunehmend aus den Augen verlieren.

      Franz spürt Gefühle tiefer Zuneigung zu Lara, bedrängt sie aber nicht. Er respektiert ihre Jugend und dass sie die Tochter seines Chefs ist. Sie können sich nur ganz heimlich treffen. So ist es auch an diesem Tag.

      Lara macht abends einen Spaziergang und kommt »ganz zufällig« dort vorbei, wo Franz wohnt. Ihr Herz bubbert mächtig und überschlägt sich fast bei jedem Schritt, mit dem sie sich seiner Wohnung nähert. Da Franz kein Telefon hat, kann sie ihn nicht anrufen.

      »Ob er überhaupt zu Hause ist?«, geht es Lara durch den Kopf.

      Oh, sie sieht, dass Franz ein Fenster geöffnet hat.

      »Dann wird er auch da sein«, denkt sie hoffnungsvoll.

      Jetzt