Matthias Hipler

Für immer? Ja!


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jede Menge Reibungspotenzial. Es beginnt damit, dass zwei sehr unterschiedliche und oft auch gegensätzliche Charaktere dauerhaft miteinander klarkommen müssen. Jeder bringt zudem seine eigene Geschichte mit, hat Erfahrungen, Ängste und persönliche Empfindlichkeiten im Gepäck. Männer ticken zudem ganz anders als Frauen, sodass es auch zu geschlechtsspezifischen Missverständnissen kommen wird. Sie reden, denken und fühlen manchmal völlig unterschiedlich und aneinander vorbei.

      Es können sich aber auch äußere Faktoren belastend auf die Beziehung auswirken, wie beispielsweise eine angespannte finanzielle Situation oder das Verhältnis zu den Eltern des Partners. In der Liebe erwarten uns also vielfältige Konfliktherde, die es zu bewältigen gilt. Deshalb brauchen beide eine faire Streitkultur, die sie in die Lage versetzt, Brücken der echten Verständigung über alle Unterschiedlichkeiten hinweg zu bauen. Gute Kommunikation und reife Konfliktfähigkeit funktionieren wie ein Reißverschluss, der zwei Seiten immer wieder neu zusammenbringt.

      Konflikt-Flieher und Konflikt-Sucher

      Ich stelle immer wieder in Paargesprächen fest, wie unterschiedlich Menschen mit dem Thema „Konflikte“ umgehen.

      Da sind zunächst einmal die Konfliktscheuen. Sie erleben jede Auseinandersetzung als bedrohlich. Sie haben in ihrem Denken und Fühlen eine große Angst abgespeichert, abgelehnt und nicht mehr geliebt zu sein, wenn es zu Streitigkeiten kommt. Um negative Gefühle zu vermeiden, gehen sie jedem Streit möglichst aus dem Weg. Entweder haben diejenigen in ihrer Familie keine offene Streitkultur erlebt oder es ging so heftig in Auseinandersetzungen zur Sache, dass sie sich geschworen haben, in der eigenen Partnerschaft ganz anders miteinander umzugehen. Sie fliehen die Auseinandersetzung, indem sie sich ins Schweigen zurückziehen oder aufgetretene Probleme verharmlosen. Die heimlich ersehnte Harmonie in der Beziehung erweist sich aber auf Dauer als brüchig. Was unter den Teppich gekehrt wird, wird früher oder später zur Stolperfalle. Unerledigte Streitthemen holen die Beziehung im Alltag wieder ein. Sie schmoren unter der Oberfläche gefährlich vor sich hin.

      Im Gegensatz zum Konflikt-Flieher sucht der Konfliktfreudige die offene Auseinandersetzung. Er hat gelernt, dass kritische Punkte auf den Tisch der Beziehung gebracht werden müssen. Er will nichts „anbrennen“ lassen und sucht deshalb das offene Gespräch. Für ihn sind Auseinandersetzungen normal und erst einmal als nicht besonders bedrohlich anzusehen. Vielleicht wurden in der Herkunftsfamilie klare Worte gebraucht und es wurde ggf. auch leidenschaftlich miteinander gestritten. Dem Konflikt-Sucher sind verbale Auseinandersetzungen vertraut und er kann gelassener mit ihnen umgehen. Wer in der verbalen Auseinandersetzung sehr geübt ist, kann allerdings manchmal über das Ziel hinausschießen und den anderen verletzen. Für den Konfliktgeübten ist es nach einem heftigen Streit eher wieder gut und erledigt, während der Partner noch lange mit erlebten Verletzungen aus einem Streitgespräch zu kämpfen hat.

      Ich ermutige Euch sehr dazu, offen anzusprechen, was an Konflikten im Raum steht. So groß auch die Versuchung sein mag, um des lieben Friedens willen einander zu schonen, es bringt die Beziehung nicht voran. Partnerschaften, in denen oft um den heißen Brei herummanövriert wird, drohen auf lange Sicht zu versteinern und zu erstarren. Ungeklärte Konflikte lähmen die Liebesbeziehung und verhindern, dass die Liebe sich weiterentwickeln wird. Konflikte gehören genauso zur Liebe wie Harmonie und Versöhnung.

      Praxis-Übung: Druck und Gegendruck

       Ihr steht Euch mit einem Abstand von einem Meter gegenüber. Legt Eure Handflächen jeweils gegen die des Partners. Einer beginnt spielerisch, etwas Druck über die Handflächen auf sein Gegenüber auszuüben. Der andere reagiert darauf so, wie ihm zumute ist. Der wechselseitige Druck kann erwidert, verstärkt oder abgeschwächt werden. Experimentiert mit Euren Energien und beobachtet, was genau mit Euch in der Interaktion passiert.

       Wer setzt wann dem anderen etwas entgegen? Wie viel Druck wird als angenehm erlebt? Wann genau wird es unangenehm?

       Teilt Euch alle Beobachtungen mit und unterhaltet Euch darüber, in welchen Bereichen der Partnerschaft ein Zusammenspiel von Druck und Gegendruck vorkommt!

      Gute Gründe, Auseinandersetzungen offen und fair auszutragen

      Wenn Ihr Konflikte und Streitthemen angeht, muss das nicht zwangsläufig zu negativen Gefühlen und Kränkungen führen. Konflikte bergen viele Chancen. Was Ihr gewinnen könnt, wenn Ihr Euch zusammensetzt, um Euch mit Problemen auseinanderzusetzen, macht die folgende Zehn-Punkte-Auflistung deutlich:

      1 Wer mit dem Partner spricht und streitet, bleibt in Beziehung. Streiten verbindet.

      2 Im Konflikt ist jeder Partner herausgefordert, seinen eigenen Standpunkt zu finden und zu vertreten. Ich werde mir selbst klarer darüber, was ich will und was ich nicht will.

      3 Eine offene Auseinandersetzung kann genügend Druck auf- bauen, damit sich etwas positiv verändert.

      4 Konflikte zielen auf Problemlösungen und eine Weiterentwicklung der Partnerschaft.

      5 Im Streitfall lernt Ihr Euch noch besser kennen, mehr als nur Eure Schokoladenseiten. Ihr erkennt deutlicher, was Euch jeweils besonders wichtig ist. Eure verletzlichen Seiten kommen zum Vorschein.

      6 Konflikte können neue, ungeahnte Kreativität fördern. Sie ermutigen Euch, festgefahrene Verhaltensweisen zu verlassen und nach neuen Lösungsmöglichkeiten Ausschau zu halten. Wenn etwas in der Beziehung nicht gut funktioniert, probiert, es anders zu machen.

      7 Meinungsverschiedenheiten werden ausdiskutiert und Entscheidungen sorgfältiger überdacht, bevor Ihr Euch für eine Lösung entscheidet.

      8 Ein echter Streit beinhaltet die Chance einer echten Versöhnung. Nur wer leidenschaftlich ringt, kann sich wieder liebevoll in die Arme schließen.

      9 Konflikte lehren Euch, erlittene Kränkungen auszusprechen und um Verzeihung zu bitten.

      10 Ein ehrlich ausgefochtener Streit kann sogar Spaß machen. Als ein „Krimi für zwei“ produziert er Spannung und sorgt für Adrenalin.

      Der folgende Fragebogen soll Euch vor Augen führen, inwieweit Konflikte in der Beziehung schnell zu eskalieren drohen und wie man von negativen Gefühlen im Streit überwältigt werden kann.

      Welche der nachfolgenden Aussagen trifft auf Dich zu, welche nicht?

      Auswertung: Jede zutreffende Aussage ergibt einen Punkt.

       0 – 5 Punkte:

      Ihr seid für Eure Konfliktkultur zu beglückwünschen. Ihr besitzt die Fähigkeit, Auseinandersetzungen zu führen, ohne in eine Abwärtsspirale negativer Gefühle hineinzugeraten. Ihr könnt unterschiedliche Standpunkte vertreten, ohne in eine feindselige Haltung zu verfallen. Es geht weitgehend mit fairen Mitteln zu. Die sachliche Auseinandersetzung steht im Vordergrund.

      Ihr achtet die Grenzen des anderen mit Respekt. Missverständnisse und Kränkungen ufern nicht zu endlosen Streitereien aus. Eure Streitkultur zeichnet sich durch den Willen zur Fairness aus. Die wenigen Aussagen, die auf Euch zutreffen, könnt Ihr für Euch noch einmal thematisieren.

       6 – 10 Punkte:

      Negative Gefühle können in Euren Streitgesprächen