Denise Hunter

Bis ich dich endlich lieben darf


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      „Alles in Ordnung?“ Das Mitleid in ihrem Blick weckte den Wunsch in ihm, gegen irgendetwas zu treten.

      „Ja, alles fantastisch“, antwortete er, während er auf einem Bein zu seinen Krücken hinkte.

      „Langsam fange ich an, diesen Spruch zu hassen“, sagte sie.

      Doch er reagierte nicht darauf, sondern nahm seine Krücken, ignorierte die Schmerzen in seinem Beinstumpf und sagte: „Ich gehe jetzt ins Bett.“

      „Ach komm, Riley, lass uns doch reden“, bat sie flehend.

      Doch er schwang die Krücken und entgegnete: „Morgen.“

      „Bitte!“

      Die Dringlichkeit und Bedürftigkeit in ihrem Tonfall waren das Einzige auf der Welt, das ihn in diesem Moment aufhalten konnte. Er blieb also stehen und stieß einen tiefen Seufzer aus, und sein Herz raste, als hätte er gerade fünfzig Liegestütze gemacht.

      „Du bist früh zurück“, stichelte er. „Was ist los? Hat der verträumte Dylan Moore deine Erwartungen nicht erfüllt?“

      Da ging sie um ihn herum, bis sie ihm direkt gegenüberstand. Das Verandalicht fiel zwischen den Lamellen der Jalousien hindurch, sodass ihr Gesicht fast golden leuchtete … und diese hellblauen Augen … jedes Mal saugten sie ihn wieder förmlich auf. Sein Blick ging flackernd zu ihrem Mund … zu den Lippen, die gerade eben erst von Dylan Moores berührt worden waren.

      Bei diesem Gedanken presste er Ober- und Unterkiefer fest zusammen und dachte: Was hast du denn erwartet, Callahan? Dass sie sich für einen Mann aufspart, der nicht einmal allein vom Boden aufstehen kann?

      In dem Moment berührte sie seinen Arm, aber er zuckte zurück, als wäre er vom Blitz getroffen worden, sodass sie ihn sofort wieder losließ. „Tut mir leid, wie ich mich vorhin benommen habe. Ich war … ungeduldig und unbeherrscht. Ich hätte mehr Geduld haben sollen.“

      „Ich brauche dein Mitleid nicht, Paige“, sagte er darauf nur, woraufhin sie ihn mit hartem Blick ansah und erklärte: „Das ist kein Mitleid, sondern Mitgefühl. Ich hab dich doch lieb, du alter Esel.“

      Darauf stieß er ein freudloses Lachen aus und sagte: „Ja, klar.“

      „Was soll denn das jetzt schon wieder heißen?“, fragte sie ratlos, aber er hinkte einfach davon. „Wohin gehst du denn?“

      „Ins Bett.“

      Wieder ging sie von hinten um ihn herum und stellte sich ihm in den Weg. Das war ja wirklich super. Jetzt konnte ihn schon so ein 50-Kilo Persönchen ausmanövrieren. Damit war ein neuer Tiefpunkt erreicht.

      Er sah sie finster an und verbot es sich, unter ihrem Blick weich zu werden.

      „Du kannst mich wegschubsen, so viel du willst“, sagte sie. „Ich gehe nicht.“

      Den Blick, mit dem sie ihn dabei ansah, hatte er schon oft bei ihr gesehen. Es war der Blick, den sie auch bekam, wenn es im Tierheim einen Notfall gab. Ein Blick, der ausdrückte, dass sie eine Mission zu erfüllen hatte, die sie vor eine echte Herausforderung stellte.

      Als er jetzt merkte, dass er schon wieder rot wurde, sträubte sich alles in ihm dagegen.

      Er biss die Zähne zusammen, beugte sich zu ihr hinunter, bis er ihren Atem spürte, und sagte: „Ich bin nicht eines von deinen Tieren, Paige. Du brauchst mich nicht zu retten.“

      Dann sah er ihr so lange in die Augen, bis er sicher war, dass dieser Punkt an ihn ging, schob sie mit einer der Krücken zur Seite und drängte sich an ihr vorbei in sein Zimmer. Dann stieß er mit der Krücke die Tür hinter sich zu, sodass sie krachend ins Schloss fiel.

      KAPITEL 8

      Am Samstagmorgen saß Paige zusammen mit Eden und Lucy im Frumpy Joe’s. Es war schon merkwürdig, dass die drei überhaupt Freundinnen waren, denn Paige war mit Beau zusammen gewesen, und dann war Eden dazwischengekommen und hatte sein Herz im Sturm erobert. Vor anderthalb Jahren hatte dann Lucy eine Woche vor ihrer Hochzeit mit Zac plötzlich die Stadt verlassen, ihm dadurch das Herz gebrochen und sich die Feindschaft des gesamten Callahan-Clans zugezogen. Doch letzten Sommer war sie dann völlig durcheinander und orientierungslos wieder aufgetaucht, und es war doch noch alles gut geworden zwischen ihnen.

      Paige hegte längst keine Vorwürfe mehr gegen die beiden Frauen, denn angesichts des Dauergrinsens von Beau und Zac war ihnen wirklich nicht schwer zu vergeben.

      Die drei jungen Frauen gaben ihre Bestellung auf, und dann wurde Paige umgehend aufgefordert, von ihrem Date mit Dylan zu berichten. Aus irgendeinem Grund übersprang sie das peinliche Gespräch über Riley und konzentrierte sich eher auf die romantischen Momente. Als die Neugier der beiden anderen gestillt war, kamen sie auf den Anlass ihres Treffens zu sprechen.

      „Was wir brauchen“, sagte Eden, „ist eine Spendenaktion, um die Zeit zu überbrücken, bis neue Sponsoren gefunden sind.“

      „Wie wäre es denn mit einer Picknickkorbaktion wie im letzten Jahr?“, fragte Lucy.

      „Ich glaube, wir brauchen etwas Neues, Unverbrauchtes“, bremste Paige sie.

      „Vielleicht ein Spaghettiessen?“, schlug Eden vor.

      „Das hat der Rotary Club gerade erst veranstaltet“, informierte Lucy sie und warf ihr langes, schwarzes Haar nach hinten über die Schultern. „Und was ist mit einer Junggesellenversteigerung? Das haben wir einmal in meiner Studentinnenverbindung in Harvard gemacht, und es ist dabei richtig viel Geld zusammengekommen.“

      „Das wäre wirklich eine Idee“, sagte Paige.

      „Oh ja, das machen wir“, stimmte Eden zu und klatschte begeistert in die Hände. „Das klingt nach jeder Menge Spaß.“

      Paige warf ihr einen Blick zu und sagte: „Jetzt beruhige dich mal wieder, Mrs. Callahan in spe. Du wirst nämlich gar nicht mitmachen.“

      „Es ist auch wesentlich unterhaltsamer, wenn man nur Zuschauer ist, das kannst du mir glauben“, entgegnete die nur. Dann zog sie in Richtung Lucy grazil die eine Augenbraue hoch und sagte: „Das ist eine erstklassige Möglichkeit, Leute zu verkuppeln.“

      „Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Richtung gefällt, in die das hier geht“, sagte Paige darauf nur.

      „Jetzt entspann dich mal. Diese Lust am Verkuppeln hat anscheinend von Tante Trudy auf mich abgefärbt.“

      „Na, dann helfe uns Gott“, sagte Paige nur und verdrehte die Augen.

      Eden und Lucy trugen noch jede Menge Ideen zusammen, und Paige notierte alles, aber nach einer Weile schweiften sie dann immer mehr vom eigentlichen Thema ab, und es ging um Edens Hochzeit, die immer näher rückte, sodass Paige zerstreut neben den Notizen auf ihrem Block herumkritzelte.

      Sie hatte in der letzten Nacht extrem schlecht geschlafen, war alle paar Stunden aufgewacht und hatte über all das nachgegrübelt, was Riley und sie sich gegenseitig an den Kopf geworfen hatten. Um fünf Uhr morgens hatte sie schließlich kapituliert. Sie hatte gehofft, die Sache noch mit ihm bereinigen zu können, bevor sie das Haus verließ, aber er hatte sich nicht blicken lassen. Als sie dann die anderen beiden Mädels getroffen hatte, war sie völlig aufgedreht gewesen, weil sie seit dem frühen Morgen schon so viel Kaffee getrunken hatte.

      „Erde an Paige …“, hörte sie jetzt Lucy sagen, blickte auf und merkte, dass die beiden anderen sie anstarrten. „Tut mir leid. Ich war etwas abwesend.“

      „Wieso blickst du denn so finster drein?“, fragte Eden. Dabei ging ihr Blick erst kurz zu Lucy und dann wieder zurück zu Paige. „Du willst nicht … sollen wir lieber nicht über … äh … meine Hochzeit reden?“

      „Was?