geboren in Vöcklabruck, das Geburtsdatum ist unbekannt, erlernt zunächst das Schneiderhandwerk, will dann Priester werden und tritt schließlich ins Barfüßerkloster in Judenburg ein, das er angeblich nach sechs Jahren „fluchtartig“ verlässt. Er geht nach Nürnberg, arbeitet wieder als Schneider und knüpft hier erstmals Kontakte zur Täuferbewegung, die ihn veranlassen, nach Nikolsburg (Mikulov) in Mähren zu ziehen. Hier lernt er die Täufergemeinde Balthasar Hubmaiers kennen, dann übersiedelt er nach Wien, wo er sich zu Pfingsten 1527 von Oswald Glait taufen lässt und als Mitglied der Wiener Täuferkirche von Hans Hut seine missionarische Tätigkeit beginnt. Im August 1527 nimmt Leonhard Schiemer an der Augsburger Märtyrersynode teil und wird von dort als „Sendbote“ nach Tirol gesandt; er wählt Rattenberg als Standort für seine Tätigkeit. Das kleine Städtchen, erst seit dem Kölner Schiedsspruch von 1504 bei Österreich, beherbergt eine kleine Täufergemeinde, die ihn sofort zu ihrem Bischof wählt.
Inzwischen hat jedoch Ferdinand I., der Bruder Karls V., bereits seinen „Kreuzzug“ gegen die verdambte Ketzerey begonnen, unablässig fordert der junge Habsburger von seinen Beamten hartes Durchgreifen, ja, er verlangt Todesurteile für die widertauffer, wo diese für Milde und Nachsicht stimmen. So sind auch Leonhard Schiemer nur wenige Wochen vergönnt, in denen er durch seine Predigten neue Anhänger gewinnen kann; er wird verhaftet und eingekerkert, während seiner Untersuchungshaft arbeitet er an der Abfassung neuer „Sendschreiben“ an die Gläubigen. Anfang Januar 1528 unternimmt er einen Fluchtversuch, der jedoch scheitert, er wird dem Scharfrichter übergeben und nach Folterungen am 14. Januar in Rattenberg enthauptet.
Einige der von einem mystischen Grundton getragenen Kirchenlieder Leonhard Schiemers haben bis heute im Liedgut der „Hutterischen Brüder“ überlebt; der Verfolgung und dem Martyrium der Täufer setzt er in einem berührenden Klagelied ein Denkmal. Darin heißt es:
Man hat sie an die bäum gehenkt,
erwürgt und zerhawen,
Heimlich und öffentlich ertrenckt,
vil Weiber und jungfrawn.
Die haben frey Ohn alle schew
Der warhait zeugnuss geben,
dass Jesus Christ die warhait ist (…)
Bis 1540 werden in Rattenberg weitere 70 Täuferinnen und Täufer für ihren Glauben sterben.
Der erste öffentliche Schwurgerichtsprozess
Der Verhandlungsbeginn ist für 9.30 Uhr angesetzt. Vor Gericht steht die 19-jährige, „nett“ gekleidete Dienstmagd Cäcilia Hunger, angeklagt wegen des „Verbrechens der Brandlegung sowie der Übertretung des Diebstahls und der Veruntreuung“. Am 28. September 1850 habe sie, so die Anklageschrift, im Hause ihres Dienstherren Daniel Oberbauer, Gumpendorf Nr. 532, gegen sieben Uhr abends mehrere brennende Zündhölzchen auf den Strohsack und die Kotzen eines Betts am Dachboden geworfen; in dem durch den Brand entstandenen Tumult habe sie dann die Brieftasche des Daniel Oberbauer mit 21 Gulden entwendet. Nach einer Anzeige ihres Dienstherrn beim Bezirkskommissariat Mariahilf sei sie arretiert und bis zum heutigen Tage „in Untersuchung“ gehalten worden. Das Feuer habe keinen großen Schaden angerichtet.
Ein alltäglicher Fall und dennoch ein Meilenstein in der Geschichte der Rechtsprechung in Österreich: Erstmals entscheiden Geschworene über „schuldig“ und „nicht schuldig“, ein Anlass, der viel Prominenz in den Gerichtssaal gelockt hat: Justizminister Anton von Schmerling und Unterstaatssekretär von Stelzhammer sind anwesend; der Präsident des Schwurgerichtshofes, Oberlandesgerichtsrat Dr. Josef Edler von Würth, leitet die Verhandlung. In seiner „würdevollen Ansprache“ betont von Würth, dass die Geschworenen dazu berufen seien, eines „der einflussreichsten Rechte des Staatsbürgers auszuüben“, es sei dies eine Reform, „in der sich die größte Achtung und Anerkennung der freien Persönlichkeit des Einzelnen wie die Gleichheit Aller vor dem Gesetze“ ausspreche, die Geschworenen – es sind nur Männer – ermahnt er zu „Besonnenheit, Unparteilichkeit und Mäßigung“.
Im Verhör, das der Vorsitzende mit Cäcilia Hunger dann anstellt, zeigt sich die Angeklagte reumütig, als Motiv für ihre Tat nennt sie die „Sehnsucht nach ihrer Heimat, um ihren Vater wieder zu sehen“; ihr Verteidiger, ein gewisser Dr. Dierl, weist darauf hin, dass die „Absicht der Angeklagten bloß auf Diebstahl und nicht auf Brandlegung“ gerichtet gewesen sei, laut Meinung der Sachverständigen sei es auch zu keinem „hellen Brande“ gekommen. Das offene Geständnis der jugendlichen „Verbrecherin“ hat im Publikum tiefen Eindruck gemacht, das Gericht formuliert nun vier Fragen an die Geschworenen, die sie zu beurteilen haben. Nach 45-minütiger Beratung beantworten die Geschworenen alle Fragen mit „schuldig“, bei Punkt 1, der Brandlegung, erkennen sie, in Überschreitung ihrer Kompetenz, wie der Vorsitzende kritisch anmerkt, auf „schuldig mit mildernden Umständen“ – im Bemessen des Strafausmaßes zeigen die honorigen Herren des Gerichts wenig Fingerspitzengefühl: Cäcilia Hunger wird zu drei Jahren (!) schwerem Kerker, dem vom Staatsanwalt geforderten Minimum, verurteilt; die Sitzung schließt um vier Uhr nachmittags.
Annemarie Moser-Prölls letzter Weltcupsieg
Wieder einmal ist die Elite des Damenskirennsports im kleinen Schweizer Ort Arosa in Graubünden zu Gast. Wenige Wochen vor den Olympischen Spielen in Lake Placid geht es für die Läuferinnen um letzte Standortbestimmungen – auch für die Königin des Weltcups im letzten Jahrzehnt, Annemarie Moser-Pröll. Zwölf Jahre sind seit ihrem denkwürdigen Debüt in der Weltcupabfahrt von Bad Gastein am 17. Januar 1968 vergangen, als das Mädchen vom Bergbauernhof auf vereister Piste nach Stürzen mit 30 Sekunden Rückstand auf ihre Teamkollegin Olga Pall 78. und Letzte geworden war; inzwischen stehen 61 Siege zu Buche und sechs Erfolge im Gesamtweltcup sowie vier Weltmeistertitel: Die Letzte von einst ist zur Größten geworden, daran hatte auch eine Unterbrechung ihrer Karriere vom März 1975 bis zum Dezember 1976 nichts ändern können.
Auf der Fahrt zum letzten großen Sieg: Annemarie Moser-Pröll gewinnt Gold in Lake Placid 1980.
Im ÖSV-Team ist „die Pröll“ die unumschränkte Nummer eins, es gibt niemanden, der ihr in diesem Weltcup- und Olympiawinter 1979/80 auch nur annähernd Konkurrenz machen könnte. Auch im Riesentorlauf, der an diesem 16. Januar am Programm steht, ist sie noch immer stärkste Österreicherin, auch wenn ihr letzter Sieg in dieser Disziplin nun schon fast zwei Jahre zurückliegt – herausgefahren am 17. März 1978 in Arosa. Das Rennen wird geprägt vom Zweikampf Hanni Wenzels mit der Schweizerin Marie-Therese Nadig, in dem die Liechtensteinerin, die in dieser Saison auch den Gesamtweltcup für sich entscheiden wird, mit 29 Hundertsteln Vorsprung die Oberhand behält. Dritte am Siegespodest ist die Französin Perrine Pelen. Annemarie Moser-Pröll reicht ein solider Lauf für den siebenten Platz und ihren 62. und letzten Weltcupsieg: Sie gewinnt mit 10.61 Punkten klar die Kombinationswertung vor Hanni Wenzel (34.84) und Teamkollegin Ingrid Eberle (50.39).
Am 25. Januar wird die Skikönigin aus Kleinarl im Slalom von St. Gervais hinter Perrine Pelen Zweite und steht ein letzets Mal bei einem Weltcuprennen am Siegespodest; dann geht es zu den Olympischen Spielen nach Lake Placid. Ein allerletzter „herrlicher Sieg“ (Serge Lang) wartet hier am 17. Februar 1980 auf der Piste am Whiteface Mountain noch auf sie: die Goldmedaille in der Abfahrt.
Skandal im Theater an der Wien
Im Theater an der Wien steht eine Benefizvorstellung für den „beliebten Komiker und Bühnendichter, Hrn. Nestroy“ (Theaterzeitung) auf dem Programm. Angekündigt ist eine neue „Localposse mit Gesang“, der monströse Titel des Stücks, zu dem Adolf Müller die