Tommy Krappweis

Ghostsitter


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antwortete der Vampir, und Tom grinste: »Wir deuten dein Grmpf als ein Ja, Vlarad. Vielen Dank. Hop-Tep, bitte mach dich gleich dran. Ich ruf den Typen von der Zeitung an und sag ihm zu.«

       Kapitel 2: Der Fotograföhr

      Hallo zusammen, Föhr mein Name, Richard Föhr. Ich darf hier morgen früh ein paar Fotos schießen, richtig?«

      Tom winkte dem groß gewachsenen Mann im modischen Ledermantel höflich zu. »Hallo, ich bin Tom, und das hier ist mein Onkel Welf. Bitte kommen Sie doch hier herauf, und wir gehen über die Gleise ins Innere der Geisterbahn bis zu unserer Vampir-Dekoration.«

      »Alles klar, na hoffentlich halten das meine Nerven aus, hahaha!«, lachte der Fotograf, verstummte dann aber, als er in das ernste Gesicht des Werwolfs blickte. »Sie hatten wohl noch keinen Kaffee heute Morgen, was? Kleiner Scherz.«

      »Ja. Sehr klein«, zischte Welf zwischen den Zähnen hervor, doch Herr Föhr ging einfach darüber hinweg. »Also, das sieht schon von außen so großartig abgeranzt aus. Ich würde am liebsten gleich loslegen.«

      »Ich auch …«, ließ sich Welf drohend vernehmen, als sie die Geisterbahn betraten. Tom seufzte. Wenn irgendwer auch nur ein falsches Wort über die Schreckensfahrt verlor, konnte der Werwolf noch übellauniger werden, als er es ohnehin schon war. Zeichnete sich das Gegenüber dann auch noch durch einen ausgeprägten Hang zu schlechten Witzen aus, spielte es mit seiner Gesundheit.

      Tom ließ sich einen Schritt zurückfallen, sodass er nun zwischen dem Fotografen und Welf laufen und gegebenenfalls schnell eingreifen konnte. »Hier geht es scharf nach links, bitte folgen Sie den Gleisen.«

      »Ah, okay, ich seh schon. Also, eine ganz wunderbare alte Kiste haben Sie da«, dröhnte die Stimme des Fotografen durch die Gänge der Geisterbahn.

      Tom drehte sich sofort zu Welf herum und hob beschwichtigend die Hände. Der wirkte, als würde er dem Mann gerne eine Wendeltreppe ins Genick beißen. Er hat ›alte Kiste‹ gesagt!, telepathierte der Werwolf wütend.

      Ja, aber er hat auch ›ganz wunderbar‹ gesagt. Schau mal, wie begeistert er ist, antwortete Tom ebenso tonlos zurück. Wieder einmal war er sehr dankbar für dieses übernatürliche Geschenk, das ihm seine untoten Freunde gemacht hatten. Die Möglichkeit, sich in Gedanken zu unterhalten, ersparte ihnen allen nicht nur Zeit, Schritte und die ein oder andere peinliche Situation – sie hätten ohne diese blitzschnelle geistige Verbindung auch viele ihrer Abenteuer nicht überstanden.

      Man musste aber unbedingt daran denken, die telepathische Verbindung wieder zu kappen. Sonst diktierte man den anderen unabsichtlich sein privates Gedankentagebuch, und das konnte schnell richtig peinlich werden.

      Tom legte einen Schalter um, und die Effektbeleuchtung ging flackernd an. Er war sehr stolz auf diesen Teil der Geisterbahn, weil er die Dekoration nach und nach mit ein paar tollen modernen Lichteffekten ausgebaut hatte. Das hatte ihm sogar den stillschweigenden Respekt von Welf eingebracht, und das war wirklich etwas Besonderes.

      Der Sarg im Vordergrund wurde von einem blutrot flackernden Scheinwerfer beleuchtet. Die Wand dahinter mit dem Steinrelief bekam ihr bläuliches, waberndes Licht von einem Strahler, der direkt davor auf dem Boden stand. Durch die starken Schatten wirkten die Rillen zwischen den künstlichen Steinen noch tiefer. Die Idee war Tom gekommen, als er sich daran erinnert hatte, wie gruselig man aussah, wenn man sich eine Taschenlampe direkt unters Kinn hielt.

      Hinter dem künstlichen Fenster in der Wand sah man auf ein nur schwach beleuchtetes Bild, das eine gruselige Burg zeigte. Wenn die Wägelchen hier vorbeifuhren und sich der Sarg öffnete, begann eine Serie von Blitzen. Dieser Lichteffekt wurde von einem sogenannten Stroboskop-Flash erzeugt.

      »Wo geht’s denn hier hin?«, fragte der Fotograf da plötzlich und fasste schon an den Knauf der Tapetentür neben Vlarads Sarg. Gott sei Dank hatte der den Zugang zu seinem geheimen Alchemie-Labor von innen verriegelt. Vor allem die Dinge, die der Vampir dort in Dutzenden alkoholgefüllten Glaszylindern aufbewahrte, hätten eine Menge Fragen aufgeworfen, und der Fotograf hätte wohl ziemlich blöd geschaut. Nun, ein paar der Dinge hätten wohl auch ziemlich blöd zurückgeschaut …

      »Da ist unser geheimes Labor«, antwortete Tom. »Aber wenn Sie das sehen, dann müssen wir Sie leider verschwinden lassen.«

      »Hahaha!«, schmetterte der Fotograf ihm so laut entgegen, dass es Tom in den Ohren knackste. »Das wollen wir natürlich nicht, ich hab ja morgen noch einen Job zu erledigen!«

      Er hob die Hände, formte dann mit Zeigefinger und Daumen beider Hände ein Rechteck und schaute mit einem Auge hindurch. »Jaaa … Jaaa … Genau, so machen wir das. Da setzen wir die Autorin hin. Und dahinter ist dann euer …«

      Der Fotograf sah sich um. »Sagt mal, hatte die Redaktion nicht irgendwas von einer Vampirfigur erzählt?«

      »Äh ja, klar«, beeilte sich Tom zu sagen. »Die Puppe wird nur gerade restauriert, denn sie sah nicht mehr ganz so filmreif aus.«

      Der Fotograf winkte ab: »Also wegen mir bitte nicht zu viel Renovierung, ja? Ich steh ja total auf diesen melancholischen Abbruchlook.«

      Dem zeig ich, wie melancholisch ein Abbruch macht …, grollte Welf in Toms Kopf wütend los.

      Welf, nein!, telepathierte Tom so schroff wie möglich zurück, und der Werwolf verlangsamte seinen Schritt.

      »Was ist denn mit Ihnen?«, fragte der Fotograf, als Welf ihn mit gefletschten Zähnen anfunkelte. »Tut Ihnen was weh?«

      »D… das soll ein Lächeln sein. Mein Onkel hat nur Zahnschmerzen. Nicht wahr, Onkel Welf?«, blubberte Tom los und sah den Werwolf dabei scharf an.

      »Zahnschmerzen. Ja. Vom Zubeißen.«

      »Mein Beileid. Aber diese Puppe wird doch hoffentlich fertig bis morgen früh? Da rutschen wir hier nämlich mit der Vampirdamsel vorbei, und die hat einen ziemlich vollen Terminkalender. Ich fürchte, wir haben gerade mal eine halbe Stunde Zeit für die Fotos.«

      Der Mann zückte sein Mobiltelefon. »Moment, lasst mich noch mal nachsehen. Die Mail mit den Uhrzeiten müsste schon da sein. Ich glaube, es war neun Uhr …« Er stutzte. Dann hob er sein Smartphone in die Höhe und drehte sich einmal fast komplett im Kreis. »Was ist denn das hier für eine gruselige Hütte?«

      »Wie meinen Sie?«, fragte Tom verwundert.

      »Na, mein Handy spielt total verrückt, springt von einem Netz zum nächsten …«, antwortete der Fotograf.

      Unwillkürlich zog auch Tom sein Mobiltelefon hervor, und tatsächlich verhielt sich sein Gerät ganz genauso.

      »Das ist ja komisch …«, murmelte er, doch da hatte der Fotograf endlich Empfang, und sofort machte es leise ›Bing‹. »Ah, jetzt … Okay, das hatte ich noch nie. Ohne Handy würd’ ich mich glatt einglasen und ins Regal meiner Großmutter stellen lassen. Ich liebe dieses Teil! Wo ist denn jetzt die Mail … Ah, hier. Ja, genau. Neun Uhr. Ich hoffe, das geht klar?«

      »Keine Sorge«, antwortete Tom. »Wir sind morgen um neun bereit, unsere Schreckensfahrt ebenso und Sie hoffentlich auch, Herr Föhr.«

      »Na klar, ich bin morgen um Viertel vor da, fit, fromm und fröhlich wie immer. Bis morgen, Kleiner, und Ihnen von Herzen viel Spaß beim Zahnarzt. Ich weiß, wie das ist, hab auch immer wieder Probleme mit den Weisheitszähnen.«

      »Ich kann das übernehmen«, brummte Welf, und Tom sah, dass der Werwolf seine Fäuste so fest geballt hatte, dass kaum mehr Blut durch die Finger floss.

      Tom trat abermals zwischen Werwolf und Fotograf und nickte letzterem freundlich zu. »Bis morgen, wir müssen jetzt … dings.«

      »Dings?