Joachim Bräunig

Was geschah mit Lotte L


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angefangen von Kanuten bis hin zum Hausbootskapitän, haben hier die Möglichkeit anzulegen und zu übernachten aber auch Wasser und Strom zu laden. Der am Sportboothafen entlang führende Burgweg endet auf dem Marktplatz, dem Zentrum der ringförmig angelegten Innenstadt. Die Spitze der im 14. Jahrhundert errichteten St. Marienkirche, deren Baustil in die Gotik gehört, ragt sichtbar über den Marktplatz hinaus. Im Inneren der Kirche kann man die im Jahre 1717 erbaute Röder-Orgel besichtigen. Eine zirka 620 Jahre alte Linde mit einem Stammumfang von acht Metern ziert als Naturdenkmal den Eingang der Kirche. Die Stadt lag zwischen Neustrelitz und Rheinsberg. Am Sportboothafen war ein kleiner Biergarten errichtet worden, der zum Ausruhen nach Wandertouren mit Rad oder zu Fuß einlud. Der Inhaber, Herr Bahrke und seine Gattin, waren stets freundlich und gut gelaunt und das Geschäft lief zu ihrer Zufriedenheit sehr gut. Sie boten Kesselgulasch und Soljanka zum Verzehr an, was von den Gästen sehr gut angenommen wurde. Natürlich gab es auch flüssige Nahrung; von Bier bis zu Kaffee. Der Biergarten war sehr gut erreichbar und lag direkt unterhalb der Burg. Die vorbeikommenden Gäste stellten ihre Räder in den vorgesehenen Unterbringungsmöglichkeiten oder lehnten sie einfach an die im Park stehenden Bäume. Vom Biergarten war der Sportboothafen gut einsehbar und gut erreichbar. Die Zeremonie der Hochzeitsfeier fand in der am Markt gelegen Kirche statt. Das Brautpaar war in einer weißen Kutsche vorgefahren und die Braut trug ein langes weißes Brautkleid, jedoch ohne Schleier. Das Brautpaar war sichtlich beeindruckt von der großen Anteilnahme der Einwohner von Wesenberg, denn der Platz vor der Kirche wimmelte von Menschen, die alle das Brautpaar beglückwünschen wollten. Der Pfarrer trug in rührenden Worten, aber in gewünschter kurzer Form, den Lebenslauf und die Entstehung der Liebe des Brautpaares vor und rührte viele der Anwesenden zu Tränen, besonders die Eltern des Paares. Die Zeremonie in der Kirche währte ungefähr eine Stunde, bis sich das Brautpaar das Ja-Wort gab. Nach den Feierlichkeiten begaben sich die Gäste und die Eltern mit den offiziell eingeladenen Gästen in das direkt am Markt gelegene Restaurant, wo bereits alles für die Ankunft des Brautpaares angerichtet war. Das Brautpaar hatte sich einen Fotograf bestellt und dieser suchte gemeinsam mit dem Brautpaar die schönsten Motive für die Hochzeitsbilder aus und fuhr anschließend mit ihnen in sein Fotoatelier, um die offiziellen Hochzeitsfotos aufzunehmen. In der Zwischenzeit hatten die meisten Gäste bereits ihre Plätze im Restaurant eingenommen und freuten sich bereits auf Kaffee und Kuchen. Die Eltern des Hochzeitspaares hatten die kirchliche Hochzeit absichtlich auf 13.00 Uhr festgesetzt und dabei geplant, dass anschließend die Gäste zum Kaffee eingeladen werden und keine große Lücke zwischen der Trauung und dem beginnenden Fest entsteht. Die standesamtliche Trauung hatte bereits am Vormittag stattgefunden und war im engsten Kreis vollzogen worden, auf Wunsch des Brautpaares.

      Die Familien Ludwig und Leiser waren im Ort sehr angesehen und zählten zu den vermögenden Einwohnern. Vor der Vermählung ihrer Kinder hatten sie keinen sehr engen Kontakt, obwohl sie sich kannten, aber in den letzten Wochen waren sie sich näher gekommen. Peter und Ria Ludwig, die Eltern des Bräutigams, führten gemeinsam ein Fischunternehmen. Zu diesem Unternehmen gehörten einige Aufzuchtsanlagen für Karpfen und Forellen sowie mehrere Verkaufsläden, in denen sie stets ihre frische Ware anboten. Der Verkauf und das Geschäft liefen zur Freude der Familie sehr gut und sie hatten keine finanziellen Probleme. Sie beschäftigten sich mit der Betreuung der Aufzuchtsanlagen und der Läden, einschließlich der Bestellung der anderen Fischwaren. Vierzehn Mitarbeiter waren angestellt. Die Betreuung der Anlagen zur Aufzucht der Fische hatte zu Beginn Peter Leiser selbst übernommen und im Laufe der Jahre sein Personal eingearbeitet, so dass er gegenwärtig nur noch betreuende Tätigkeiten übernimmt und sich mehr den Außenstellen ihres Unternehmens widmet. Gegenwärtig war er erneut auf der Suche nach geeigneten Räumen zur Errichtung einer weiteren Verkaufsstelle in Rheinsberg. Die Teiche für die Aufzucht der Fische, sowohl der Karpfen als auch der Forellen, erfordert gute Filtereinrichtungen, wobei die Karpfen in einen natürlich angelegten Teich aufgezogen werden, während die Forellen in Becken mit ständig zugeführten gefilterten Frischwasser aufgezogen werden. Bei der Aufzucht von Karpfen ist besonders zu beachten, dass alle zwei Wochen mit einer entsprechenden Filteranlage ein Teilwasserwechsel erfolgt. Nach Auswahl der Zuchttiere sind diese im Herbst in den Teich zu setzen, um sich an das neue Heim zu gewöhnen und ohne Stress aus der Winterruhe zurückzukehren. Im Frühjahr, wenn die Wassertemperatur 12 – 15 Grad erreicht, wird mit der Fütterung begonnen. Unter dieser Temperatur kann mit der Fütterung nicht begonnen werden. Es gibt mehrere Karpfenarten, so zum Beispiel Wildkarpfen, Schuppenkarpfen, Zeilkarpfen und Spiegelkarpfen. Der Karpfen ist ein sehr fruchtbarer Fisch und der männliche Karpfen erreicht seine Fruchtbarkeit mit dem dritten Lebensjahr. In den Monaten Mai bis Juli ist die Laichzeit. Dazu brauchen die Karpfen eine Wassertemperatur von 18 – 20 Grad. Des Weiteren benötigen diese Fische Flachwasserzonen. In diesen flachen Gewässerbereichen können sie ihre Eier – den Laich – absetzen. Ein ausgewachsener Karpfen kann im 6. Lebensjahr ein Gewicht von rund 2.700 g erreichen. Das erreichbare Alter der Fische kann bis zu 30 bis 40 Jahre betragen. Krankheiten in Vereinsgewässern oder sonstigen Teichen finden ihre Ursache meist in unsachgemäßer Gewässerpflege oder in falscher Handhabung gefangener Fische. Unter Gewässerpflege zählt unter anderem auch der Besatz, die Wasserqualität, die Gewässerbeschaffenheit und somit auch das Wohlbefinden der Fische, was eine sehr ordentliche Betreuung und Kontrolle der Anlagen voraussetzt und damit eine ständige Wartung unter anderem der Filteranlagen erfordert.

      Die Familie Ludwig hat den Erbauer der Anlage, die Firma Dieter Richter, mit der Wartung beauftragt, war jedoch in letzter Zeit mit deren Arbeit nicht zufrieden, weshalb Peter Ludwig diesen Vertrag beenden wollte. Peter Ludwig hatte diese beabsichtigte Vertragsauflösung Dieter Richter bereits mitgeteilt, weshalb es zu großen Streitigkeiten zwischen den Partnern gekommen war, da die Firma Richter diesen Auftrag unbedingt benötigte, da die Auslastung der Firma zur Zeit nicht gut war, was auf mehrere unzufriedene Kunden zurückzuführen war. Peter Ludwig hatte aus diesem Grund auch Dieter Richter nicht zu den Hochzeitsfeierlichkeiten eingeladen. Die Familie Peter Ludwig war in Wesenberg sehr angesehen, was auch an vielen Stadtprojekten, an denen sich die Familie mit Sponsorengeldern beteiligte, zu spüren war. Peter und auch seine Frau Ria waren stets guter Laune und immer für ein freundliches Gespräch bereit und zugleich beteiligten sie sich gern an Sportveranstaltungen oder Radwanderungen, die von der Stadt organisiert wurden. Ria Ludwig war in dem Fischunternehmen ihres Mannes für den ökonomischen Teil verantwortlich, was ihr sehr entgegen kam, da sie Buchhalter gelernt hatte.

      Der Bruder von Peter Ludwig, Lars Ludwig, war ebenfalls in Wesenberg wohnhaft, aber sie hatten sich seit Jahren ernsthaft zerstritten und sprachen kein Wort miteinander und besuchten sich auch nicht. Lars Ludwig war Bauingenieur und hatte eine Firma gegründet, die sich auf Fassadendämmung und Trockenbau spezialisiert hatte. Seine Geschäfte gingen gleichfalls sehr gut und er beschäftigte in der Saison ca. dreißig Mitarbeiter. Seine Firma war weit über die Grenzen von Brandenburg oder Mecklenburg Vorpommern tätig, was einen hohen Organisationsaufwand erforderte. Zu bestimmten Zeiten in der Hochsaison stellte Lars zusätzlich Leiharbeiter ein, damit die Abarbeitung der Fülle der Aufträge möglich war. Er war stets bemüht, Arbeiter aus der näheren Umgebung von Wesenberg einzustellen, was jedoch bei der Abarbeitung von speziellen Aufträgen nicht immer möglich war. Seine Mitarbeiter standen voll hinter ihrem Chef, da er versuchte stets für sie eine machbare Lösung zu finden, wenn es um Fragen des Urlaubes oder anderer persönlicher Probleme ging. Die Entlohnung war gut und lag teilweise über den tariflichen Vereinbarungen des Gewerkes und erfolgte immer pünktlich. Bis zum heutigen Zeitpunkt war noch nicht eine einzige Lohnzahlung verspätet erfolgt. Lars Ludwig war, ebenso wie sein Bruder Peter, ein gut aussehender Mann und hatte viele Verehrerinnen, aber er war seiner Frau stets treu geblieben. Seine Frau Maria war eine schöne Frau und hatte ebenfalls viele Verehrer. Sie hatte sich die Haare in eine leichten Rotton gefärbt und trug diese entweder hochgesteckt oder zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre Figur war tadellos und sie wusste sich stets vorzüglich zu kleiden, wobei sie immer nach den neuesten Trend gekleidet ging, was mit hohem finanziellem Aufwand verbunden war. Ihr Mann kannte diese kleine Schwäche seiner Frau, aber er war auf der anderen Seite sehr stolz auf sie und freute sich, wenn die Männer ihr begeistert nachschauten. Im Ort konnte sich niemand erinnern, dass zwischen Lars und Maria jemals ein böses Wort gefallen ist.

      Der Streit der beiden Brüder begann nach dem plötzlichen Ableben ihrer Eltern durch einen Unfall, während eines Sommerurlaubes. Ihr Vater war bereits längere Zeit gesundheitlich