trank gierig ein paar tiefe Züge, ehe ihm vor Ekel und Entsetzen fast die Augen aus den Höhlen traten und er die Selters im hohen Bogen aus dem Bauwagen spuckte. Er sah mich ganz erschrocken an und sprudelte aufgeregt hervor, dass unsere Limonade verdorben ist.
Ich erwiderte ihm, dass er gar keine Limonade getrunken hatte, wie er dachte, sondern simples Wasser, versetzt mit Kohlensäure.
Er hatte ganz einfach die Seven Up-Limonade mit dem Wasser verwechselt, weil sich beide Flaschen stark ähnelten.
Angewidert goss Mahdy den Rest der Flasche aus und bat mich, ihm eine Limonade zu geben.
Da ich wusste, dass es die Araber gern süß mögen, gab ich ihm eine Flasche unserer sogenannten „Möhre“, die er in einem Zug leerte. Wortlos reichte ich ihm eine zweite Flasche und auch die wurde gierig hinuntergestürzt. Als er dann getrunken hatte, meldete sich sein schlechtes Gewissen Allah gegenüber und es bedurfte einiger Redekunst, um ihn von der Notwendigkeit des Trinkens bei der Arbeit zu überzeugen.
Nach dem Feierabend suchte ich Mohammed auf, der mich wie immer sehr freundlich begrüßte.
Seitdem unsere Baustellen in einiger Entfernung auseinander lagen, sahen wir uns nicht mehr so häufig. Umso mehr freute er sich, dass ich ihn besuchen kam.
Da es auch von den anderen deutschen Monteuren Beschwerden gab, nahm die Sache sogar noch eine offizielle Wendung.
Mohammed saß auf einem Hocker mit einer Zigarette in der einen und einem Glas Tee in der anderen Hand.
Ich sprach ihn auf den Tee und die Zigarette an und sagte, dass die Sonne doch noch gar nicht untergegangen sei, aber er winkte nur ab und sagte, dass Allah ihn in seinem Leben bereits genug gestraft hatte. Wahrscheinlich hätte er ihn sogar vergessen. Außerdem sagt die Schariah, dass Reisende im Monat des Ramadan vom Fasten ausgenommen waren und er betrachtete sich in diesem Land als „Reisender“.
Das deckte sich mit meiner Meinung und kam meinem Anliegen sehr entgegen. Ich sagte Mohamed, dass die Leistung der Ägypter ziemlich am Boden war, aber das hatte er ja wohl sicher schon selbst bemerkt. Er schaute mich ernst an, nickte leicht und ging in die Unterkunft, um seine Kollegen auf den Platz heraus zu bitten. Dann hielt er eine kurze Ansprache, nach der es einigen Tumult gab, aber letztendlich sahen die meisten Ägypter die Notwendigkeit ein, die „Saum“ außer Kraft zu setzen.
Als die ägyptischen Arbeiter wieder in ihre Behausungen gingen, setzte ich mich zu Mohammed, bot ihm eine Zigarette an und fragte ihn, ob er mir etwas über die strengen Regeln des Islam erzählen könne. In seiner gewohnt ruhigen Art klärte er mich über diese Regeln auf.
Der Islam baut sich auf fünf Säulen auf. Jede Säule für sich ist für den Muslim wichtig, aber erst die Einhaltung aller Säulen zeichnet einen guten Moslem aus.
Die erste Säule des Islam ist das Glaubensbekenntnis und wird arabisch gebetet, denn es gilt nur für Araber. Das Gebet beinhaltet zugleich die unbedingte Treue und Unterwerfung und die Einhaltung aller Gebote Allahs.
Die zweite Säule des Islam ist das Pflichtgebet die „Sallah“, welches fünf Mal am Tag nach einem festen Ritual durchgeführt werden muss, um die Gläubigen stets an die Allmächtigkeit Allahs zu erinnern.
Morgens kurz, mittags, nachmittags und abends länger und am späten Abend muss ausführlich gebetet werden. Dabei geht eine gründliche Waschung der Hände, der Füße und des Gesichtes voraus. Dann wird mit dem Kopf nach Osten, in Richtung Mekka gebetet. Versäumte Gebete müssen nachgeholt werden, etwa bei Krankheit oder sogar, wenn man verschlafen hat. Gebetet wird immer dasselbe Gebet mit dem gleichen Inhalt. In den Städten werden die Muslime über Lautsprecher von einem Muezzin zum Gebet gerufen. Das Freitagsgebet, auch „Cuma Sallah“ genannt, das nur von Männern besucht werden darf, ist das ausführlichste Gebet der Woche mit Pflichtgebeten und mit einer anschließenden Predigt über Alltagsprobleme, Politik oder andere aktuelle Geschehnisse.
Die dritte Säule ist die Almosensteuer oder auch „Zakat“ genannt, die von jedem Muslim einmal im Jahr entrichtet werden muss.
Diese Steuer kommt unverschuldet verarmten, gläubigen Moslems zu Gute.
Die vierte Säule nun ist das Fasten oder auch die „Saum“ im Monat Ramadan, dem neunten Monat im islamischen Kalender.
Dabei darf von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht gegessen und getrunken werden, das Rauchen ist ebenso verboten wie die geschlechtliche Liebe oder andere Genüsse, die Leib und Seele erquicken.
In der „Saum“ soll die Fähigkeit gefestigt werden, Stärke, Geduld und Willen zu stärken, sowie Geist und Körper zu reinigen.
Morgens vor Sonnenaufgang soll noch einmal eine leichte Mahlzeit eingenommen werden, dann erst wieder, wenn die Sonne untergegangen ist.
Die fünfte Säule ist die „Hadsch“ nach Mekka.
Das ist eine Pilgerfahrt zur „Kaaba“, einem uralten vorislamischen Heiligtum in Saudi Arabien. Die Feiern der Haddsch beginnen am achten Tag des Monats Dhu-I-Haddsch.
Sie muss außerdem mit besonderer Pilgerkleidung bis zum zwölften Tag des Monats auf verschiedenen beschwerlichen Reisewegen absolviert werden.
In Mekka angekommen, muss die Kaaba von den Gläubigen schließlich dreimal umrundet werden.
Die Legende sagt, dass die Kaaba einst vom Propheten Mohammed errichtet wurde.
Jeder Muslim nimmt an dem sieben Tage dauernden Zeremoniell und an verschiedenen anderen Ritualen teil.
Nach erfolgreichem Abschluss der „Hadsch“ darf der Pilger sich „Hadschi“ nennen und als solcher auch mit diesem Titel angesprochen werden.
Da die Hadsch sehr anstrengend ist, gibt es in jedem Jahr zahlreiche Todesfälle. Die Männer sterben entweder aus Entkräftung oder bekommen vor Aufregung einen Herzschlag, ist die Hadsch doch für die meisten Muslime eine Einmaligkeit in ihrem Leben.
Mitunter kommt es aber auch zu panikartigen Tumulten, bei denen zahlreiche Pilger von den übrigen Gläubigen totgetrampelt wurden. Zuletzt geschehen am dritten Tag der Haddsch, als am vierundzwanzigsten September 2015 bei einer Massenpanik in Mina nahe Mekka über zweitausend tote Pilger zu beklagen waren. Verschiedene Berichte gehen allerdings von über viertausend Toten aus und das wird sicher auch der Realität nahe kommen.
Ausgeschlossen von der jährlich wiederkehrenden „Saum“ sind schwangere oder menstruierende Frauen, Reisende, Kranke und Kinder. Menstruierende Frauen und Reisende müssen die Saum allerdings bei passender Gelegenheit nachholen.
Durch den Mondkalender, der kürzer als der Sonnenkalender ist, verschiebt sich der Ramadan jedes Jahr um einige Tage, es sei denn, dass es von den Imamen anders festgelegt wird.
Der arabische Kalender ist durch seine Sonnen-und Mondjahre recht kompliziert zu errechnen. Wenn zum Beispiel in Europa für den Beginn meiner Erlebnisse das Jahr 1982 galt, zählte für den arabischen Kalender das Jahr 1402. Diese Zeitrechnung begann am fünfzehnten Juli 622, an dem Tag, als Mohammed mit seinem Gefolge von Mekka nach Medina auswanderte.
Kalif Umar führte die islamische Zeitrechnung im Jahre 638 ein und diese Zeitrechnung wird in vielen arabischen Ländern tatsächlich noch heute verwendet.
Seit der jüngeren Vergangenheit wird auch immer öfter von einer sechsten Säule gesprochen. Es ist die Säule der Verteidigung des Islam, welches als heilige Aufgabe bezeichnet wird. Diese Verteidigung wird „Dschihad“ oder auch „der Heilige Krieg“ genannt. Die Verfechter des „Dschihad“ sind meist Extremisten, die auch vor dem brutalsten Terror nicht zurückschrecken. Selbstmordattentate öffnen ihnen das Tor zum Paradies und sie werden „Dsahid“, „Mudschaheddin“ oder „Märtyrer“ genannt.
In den Bergen Iraks formierte sich eine richtige Armee, die sich aus „Mudschaheddin“ rekrutierte, was übersetzt „Glaubenskämpfer des Volkes“ heißt. Diese Armee bestand aus den extremsten, leider auch verblendetsten, Moslems. Und es gab auch radikale Frauenbataillone, die es an Mut, Kampfeswillen und Entschlossenheit mit jedem Männerbataillon aufnehmen