sich die drei Frauen von der neuen Waschmaschine losgerissen hatten und wieder nach oben kamen, gingen sie gleich in die Küche. Es war inzwischen Mittag und somit bald Essenszeit. Die beiden Töchter halfen ihrer Mutter, so gut sie konnten, und so stand schon bald das Essen auf dem Tisch. Nach dem Essen legte Maria Julia ins Bett, während Eva und Laura wieder zu den Nachbarn gingen, um mit Gerda und Kai zu spielen.
Wolfram fragte: „Wie geht es jetzt bei dir weiter, Andrea? Mit dem Arbeitsvertrag hast du ja auch Pflichten. Das Büro ist hier, aber du kannst doch nicht ein Leben lang immer hin und her fahren?“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber wir haben keine andere Lösung.“
„Und wenn ihr hierher nach Håp Land zieht?“
Kjeld rief entrüstet: „Das kommt gar nicht infrage. Du gehörst zu deinem Mann. Kauft euch ein Haus. Das von Sörensens steht leer. Dort könnt ihr meinetwegen einziehen. Ich bin froh, dass wir keine kleinen Kinder mehr im Haus haben. Wir werden auch älter und wollen unsere Ruhe.“
Andrea sah Wolfram schulterzuckend an.
„Hier gibt es ein Haus, welches zum Verkauf steht?“, fragte er.
„Ja. Das steht schon vier Jahre leer. Die Sörensens sind gestorben und ihre Kinder wohnen in Bergen“, meinte Andrea.
„Wäre denn das nichts für euch? Eigene vier Wände sind immer besser, als bei den Eltern zu wohnen. Da muss ich deinem Vater recht geben. Bei uns sagt man, Alt und Jung gehören nicht zusammen!“
„Aber das Haus ist doch alt und es müsste vieles gemacht werden. Wovon sollen wir denn das bezahlen?“
Maria kam gerade zur Tür herein, hörte den letzten Satz und fragte Andrea: „Was sollt ihr denn bezahlen?“
„Wolfram meinte, Sven und ich sollten das Haus von den Sörensens kaufen und dort wohnen.“
„Andrea, das ist doch die Lösung! Dann habt ihr etwas Eigenes“, begeisterte sich Maria.
„Ja? Sagst du mir vielleicht auch, wovon wir das bezahlen sollen?“
Maria sah ihren Mann an, welcher prompt reagierte: „Das ist alles kein Problem, wenn ihr euch gleich entschließt, ein Ferienhaus auf das Grundstück zu setzen. Damit erschließt ihr euch einen Kredit, den ihr ganz bequem abarbeiten könnt. Und wenn wir in den Vertrag den Ausbau des Hauses integrieren, dann läuft er vielleicht zwei oder vier Jahre länger, aber ihr habt ein modernes Haus. Ihr solltet darüber nachdenken. Vielleicht sprechen wir heute Abend noch mal darüber, wenn auch Sven da ist.“
„Das ist sicher eine gute Idee“, antwortete Andrea.
„Da fällt mir noch etwas Wichtiges ein, Andrea. Ich denke, dass ich deinen neuen Arbeitgeber überzeugen werden muss, dass du hier einen Firmenwagen brauchst. Du und Olaf, ihr müsst beweglicher sein. Wenn der Bau losgeht, könnt ihr nicht mehr auf den Bus angewiesen sein, wenn Olaf zum Beispiel nach Bergen muss.“
„Aber er kann doch gar nicht Auto fahren“, entgegnete Andrea.
„Stimmt! Deshalb müsst ihr beide den Führerschein machen. Da das für eure Arbeit ist, wird es die Firma schon finanzieren. Ich denke, das bekomme ich durch. Schließlich bin ich der Einzige in unserer Firma, der die Situation hier kennt. Man vertraut mir.“
Maria schmunzelte vor sich hin. So hat er damals auch mich eingewickelt, dachte sie. Dabei war das, was er sagte, nicht einmal gelogen.
Andrea hingegen erwiderte ängstlich: „Ich soll auch Fahrschule machen?“
„Ja, und das so schnell wie möglich. Im achten Monat wird es dir sicher schwerer fallen. Bis dahin solltest du die Fahrschule schon hinter dir haben. Am besten, ich rede morgen noch einmal mit Olaf. Er könnte euch in Bergen anmelden. Übrigens weiß er von diesem Plan auch noch nichts. Da wird er aber ganz schön gucken.“
Sie besprachen diese neue Idee noch lange. Dabei wurden sie nur durch das Kaffeetrinken mit einer herrlichen Torte unterbrochen. Anschließend ging die Debatte weiter. Als Sven am Abend kam, wurde er gleich eingeweiht. Anfangs sträubte er sich gegen diesen Gedanken, doch dann kam er nach und nach dahinter, dass dieses alte Haus hier in Håp Land die beste Lösung für sie wäre.
Wolfram meinte: „Wenn ihr euch dazu entschließt, dann werde ich bei uns im Betrieb durchsetzen, dass das Haus zusätzlich einen Büroanbau und zwei Garagen bekommt. Eine gehört zum Ferienhaus und die zweite ist für den Betriebs-Pkw. Am besten sollte es ein Kombi sein. Vielleicht so einer wie unser jetziger Leihwagen.“
Sven rief erstaunt: „Was denn, so ein großes Auto? Wer weiß, ob Andrea damit überhaupt zurechtkommt?“
„Wenn ich das schaffe, dann schafft das Andrea auch“, sagte Maria voller Stolz.
„Meinst du?“, fragte Andrea ängstlich.
„Na klar! Das ist gar nicht so schwer. Ich hatte am Anfang auch Angst. Heute bin ich froh, dass Wolfram darauf keine Rücksicht genommen hat.“
„Dann wäre es gut, wenn ihr beide morgen zu der Veranstaltung in der Dorfschenke kommen würdet. Dort werden die ersten Verträge unterschrieben, auch der Bürgermeister wird anwesend sein. Mit ihm könnt ihr gleich die Sache mit dem Haus klären. Wenn es schon so lange leer steht, dann ist es sicher preiswert zu haben.“
Nun wendete sich Wolfram an Kjeld: „Pappa, wie ist das eigentlich mit euch. Werdet ihr euch auch für ein Ferienhaus entscheiden?“
„Ich will das erst mal bei den anderen sehen. Oder muss ich mich unbedingt bis morgen entscheiden?“
„Nein! Es ist jedem seine eigene Entscheidung. Es wäre unfair, jemanden zu bedrängen.“
Kjeld nickte. Er war froh, dass er sich noch nicht entscheiden musste. Besonders geheuer war ihm die ganze Sache nicht. Aber das wollte er gegenüber seinem deutschen Schwiegersohn nicht zugeben.
Als die Kinder vom Spielen zurückkamen, bereitete ihre Oma das Abendbrot zu. Ihre beiden Töchter halfen wieder. Die Männer hingegen hatten nur noch ein Thema: den Hauskauf und wie es dann weiterging. Sven meinte, dass dann auch die vielen Kilometer zwischen Urke und Håp Land wegfielen.
Als sie dann alle beim abendlichen Essen waren, fragte Wolfram Andrea, ob sie Olaf morgen noch vor der Veranstaltung sagen könne, dass er den Führerschein machen müsse. Es sei besser, wenn er das schon vor dem Treffen in der Dorfschenke wissen würde. Andrea versprach es ihm. „Am besten, wir gehen morgen zusammen von hier los. Dann kann ich es ihm unterwegs erzählen. Sven wird heute hierbleiben, sodass er morgen auch mitkommen kann.“
Andreas Mutter freute sich, dass nun auch Andrea und Sven in eine gesicherte Zukunft steuerten. Sie vertraute Wolfram, dass er Sven beim Kauf des Hauses unterstützte. Wolfram hatte erst seit einem knappen Jahr Kontakt zu ihrer Familie, doch wie viel hatte sich seitdem verändert. Sie begriff immer mehr, was er mit den Worten meinte, die Einwohner im Dorf würden umdenken müssen. Keiner sah mehr auf Maria herab. Keiner machte einen Bogen um ihre Familie. Alle waren wie aufgescheuchte Hühner und wussten nicht, wie sie Wolfram einschätzen sollten. Maria war nicht mehr Dorfgespräch. Schon dafür war Annefried Wolfram unendlich dankbar. Seiner offenen Art waren die verschlossenen Dorfbewohner nicht gewachsen. Ja, sie bewunderte ihren Schwiegersohn, auch wenn sie manches an ihm nicht verstand.
Am nächsten Morgen traf Maria mit ihrer Familie gegen 9.00 Uhr bei ihren Eltern ein. Andrea meinte: „Ich denke, ich sollte Olaf Bescheid sagen? Jetzt kannst du es doch gleich selbst machen, Wolfram.“
„Stimmt. Gestern wollte ich direkt zur Schenke, aber das geht ja wegen der Kinder nicht. Für einen Moment hatte ich sie vergessen. Ich verspreche, mich zu bessern.“ Dabei lächelte Wolfram.
Kurze Zeit später liefen sie mit Andrea und Sven rüber zu den Jansens. Maria freute sich, dass sie die Kinder wieder bei Ivonne und ihren Kindern lassen konnte. Hier waren sie sehr gut aufgehoben. „Wenn ihr uns einmal besucht, dann werden wir das alles gutmachen. Ihr habt uns die Kinder so oft abgenommen. Ihr seid wahre Freunde.“ Maria