Klaus-Peter Enghardt

Im Paradies des Teufels


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Kollegen und Stubenkamerad Harald gefiel das allerdings gar nicht, und er entwickelte eine nicht zu begreifende Antipathie gegenüber Mohammed, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckte und fast in einer Tragödie geendet wäre.

      Einen Tag vor meiner Heimreise war noch einmal großer Einkauf, das hieß – wir fuhren am Mittag nach Bagdad und kauften in aller Ruhe auf dem Basar ein, vor allem Obst und Gemüse, welches zu Hause unbekannt war.

      In den letzten Wochen hatte ich schon so oft den Basar unsicher gemacht und sowohl Stoffe, Schmuck, Messingartikel, Gläser und verschiedene Kleidung für die Familie eingekauft, deshalb zog es mich an jenem Tag auf den Gewürzbasar, da ich als Hobbykoch auch gern einige ausgefallene Gewürze mit nach Hause nehmen wollte.

      Wir fuhren mit unserem Coaster Bus bis zum Buskreisel und die meisten Kollegen strömten sofort dem Basar zu. Ich allerdings wählte eine andere Richtung und tauchte allein in das betriebsame Leben Bagdads ein.

      Ich schlenderte über den mir lieb gewordenen Rashid bis zur Kalifenmoschee und atmete den unbeschreiblichen Duft des Orients ein, der an jener Stelle besonders ausgeprägt war, denn nur wenige Meter entfernt befand sich der Gewürz-Souq, übrigens der größte des Landes.

      In einem unübersehbaren Gewirr aus Ständen und kleinen Läden boten die Händler dort ihre Waren an. Die Gewürze waren kunstvoll in Schalen platziert, zu Pyramiden aufgeschichtet oder auf lange Fäden gezogen und ihre Farben waren ebenso vielseitig wie die aromatischen Düfte.

      Der Besuch dieses Basars war ein ganz besonderes Erlebnis für mich.

      Die Gerüche, die auf mich einströmten, waren unbeschreiblich und außerordentlich vielfältig und stellten alles in den Schatten, was ich auf anderen Basaren an Düften wahrgenommen hatte. Außerdem war die Präsentation der Gewürze in den einzelnen Ständen sehenswert und schon fast mit Kunstwerken zu vergleichen. Jeder Maler hätte in dem Gewirr der Stände seine Freude und auch ich war von der Faszination des Souq inspiriert und machte viele Fotos. Zum Glück ließen sich die Händler gern und bereitwillig fotografieren, waren sie doch stolz auf ihre Waren und wussten, dass die Fotos jetzt in einem fernen Land gezeigt wurden.

      Man handelte mit allen bekannten Gewürzen der Welt, das jedenfalls versicherte mir einer der Händler und angesichts der Vielfalt der Gewürze, hunderter Gefäße, Schalen Tüten und Kästchen Gewürzketten und Gewürzpyramiden, glaubte ich es ihm auch unbenommen.

      Zum ersten Mal roch ich den betörenden Duft des Safrans, genoss das Aroma von Zimtstangen und Vanilleschoten, Nelken, Sternanis, Kardamom und auch all der mir unbekannten Gewürze.

      Ich fragte den Händler, ob er wüsste, wie viele verschiedene Gewürze es auf diesem Basar gab, aber darauf konnte er mir keine Antwort geben. Er sagte mir jedoch, dass ich jedes erdenkliche Gewürz bei ihm kaufen könnte und wenn er es nicht vorrätig hätte, würde es ihm zur Ehre gereichen, es in kürzester Zeit für mich zu besorgen.

      Für diesen Tag genügten mir allerdings ein paar mir bekannter Gewürze, doch vor allen anderen Gewürzen war ich wegen des berühmten Currys hier, der ganz frisch, auf Wunsch der Kunden zusammengestellt wurde. Ich wollte mich da jedoch lieber auf die Kenntnisse des Händlers verlassen und bat ihn, mir ein Curry zu komponieren. Sichtlich stolz über mein Vertrauen mischte er über zwanzig Gewürze zu einer grandiosen Komposition zusammen. Dann schüttete er die Gewürze in eine Mühle und beim Zerkleinern der Gewürzmischung strömte das herrlichste Aroma aus, das man sich vorstellen kann. Frisch gemahlen, schüttete der Händler das Currypulver dann in ein luftdichtes Gefäß.

      Bei meinem Abschied wusste ich genau, dass ich den Gewürzsouq sicher noch oft besuchen würde.

      Nach einem Bummel durch die Gassen der Kupfer-und Messingschmiede, der Goldhändler, und der Textilverkäufer zog es mich jedoch in das Lokal am Buskreisel, denn der Appetit auf ein Bier war durch die lange Enthaltsamkeit sehr groß. Beim Eintreten sah ich, dass bereits einige meiner Kollegen an den Tischen saßen und auf die Heimreise anstießen. Ich schloss mich diesem Prosit gern an.

      Am nächsten Tag fand dann meine Heimreise statt.

      Auf dem Vorplatz des Flughafens standen hunderte Passagiere und warteten auf die Abfertigung, aber was ich an jenem Abend zu sehen bekam, verschlug mir einfach die Sprache.

      Da standen mehrere hundert Chinesen in blauen Arbeitsanzügen und mit Schirmmützen auf dem Kopf, artig wie Schulkinder in Zweierreihe, hintereinander aufgereiht, wie auf eine Perlenschnur.

      Wir deutschen Monteure warteten im Pulk auf den Vorplatz aber mit so einer Unordnung konnte die irakische Flughafenbehörde natürlich nicht zufrieden sein.

      Ein Sicherheitsbeamter des Flughafens ging durch unseren ungeordneten Haufen, laut „one by one, one by one“ rufend, was bedeutete, dass auch wir uns in Zweierreihe aufstellen mussten, um in den Flughafen eingelassen zu werden. Peinlich genau wurde überwacht, ob das auch klappte. Das war mir so zum letzten Mal in der Grundschule passiert.

      In geordneter Formation durften wir nun also, Pärchen für Pärchen, in die Empfangshalle einrücken. Im Unterschied zur Grundschule, brauchten wir uns jedoch nicht an den Händen zu halten.

      Soeben war die Maschine aus Berlin mit den deutschen Monteuren gelandet und nach der Betankung und einem technischen Check sollte uns die Maschine nach Hause bringen.

      Nach einer angemessenen Wartungs- und Wartezeit hob der Düsenjet endlich ab und brachte uns nach Berlin.

      Während des Fluges gab es ein alkoholisches Getränk nach Wunsch gratis, ein zweites oder weiteres gab es nur bei besonderen privaten Anlässen. Wenn man nicht die überteuerten Preise für zusätzliche Getränke berappen wollte, musste man sich schon etwas Intelligentes einfallen lassen, um noch einen zweiten oder dritten Drink zu schnorren.

      Ich muss gestehen, dass ich während meiner Montagetätigkeit im Irak auf mehreren Flügen hintereinander Vater geworden bin.

      Leider äußerte eine Stewardess, die sich wohl mein Gesicht gemerkt hatte, bald Zweifel an meinen Behauptungen. Weil in unserem Land keine arabischen Verhältnisse herrschten, bei denen ein Mann mehrere Frauen haben durfte, kaufte sie mir die häufige Vaterschaft bald nicht mehr ab.

      ZURÜCK IM IRAK

      Viel zu schnell waren die vier Wochen Urlaub vorübergegangen. Der August war vier Tage alt und ich befand mich wieder auf dem Flug nach Bagdad. Über die Bordlautsprecher erfuhren wir, dass eine Woche zuvor zum ersten Mal der neue Flughafen „Saddam Hussein International Airport“ angeflogen worden war. Außerdem teilte man uns mit, dass wir während unseres Fluges mit Turbulenzen rechnen müssten. Eine Mitteilung, die mir überhaupt nicht gefiel, doch ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass so eine große Maschine durch Turbulenzen berührt werden könnte. Allerdings musste ich mich leider schon wenig später eines Besseren belehren lassen.

      Eine Stewardess schenkte mir gerade eine Tasse Kaffee ein, als der Jet mit einem unbändigen Ruck viele Meter durchsackte.

      Dies geschah so unglaublich schnell und unerwartet, dass sich der Kaffee für einen Moment lang fünfzig Zentimeter höher als meine Tasse befand, aber tatsächlich nur einen Augenblick lang, dann holte der Kaffee die Tasse wieder ein – allerdings nicht der gesamte Kaffee. Ein Teil landete nämlich auf dem Kragen und der Rückenlehne meines Vordermannes, einen Teil bekam ich auf Hemd und Hosen und nur ein kleiner Teil traf noch die Tasse.

      Die Stewardess schrie vor Schreck auf, auch sie hatte mit so einem plötzlichen „Durchsacker“ wohl nicht gerechnet.

      Wir bekamen die Anweisung, das Rauchen einzustellen, die Rückenlehnen aufzurichten und uns anzuschnallen. Auch die Stewardessen begaben sich auf ihre Plätze und schnallten sich an. Das war eine berechtigte Vorsichtsmaßnahme, denn der Jet sackte immer wieder durch.

      Diese Turbulenzen hatte ich in jener Intensität bei meinen sechzehn Flügen nur dieses eine Mal erlebt.

      Glücklich auf dem Flughafen Bagdad gelandet, begaben wir uns über den Skywalk zu den Abfertigungsschaltern. Ich hatte ein banges