zu sagen. Ich weiß auch, dass du das nicht verdient hast. Aber ich … ich kann dich nicht heiraten!“
Angelika riss sich los und sprang auf, wurde laut. „So, es fällt dir schwer mir so was zu saga. Aber die Trennung, die fällt dir leicht, mal schnell so zwei Wocha vor der Hochzeit. Des Kleid ischt auch schon kauft, des kann ich jetzt in die Tonne haua. Was denkscht du dir eigentlich dabei?“
„Ich zahl’s dir!“ Angelika wurde laut. „Was bisch du bloß für ein Scheißkerl. Glaubscht du vielleicht, mit dem bissle Geld ischt es getan? Warum tuscht du das, gibt’s eine andere?“ Mike merkte, dass er das mit dem Geld nicht hätte sagen sollen. Was sollte er jetzt erwidern?
„Ja!“ Angelika wurde immer wütender „Ich glaub’s ja net. Und damit kommscht du jetzt daher? Hätt dir des net früher einfalla könna. Wie lange geht des schon?“
„Fünf Tage.“ Angelikas Stimme fing an, sich fast zu überschlagen. „Was, net einmal eine Woche, spinnscht du? Du schmeißt vier Jahre Beziehung einfach weg! So mir nix dir nix. Und ich bekomme kei Chance. Du schtellst mich einfach vor vollendete Tatsacha? Was hab ich falsch gmacht, sag’s.“
„Nichts, es liegt nur an mir.“
„An dir, ach so! Na denn isch ja alles in Ordnung. Du kennsch die andere grad eine Woche. Habt ihr zusammen durchgvögelt, dass du dir so sicher bischt. … Halt einmal, als ich dich angrufa hab, am Montag …“
„Ja, da haben wir uns kennengelernt, sie saß mit im Auto.“
Jetzt wurde Angelika ganz leise und zischte, ihre Blicke durchbohrten Mike förmlich. Er dagegen fühlte sich immer kleiner und hilfloser. „Und du hascht mich gnadenlos am Telefon anglogen und zurückgrufen hascht du erscht gar nicht. Du bischt so ein fieser Feigling!“
In diesem Augenblick erhielt er eine krachende Ohrfeige. Ihre Finger brannten auf seiner Wange, die sich bereits langsam rötlich färbte. „Geli, das hat nichts mit dir zu tun, du bist völlig unschuldig. Aber was soll ich machen, ich hab sie gesehen und mich verliebt. Am Tag darauf wusste ich schon, dass es nur noch diese Frau für mich gab. Ich kann dich doch nicht heiraten, wenn ich eine andere liebe.“
„Nach einem Tag, ich fass es nicht. So was geht doch gar net, du ticksch doch nicht mehr richtig.“ Angelika holte tief Luft. „Und, ischt sie wenigschtens hübsch, blond und blauäugig? Oder was hat se, was ich net hab?“
„Nein, das ist doch überhaupt nicht wichtig.“
„Doch, des ischt für mich wichtig, ich hab ein Recht drauf zu erfahra, wer mich in nur ein paar Tagen aus dem Feld haut!“ Mike zögerte kurz. Ungeduldig und wütend blickte sie ihn an. „Du erfährst es ja später sowieso. Sie stammt aus Afrika und ist nicht blond.“
Angelika schaute Mike völlig entgeistert an. Erst leise und dann sich langsam steigernd sprudelte es aus ihr heraus: „Willsch du mir etwa grad klarmacha, dass du es mit einer Negerin trieba hascht und dass du mich wegen so einer nicht heirata kannscht?“ Mike nickte und schluckte trocken. „Eine Schwarze? Mit krause Haar und dicke Lippa? Kann se überhaupt deutsch?“
Sie drehte sich weg, um sich im nächsten Augenblick wieder anders zu besinnen. Ihre Stimme wurde sehr eindringlich. Mit bettelnden Augen sah sie ihn an. „Mike, bitte. Bin ich so hässlich? Ich lieb dich. Mir wollten eine Familie gründen. Du hascht zu mir mal gsagt, ich sei deine Traumfrau. Alles weg? Nach einer Woch? Bitte gib mir noch eine Chance. Wir können die Hochzeit auch verschieba. … Bitte gib mir eine letzte Chance!“ Genau das hatte Mike befürchtet. Wenn sie ihn nur angeschrien hätte, wäre es leichter gefallen. Er wusste, dass er sie schwer verletzen wird, unverdient. Angelika kniete vor ihm mit Tränen in den Augen. Mitleid stieg in ihm auf, er kämpfte mit sich.
Wollte er Angelika tatsächlich so viel Leid zufügen, oder sollte er doch nachgeben. Sie hatte zu dieser Situation nichts beigetragen, er alleine war der Urheber. Er stürzte sie in diese schwere Krise ohne einen Funken Rücksicht zu nehmen. Das zu verhindern ging nur, wenn er Mona verstieß. Er schloss die Augen, da erschien Mona vor seinem geistigen Auge. Ihm wurde zum ersten Mal in seinem Leben bewusst, wie sehr man eine Frau lieben konnte. Er begriff, dass diese Frau Mona war. Das zu verstehen, hieß auch einzutreten für Mona. Leise, aber sehr deutlich flehte er Angelika an: „Ich kann das nicht. Bitte verzeih mir.“ Die stieß einen durchdringenden Schrei aus, fiel auf ihren Stuhl zurück und vergrub das Gesicht in ihre Hände. Die Tränen rannen ihr über die Wangen.
Angelikas Geschrei hatten natürlich auch ihre Eltern gehört. Ihr Vater rannte die Treppe hoch, riss die Tür mit so einer Gewalt auf, dass sie krachend gegen die Wand flog und dort Putz und Tapete beschädigte. Als Mike Angelikas wutschnaubenden Vater sah, bekam er es mit der Angst zu tun, denn er kannte ihn als aufbrausenden cholerischen Menschen, der bei seinen Ausbrüchen immer unberechenbar blieb.
Mike stellte sich auf alles ein. „Was hascht du Saukerl mit meiner Tochter gmacht?“, brüllte Angelikas Vater, als er seine Tochter völlig aufgelöst auf dem Stuhl sitzen sah. „Er hat mich mit einer Negerin betroga!“, wimmerte leise Angelika. Ihr Vater griff zu einem Pokal, der im Schrank stand und schleuderte diesen in Richtung Mike. Der duckte sich geistesgegenwärtig weg und das Geschoss durchschlug klirrend die Fensterscheibe. „Was, eine Niggerin? Jetzt kannscht du was erleba! Ich mach dich so was von fertig! Ich schlag dich ungspitzt in den Boden rein.“ Währenddessen saß Angelika immer noch apathisch da, unfähig zu reagieren. Sie hatte verstanden, dass es endgültig aus war.
Den Krach und das klirrende Glas hörte man auch auf der Straße und bei den Nachbarn. Auch Mona hörte und sah die Scheibe in die Brüche gehen. Sie riss die Autotür auf, rannte zum Haus, klingelte und trommelte gleichzeitig mit den Fäusten gegen die Haustür. Nichts rührte sich. „Sofort aufmachen!“ Keine Reaktion. Sie schaute nach rechts und nach links, lief den schmalen Plattenweg um das Haus herum zur Rückseite in den Garten so schnell sie konnte. Blitzschnell war sie auf der Terrasse, aber auch hier waren alle Türen verschlossen.
Kurz entschlossen griff sie nach einer leeren tönernen Blumenschale und warf diese durch die Balkontür. Unter lautem Getöse ging die Türscheibe zu Bruch. Angelikas Mutter stand wie angewurzelt im Zimmer und schrie um Hilfe. Mona ließ sie einfach stehen und stürmte an ihr vorbei die Treppe hinauf, immer dem Lärm nach. Angelikas Mutter, nachdem sie sich vom ersten Schock erholt hatte, hinterher.
Angelikas Vater, größer und stärker als Mike, hatte diesen inzwischen auf den Boden geworfen und am Hals gepackt. Mikes Abwehrversuche waren nur halbherzig und deswegen zum Scheitern verurteilt. Angelika schaute nur teilnahmslos zu. Als Mona in der Tür stand, ließ Angelikas Vater sofort von Mike ab. Der lag noch röchelnd am Boden und schnappte nach Luft. Alle konzentrierten sich auf Mona. Die schien überhaupt keine Angst zu haben, ihre Augen suchten Mike.
Mit bedrohlicher Stimme herrschte sie Angelikas Vater an. „Rühren Sie ihn nicht mehr an. Ich warne Sie ausdrücklich.“ Sie wollte sich schon zu Mike hinwenden, als eine starke Hand sich um ihren Arm krallte. „Da ischt ja die schwarze Hur! Soll ich jetzt Angscht bekomma?“ Er fühlte sich überlegen und lachte dabei. „Jetzt bischt du dran.“
„Ich habe Sie gewarnt, Finger weg!“ Mona fuhr ihn in einer ungeheuren Schärfe an.
In diesem Augenblick kam Angelikas Mutter in das Zimmer. Angelika fiel ihr um den Hals. Während der ganzen Zeit standen beide nur da und schauten ungläubig zu. Mona fauchte Angelikas Vater an. „Loslassen, sofort!“ Ein Grinsen war die Antwort. Mona machte eine schnelle Drehung, löste sich aus der Umklammerung und versetzte ihrem Widersacher bei einer weiteren Drehung einen mächtigen Kinnhaken mit dem Fuß. Das passierte innerhalb weniger Sekunden. Der Angreifer ging benommen zu Boden.
„Bleib liegen, oder du erlebst die nächste Stunde nicht mehr!“, herrschte sie ihn an, ging auf Mike zu und half ihm aufzustehen. „Ich gebe dir Recht, war doch gut, dass ich mitgekommen bin. Diese Seite kanntest du noch nicht von mir. Ich bin kampfsporterprobt, dient der Selbstverteidigung. Wie man sieht, ist es auch für so was gut.“ Mike brachte kein Wort heraus, nur ein unverständliches Glucksen. „Hey, wie geht es dir? Musst du zum Arzt?“ Ihre Stimme war voller Sorge.
Angelikas