was mit China zu tun hat. Die Leute, das Land, die Kultur, eben alles.“
„Na gut“, unterbrach Kommissar Fuchs die Unterhaltung. „Wir wollen Sie nicht länger stören. Wir“, und dabei sah er Johann Hammer an, „haben uns ja schon ausgiebig unterhalten. Dennoch gehe ich davon aus, dass es nicht das letzte Mal war. Sind Sie die nächste Zeit im Lande?“
„Ganz sicher, was glaubn denn Sie? Die Karpfensaison geht bald los. Was mana Sie, was des für Ärwert is. Do haßts zupackn.“
*
„Eine pfiffige junge Frau, die Chantal“, meinte Sandra Millberger, als die beiden Polizisten wieder im Auto saßen.
„Aber ihre Mutter …“, entgegnete ihr Chef, „ein lebendes Wrack.“
„Schau dir doch ihren Mann an“, warf Sandra ärgerlich ein, „gefühllos, aufbrausend, selbstherrlich und ein Fremdenhasser. Verbietet seiner neunzehnjährigen Tochter den Umgang mit einem in Deutschland geborenen Türken. Mittelalter. Apropos Türke“, sinnierte die Beamtin, „wollen wir diesen Jlkan auch befragen, ob die Angaben, die Chantal gemacht hat, stimmen?“
„Können wir später noch nachholen“, meinte ihr Chef, „oder glaubst du, dass die den Horst Jäschke umgebracht hat? Fragen wir zuerst Thomas Rusche. Vielleicht hat der schon ein Ergebnis und kennt zwischenzeitlich die genaue Todesursache des Opfers. Kann ja sein, dass es sich bei der Leiche gar nicht um den Teichwirt aus Neuhaus handelt.“
„Wenn du meinst.“
*
„Es war ein direkter Stich ins Herz, von hinten ausgeführt“, erklärte ihnen der Rechtsmediziner. „Übrigens, bei dem Toten handelt es sich tatsächlich um Horst Jäschke. Die Überprüfung der DNA ist eindeutig.“
„Und das Feuer?“
„Wurde anschließend gelegt. Das Opfer wurde mit Benzin übergossen und angezündet.“
„Was macht das für einen Sinn?“, überlegte Sandra laut.
„Keine Ahnung, liebe Kollegin“, zuckte Thomas Rusche mit den Schulterblättern, „das müssen Sie beide herausfinden. Sie sind die Ermittler. Ich kann mir nur vorstellen, dass der Täter die Identität des Toten vertuschen wollte. Aber fragen Sie mich nicht warum.“
„So ein Stich direkt ins Herz, führt der eigentlich einen schnellen Tod herbei, Herr Rusche?“, wollte der Kommissar wissen.
„Schon“, bestätigte der Forensiker. „Sehen Sie, bei der Tatwaffe muss es sich um eine zweiseitig geschliffene Stichwaffe handeln, mit einer Klinge von mindestens fünfzehn Zentimetern. Die Dinger sind übrigens in Deutschland verboten. Wenn nun so ein scharfer und spitziger Gegenstand ins Herz eindringt und wieder herausgezogen wird, dann kommt es zu einem Druckausgleich mit der Außenluft, woraufhin die Lungenflügel zusammenfallen. Bei unserem Opfer spricht man von einem Tod durch eine Herzbeuteltamponade. Ich erkläre es Ihnen. Durch die Verletzung entsteht eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel. Bereits geringe Mengen von Blut können zu einer Behinderung der Ventrikelfüllung führen, das heißt, zu einem verminderten Schlagvolumen und somit zu einer lebensbedrohlichen Funktionsstörung des Herzens. Der Blutfluss in den Koronararterien wird vermindert und der Herzmuskel wird nur noch ungenügend mit Sauerstoff versorgt. Eine Herzinsuffienz entsteht. Das Herz ist nicht mehr in der Lage, die vom Körper benötigte Blutmenge ohne Druckanstieg in den Herzvorhöfen zu fördern. Es kommt zum Pumpversagen. Aus. Exitus.“
„Na, Prost Mahlzeit“, kommentierte der Kommissar, griff in seine Jackentasche und zog einen kleinen Plastikbeutel heraus. „Wir kommen gerade aus Röttenbach und haben eine Zahnbürste von Johann Hammer mitgebracht. Das ist der Mann, dessen beige Jeansjacke und Hut das Mordopfer vermutlich trug. Ich lasse Ihnen für den DNA-Abgleich den Beutel samt Inhalt hier. Wie Sie sicherlich bereits vermuten, wäre es mal wieder sehr eilig zu wissen, ob die Jacke und der Hut des Toten tatsächlich Johann Hammer gehörten.“
„Wie haben Sie denn den Mann so schnell gefunden?“
„Wir haben eben auch unsere Agenten an allen Stellen“, antwortete Sandra Millberger mit einem spitzbübischen Lächeln. „Vor allem in Röttenbach.“
Ihr Chef konnte darüber gar nicht lachen.
Am Abend rief Sandra Millberger Kunigunde Holzmann an, und erzählte ihr von den Gesprächen mit der Familie Hammer. „Die Jana is a arme Sau“, kommentierte die Kunni, „ihr Mo, der Hundsfregger, besucht scho seit Jahrn a Nuttn in Büchenbach. Die Jana rennt bloß nu in die Kergn und betet zum Heiland. Ich glab, ich hätt den Kreizdunnerwetterhund scho längst umbracht. Aber Sandra, bevor ich des vergess, da fällt mer nu was andres ei. Sacht dir der Knöllchen-Horst was?“
„Der wer? Knöllchen-Horst?“
„Genau.“
„Nein, keinen blassen Schimmer, wer oder was das sein soll.“
„Pass auf, besorg dir amol einen Zeitungsbericht vom 16. August, vo die Nordbayrischn Nachrichtn. Ihr junga Leit find doch sowas ganz bestimmt im Internet.“
„Und was für einen?“
„Schwere Alkoholfahrt – Ampel umgefahren.“
„Und was soll da drinstehen?“
„Da liest du vo an Unfall und aner Autofahrt im Vollrausch, und dass die Polizei an anonyma Anruf kricht hat, bevor sie den Bsoffnen gestellt hat. Der Anrufer war der Knöllchen-Horst, und der Knöllchen-Horst war der Horst Jäschke aus Neuhaus, die verbrennte Leich aus Röttenbach.“
7
Sissi Lohmeier ist ausgebildete Fleischfachverkäuferin, keineswegs ihr Traumberuf. Aber damals, vor vielen Jahren in der Schule, war sie einfach ein faules Stück. Null Bock auf nichts. Trotzig, widerspenstig, faul und frech. Als sie nach etlichen Abmahnungen zuerst das Gymnasium und dann auch die Realschule verlassen musste, blieb ihr keine große Auswahl an sogenannten Traumberufen mehr. Ob sie allerdings wirklich jemals an einen Traumberuf dachte, darf bezweifelt werden. Dass sie überhaupt die Chance auf irgendeine abgeschlossene Berufsausbildung erhielt, hatte sie ausschließlich ihrer Mutter zu verdanken, die seit Jahren in einer großen Erlanger Metzgerei putzt. Mit vierundzwanzig Jahren konnte Sissi kein Hackfleisch, keine Schnitzel und keinen Schweinebraten mehr sehen. Sie schmiss ihren Job hin. Von dem verdienten Geld, welches sie noch nicht ausgegeben hatte, richtete sie sich eine Zweizimmerwohnung ein – zur Miete selbstverständlich. Sie sattelte um und wurde Prostituierte. Ihr erster Freier wurde der Sparkassenmitarbeiter in der Kreditabteilung, dem sie ein Darlehen in Höhe von zehntausend Euro abschwatzen konnte – der mit der starken Akne im Gesicht und den vielen Schuppen im Haar. Sissi brauchte noch etwas Geld für ein rundes Lotterbett und eine große Badewanne mit Whirlpoolmassage. Außerdem musste sie noch in feine Dessous und das eine und andere Sexspielzeug investieren. Sie war davon überzeugt, dass die heutigen Kunden experimentierfreudiger und verspielter sind als noch vor zwanzig Jahren. Dann inserierte sie. Das Geschäft lief gut an, denn attraktiv ist Sissi allemal. Es kann ihr keiner nachsagen, dass dem nicht so sei. Jetzt, mit neunundzwanzig Jahren, konnte sie nicht behaupten, dass ihr der Job Spaß machen würde, aber sie fand, es war dennoch leicht verdientes Geld, was ihr ihre Kunden da hinterließen. Mehr als zehn Jahre plante sie diesem Gewerbe allerdings nicht mehr nachzugehen. Mit vierzig, so stellte sie sich vor, hätte sie genug Geld auf der hohen Kante angesammelt, um für den Rest ihres Lebens ausgesorgt zu haben. Eine gewaltig naive Vorstellung, aber Sissi glaubte daran. Sie hatte nur ein riesiges Problem: Irgendwann müsste sie damit beginnen, Geld zu sparen. Es gab natürlich auch noch andere Möglichkeiten. Vielleicht würde sie doch noch einen attraktiven, reichen, netten jungen Mann kennenlernen, der sie auf Händen tragen würde. Einen Millionär vielleicht, mit Yacht und so. Sie hatte zwischenzeitlich zwar viele Stammkunden, aber ein Millionär war leider nicht darunter. Noch nicht. Dafür aber Hanni der Hammer. Nett und reich war er nicht. Im Gegenteil, er stank meistens nach Fisch. Doch daran hatte sie sich bereits gewöhnt. Hanni besuchte sie regelmäßig und zahlte auch immer ganz ordentlich. Er war wirklich ein guter Kunde, aber neben den bereits erwähnten Widrigkeiten